Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)

Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)

Titel: Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
Vom Netzwerk:
Seine Flügel hatten ein glattes, glänzendes Schwarz, durch das sich rote Streifen zogen wie Ströme von Blut. Die gebogenen Krallen des Rock sahen aus, als wären sie mindestens so lang wie mein Arm. In Mythengeschichte hatte Metis einmal erklärt, dass Rocks aus der arabischen Welt stammten und stark genug waren, Leute zu packen und mit ihnen davonzufliegen. Damals hatte ich diese Idee für lächerlich gehalten, aber jetzt glaubte ich es absolut. Der Rock sah definitiv aus, als könnte er mich mit zwei Bissen seines scharfen, spitzen Schnabels verschlingen.
    Auch die Augen des Rock glänzten schwarz, doch tief in den Pupillen leuchtete dieser unheilvolle, schnitterrote Funke. Mir lief ein Schauder über den Rücken, und ich wandte den Blick ab.
    »Magst du mein Haustier nicht?«, fragte Vivian. »So eine Schande. Meine Familie züchtete sie schon seit Generationen, weißt du? Fast alle Schnitter bekommen ihre Rocks von uns. Wir sind berühmt dafür, sie besonders aggressiv zu züchten.«
    Sie pfiff wieder und deutete auf den Balkon. Der Schwarze Rock hüpfte nach draußen, wobei seine Krallen über den Boden kratzten. Vivian schloss die Tür hinter ihm, aber ich konnte sehen, dass er weiterhin draußen lauerte und durch die Fenster spähte, als wollte er das Glas zerpicken, um an mich heranzukommen.
    Hinter mir erklangen leise Schritte, und ein paar Sekunden später trat Preston in mein Blickfeld. Vivian setzte sich wieder auf den Tisch, und Preston stellte sich neben sie. Der orangefarbene Overall war verschwunden, und er trug die übliche teure Kleidung. Stiefel, Designerjeans, einen Kaschmirpullover und eine Lederjacke. Natürlich alles in Schwarz. Genau wie seine verkommene Seele.
    Preston schenkte mir ein fieses Lächeln. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich eines Tages siegen werde, Gypsy. Wie dumm von dir, mir nicht zu glauben.«
    Ich starrte ihn böse an. »O bitte. Wir wissen doch alle, dass du ohne Vivian nicht mal hier stehen würdest. Sie hat die ganze Drecksarbeit gemacht. Sie ist diejenige, die dich aus dem Gefängnis der Akademie befreit hat.«
    Ich sah das andere Mädchen an. »Gut gemacht, übrigens. Und auch ein Lob für den Rest deines ausgeklügelten Plans. Das hast du ziemlich geschickt eingefädelt.«
    Mein sarkastischer Tonfall zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. »Das habe ich, nicht wahr? Nicht, dass ich hier angeben will, aber diesmal habe ich mich wirklich selbst übertroffen.«
    »Oh, mach nur, erzähl mir alles über deinen miesen Masterplan«, murmelte ich. »Ich weiß doch, dass du es willst. Deswegen hast du mich noch nicht umgebracht. Die Bösewichter in Filmen und Comics wollen auch immer angeben.«
    Ich erwähnte nicht, dass genau das ihnen immer zum Verhängnis wurde – schließlich hing an diesem Klischee momentan meine letzte Hoffnung.
    Vivian lachte. Das Geräusch tat mir genauso in den Ohren weh wie das Kratzen der Rockkrallen auf dem Boden. »Na ja, das ist zumindest einer der Gründe. Ich bin noch nicht ganz fertig mit dir, Gypsy, aber darüber reden wir in ein paar Minuten. Wenn du wissen willst, wie ich dich manipuliert habe … Du bist doch angeblich so ein cleveres Mädchen. Du warst klug genug, Preston zu besiegen, auch wenn das natürlich nicht besonders viel bedeutet. Also, warum erzählst du mir nicht, wie ich es gemacht habe?«
    Ich blickte sie ein paar Sekunden an, bevor ich mich noch mal im Raum umsah und nachdachte. Je länger ich Vivian am Reden hielt, desto mehr Zeit hatten eventuelle Retter, mich zu finden. Natürlich wusste ich nicht genau, wer das sein sollte. Nickamedes würde wahrscheinlich eher glauben, dass ich mich einfach früher aus der Bibliothek geschlichen hatte, statt anzunehmen, dass mir etwas passiert war – falls er sich überhaupt die Mühe machte, nach mir zu suchen. Wenn man meine Vorgeschichte mit dem Bibliothekar bedachte, war er wahrscheinlich einfach froh, aus seinem Büro zu kommen, ohne mich zu treffen.
    »Gypsy?«, fragte Vivian und schnippte vor meinem Gesicht mit den Fingern. »Bist du noch bei uns?«
    Rote Funken schossen aus ihren Fingerspitzen wie Regentropfen. Das war etwas, das ich in den letzten Tagen vollkommen vergessen hatte. Während unseres Kampfes im Kolosseum hatte ich gedacht, dass das Schnittermädchen eine Walküre sein musste, wenn man bedachte, wie stark sie war und wie weh es getan hatte, als sie mich geschlagen hatte. Doch ich hatte nie gesehen, dass Vivians Finger Funken sprühten wie die aller anderen

Weitere Kostenlose Bücher