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Frostherz

Frostherz

Titel: Frostherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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gemütlich gemacht, hab ich gesehen.«
    »Ja, hab ich dir doch geschrieben.«
    »Ich weiß, war ja auch kein Vorwurf. Ist dir eine Tasse kaputtgegangen?«
    »Wieso?«
    »Na, weil du noch eine zweite aus der Küche geholt hast.« Mist, er hatte es gesehen. Aber immerhin hatte er die Ausrede gleich mitgeliefert.
    »Ja, leider, tut mir leid. Ich kann sie von meinem Geld nachkaufen, wenn du möchtest.« Sie hörte, wie ihr Vater einen Kugelschreiber oder Ähnliches rhythmisch auf der Schreibtischplatte aufschlagen ließ.
    »Nein, Quatsch. Aber pass auf mit den Scherben, ja? Verletz dich nicht!«
    »Nein, Papa, mach ich nicht. Sonst noch was?«
    »Vielleicht komme ich heute ein bisschen früher. Mal sehen. Mach’s dir noch gemütlich, ja, Spatz?«
    »Ciao, Papa.« Sie legte auf und betrachtete einen Moment das Telefon in der Ladestation. In welchem Film lebte sie eigentlich?
    Als sie in den Garten zurückkam, war Cornelius’ Stuhl leer. Scheiße. Hektisch sah sie sich um.
    »Cornelius?« Ihre Stimme war eine Spur zu laut. Hinter der Gartenhütte kam sein Kopf zum Vorschein. Langsam ausatmen.
    »Hab mir nur noch mal die Aussicht angesehen. Sensationell. Fast so gut wie der Blick auf den Chao-Phraya. Du weißt schon, der Fluss in Bangkok.«
    Anne ließ sich wieder auf die Bank fallen. Cornelius durfte nicht auf die Idee kommen, ins Haus gehen zu wollen. Aber er hatte eine andere Idee.
    »Ganz schön heiß schon in der Sonne«, sagte er nun. »Können wir uns in den Schatten setzen?«
    Annes Augenlid fing zu zucken an. Unkontrollierbar. Schatten war auf der Terrasse. Die Terrasse war komplett zu sehen durch die Kamera.
    »Ich find’s ganz schön so«, sagte sie. »Geht’s deiner Mutter jetzt besser?« Sie würde einfach das Gespräch von vorhin fortsetzen. Cornelius stand noch immer unschlüssig da. Endlich fiel Anne etwas ein. Sie stand auf, schleppte einen Sonnenschirmfuß von der Terrasse heran und holte den dazugehörigen Schirm aus der Hütte.
    »So geht’s doch auch, oder?«
    Cornelius setzte sich wieder.
    »Mal so, mal so«, beantwortete er nun ihre Frage. »Sie hat immer wieder Phasen, wo sie nur im Bett liegen kann. Außerdem hat sie depressive Tendenzen. Sie war früher mal Pianistin, vor meiner Geburt. Sie war sehr gut, auf dem Weg, internationale Karriere zu machen. Als ich so zwei war, da war sie 40, Kind und Karriere, das ging einfach nicht zusammen. Da hat sie das Spielen aufgeben. Das war nicht einfach für sie. Plötzlich war sie nur noch die Ehefrau vom Lehrer Rosen. Na ja, und so vor drei Jahren ging dann das Rheuma los. Vor eineinhalb Jahren sind wir nach Deutschland zurückgekommen. Oder hergekommen.«
    »Wie alt warst du, als ihr nach Thailand gegangen seid?«
    »Ich bin dort geboren. Meine Eltern sind bereits Mitte der 80er-Jahre nach Bangkok gezogen. Es hat ganz schön gedauert, bis sie mich bekommen haben.«
    »Und wie war der Wechsel nach Deutschland?«
    »Beschissen.« Er sagte es lächelnd. »Kalt, spießig, langweilig. Reicht?« Anne lachte und nickte. »Und jetzt?«
    »Wird’s wärmer.« Er deutete in Richtung Sonnenschirm. »Aber langweilig finde ich es immer noch oft. Und spießig.«
    »Ich kenne ehrlich gesagt nichts anderes als das hier. Ich find’s ganz okay. Übersichtlich.«
    »Eben. Das ist ja das Schlimme.«
    Anne lachte ein wenig gequält. »Sollten wir nicht langsam mal an die Französisch-Vokabeln gehen?«
    Cornelius musterte sie in einer Mischung aus Unglaube und Amüsement. »Nicht dein Ernst, oder?«
    »Na ja, schon, ich dachte…«
    Was dachte ich eigentlich, überlegte Anne. Dass ich nicht Dinge sagen möchte, die merkwürdig klingen könnten.
    »Ich würde mir viel lieber mal dein Zimmer anschauen.«
    Anne spürte, wie sich ihre Kopfhaut zusammenzog, wie rote, fiese Punkte ihren Hals erstürmten und behände nach oben wanderten. »Oh, das ist total unaufgeräumt. Echt, völlig der Saustall«, improvisierte sie.
    »Ach, komm schon, was meinst du, wie es bei mir aussieht?«, lachte Cornelius und stand auf. Anne sprang ebenfalls hektisch aus ihrem Stuhl. Er durfte das Haus nicht betreten!
    »Nee, ich möchte das einfach nicht. Mir ist das zu peinlich.« Er sah über ihren Kopf hinweg und versuchte, ins Wohnzimmer zu spähen. Anne spürte, wie Tränen in ihr aufstiegen, Panik. Hektisch sah sie auf die Uhr. Halb fünf schon. »Vielleicht komme ich heute etwas früher«, dröhnten die Worte ihres Vaters in ihrem Ohr.
    »Du musst jetzt eh gehen, ich muss kochen anfangen, bald

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