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Frostherz

Frostherz

Titel: Frostherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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alles zu ignorieren und einfach so zu tun, als wäre nichts.«
    »Aber… als ich… hast du da nicht…?«
    Sie fasste nach seiner Hand, er war erstaunt, wie fest sie mit dieser krummen, verkrüppelten, von Schmerzen verzogenen Hand zupacken konnte.
    »Ich habe meine Karriere aufgegeben, damit ich immer in deiner Nähe sein konnte. Ich hätte nicht zugelassen, dass er dich anfasst. Und das hat er auch nie getan.«
    »Er hat mich einfach missachtet, so getan, als existierte ich gar nicht.«
    Sie nickte. »Das war der Preis.«
    Er sah sie fassungslos an.
    »Ich verstehe, wenn du mich dafür verachtest.« Ganz leise war ihre Stimme geworden. Lange lagen seine Finger neben den ihren auf dem weißen Bettlaken. Vorsichtig tasteten seine Kuppen nach ihrer Hand.
    »Dieses Buch, das du hast, das wird ihm nicht gefallen«, sagte sie plötzlich. Er sprang auf, begann im Zimmer auf und ab zu laufen.
    »Du musst dich jetzt für oder gegen ihn entscheiden«, sagte sie. Sie klang mit einem Mal so kühl. Als sei es ihr egal. »Ich kann das nicht. Ich bin viel zu schwach dafür.«
    Sie rief ihm nicht nach, bat ihn nicht zu bleiben, zu reden, als er aus dem Krankenhauszimmer stürmte. Anne, dachte er nur. Anne, ich muss mit Anne reden.
    Sie hatte es nicht geschafft, die Tür einfach zuzuschlagen. So schnell war er im Flur gestanden, das Lächeln noch immer ins Gesicht gemeißelt.
    »Mein Vater ist nicht da«, hatte sie gesagt und im gleichen Augenblick war ihr klar geworden, dass dies die allergrößte Dummheit war. Sie hatte ihn mit diesen Worten fortscheuchen wollen, ihn von der Nutzlosigkeit seiner Anwesenheit überzeugen – aber das Gegenteil war der Fall.
    »Das macht nichts.« Er wirkte fröhlich, beinahe ausgelassen. Mit seinem Bauch stieß er fast an sie, sie roch wieder seinen sauren Atem, wich immer weiter vor ihm zurück. Er folgte. Zum ersten Mal bemerkte sie die zarte Spur einer Narbe, die vom Augenwinkel zum Ohr verlief. Und dass seine Augen etwas sehr Vertrautes hatten.
    »Ich wollte dich um etwas bitten, weißt du«, sagte er freundlich.
    »Worum?« Ihre Stimme klang piepsig, wie ein Mäuschen, dessen Schwanz die Katze schon gepackt hat.
    »Das Buch. Du könntest mir das Buch geben.«
    »Welches Buch?« Anne hoffte, sie log überzeugend.
    »Du weißt genau, welches Buch ich meine. Gib es mir, ich verschwinde und du hast weiterhin gute Lateinnoten.«
    »Ich scheiß auf gute Lateinnoten«, fauchte sie ihn an. »Sie haben das Leben meines Onkels zerstört und das meiner Großmutter!«
    Sein Grinsen wurde breiter.
    »Oh, was für große Worte. Komm schon, Anne, gib mir das Buch und alles ist in Ordnung. Solange du schweigst. Aber das weißt du ja selbst.«
    Er trat noch näher an sie heran, umfasste ihren Oberarm. Sie wollte sich losreißen, aber es gelang nicht.
    »Ich habe sonst andere Maßnahmen«, zischte er. Von Freundlichkeit keine Spur mehr. Sie musste die Taktik wechseln, das war klar.
    »Ich habe das Buch nicht. Ich habe es nie zu Gesicht bekommen. Das müssen Sie mir glauben! Vielleicht hat es meine Großmutter ja vernichtet. Vor ihrem Tod.«
    »Oh nein, das hat sie nicht. Sie hat gesagt, es ist an einem sicheren Ort. Bevor sie mir allerdings sagen konnte, an welchem, bekam sie leider den Herzinfarkt. Es war nicht schön, ihr beim Sterben zuzusehen, aber – es ging so schnell, ich konnte nichts mehr für sie tun! Nun ja, jetzt kannst du mir ja weiterhelfen.« Anne kämpfte dagegen an, dass ihre Beine unter ihr wegsackten. So ein Schwein!
    »Das werde ich nicht! Außerdem kommt gleich mein Vater vorbei!« Jetzt lachte der kleine, dicke Mann so sehr, dass er sich die Augen wischen musste.
    »Dein Vater sitzt zu Hause mit seiner neuen Tusnelda und trinkt Kaffee. Ich habe ihn vorhin angerufen und ihm gesagt, dass du bei uns bist. Dass du um eine Aussprache mit Cornelius gebeten hast, um ihm zu sagen, dass da nichts läuft zwischen euch und auch nie laufen wird. Er war sehr erfreut, das zu hören. Und er sagte, du kannst dir ruhig Zeit lassen, er hat vollstes Verständnis.«
    »Sie…«, stieß Anne genauso wütend wie ratlos hervor, ging aber weiter rückwärts, bis sie an die Küchentür prallte. Wenn ihr doch nur etwas einfallen würde, wie sie Rosen stoppen könnte. Hoffentlich kam Cornelius bald! Der würde seinen Vater doch zur Räson bringen!
    »Ich meine, wenn ich das Buch jetzt nicht bekomme, weißt du, das muss ich dann schon als Angriff auf meine Person werten.«
    »Ich weiß, was Sie getan

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