Frostkuss
hätte Glas schneiden können. »Ich habe nicht mit Carson geflirtet.«
»Oh, sicher hast du das. Du hast quasi mit den Wimpern geklimpert. Und diese Sache, dass du die Hand auf seinen Arm gelegt hast? Eine klassische Flirttechnik. Übrigens sehr schön ausgeführt. Hat Morgan McDougall dir Tipps gegeben? Ich habe gehört, sie ist bei den Jungs recht beliebt.«
Daphne starrte mich finster an, aber sie bestritt nichts. Sie wusste, dass es nichts bringen würde, nicht nach dem Geständnis, das sie neulich abgelegt hatte. Stattdessen seufzte sie, lehnte sich im Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Was willst du, Gwen Frost?«, blaffte sie. »Ich habe einen Aufsatz zu schreiben, falls du es nicht mitbekommen hast.«
»Ich möchte, dass du mir bei etwas hilfst.«
Sie gab ein wütendes Schnauben von sich. »Und was soll das sein?«
Ich vergewisserte mich, dass uns niemand belauschte, dann lehnte ich mich vor. »Ich möchte, dass du mir dabei hilfst, das Passwort von Jasmine Ashtons Laptop zu knacken.«
Daphne runzelte die Stirn, als hätte sie nicht verstanden, was ich gerade gesagt hatte. »Jasmines Laptop? Woher solltest du …«
Dann riss sie die schwarzen Augen auf. »Du hast ihn! Du hast ihren Laptop! Du dreckige kleine Diebin!«
»Shhhhh!«, zischte ich und sah mich um. »Nicht so laut. Ich versuche das Ganze geheim zu halten. Aber ja, ich habe ihn. Und noch ein paar andere Sachen.«
»Was willst du mit Jasmines Laptop?«, knurrte Daphne. »Willst du ihn versetzen, damit du dir noch ein paar von diesen dämlichen Kapuzenpullis kaufen kannst, die du immer trägst?«
»Nein«, antwortete ich so ruhig wie möglich. »Ich will mir die Dateien darauf ansehen, um herauszufinden, wer Jasmine umgebracht hat.«
Daphne runzelte wieder die Stirn, aber diesmal schwieg sie. Die Walküre saß einfach nur da und starrte mich an, als würde sie ihren Ohren nicht trauen. »Alle wissen, dass der Schnitter Jasmine umgebracht hat, damit er die Schale der Tränen stehlen konnte. Wer auch immer er war, der Kerl ist schon lange verschwunden.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Aber ich sehe Dinge, erinnerst du dich? Und ich habe bei der ganzen Sache ein seltsames Gefühl.«
Daphnes Miene wurde noch nachdenklicher. »Aber warum interessiert es dich überhaupt, was mit Jasmine geschehen ist? Sie war nicht deine Freundin. Du hast sie nicht mal gekannt .«
»Nein«, antwortete ich leise. »Aber ich war in der Nacht, in der sie umgebracht wurde, in der Bibliothek. Ich hätte genauso gut mit durchschnittener Kehle und Blut überall unter der Glasvitrine landen können.«
Ich atmete tief durch und erzählte Daphne, was an diesem Abend wirklich geschehen war. Wie ich in der Bibliothek gewesen war, ein Geräusch gehört und Jasmines Leiche gefunden hatte. Als ich mit meiner Geschichte fertig war, lief mir ein kalter Schauder über den Rücken. Wieder ging mir derselbe Gedanke durch den Kopf wie am Abend von Jasmines Tod. Wer auch immer die Schale der Tränen gestohlen hatte, es war dieselbe Person, die auch Jasmine umgebracht und mich bewusstlos geschlagen hatte. Also warum hatte sich der Täter nicht noch kurz die Zeit genommen, auch mir die Kehle durchzuschneiden? Warum hatte er mich nicht auch umgebracht? Auf diese Weise hätte es überhaupt keine Zeugen gegeben.
»Hör zu«, sagte ich. »Alle denken, ein anonymer Schnitter hätte Jasmine umgebracht und die Schale der Tränen gestohlen. Aber Professor Metis hat mir erklärt, dass jeder ein Schnitter sein kann, selbst Mythos-Schüler. Was, wenn es kein mysteriöser Bösewicht war? Was, wenn es jemand war, mit dem wir in einer Klasse sitzen? Der Gedanke macht mir Angst.«
Daphne antwortete nicht, aber ich konnte in ihrem Blick Zustimmung lesen.
»Ich nutze meine Gypsygabe, um Dinge für Leute zu finden. Also dachte ich, ich schnüffle mal ein wenig herum und sehe, ob ich herausfinden kann, was wirklich passiert ist. Also ja, ich bin gestern Abend in Jasmines Zimmer eingebrochen und habe ihren Laptop geklaut, um darauf nach hilfreichen Hinweisen zu suchen. Etwas, das mir zumindest verrät, warum sie in der Bibliothek war. Vielleicht macht mich das zum Dieb, aber zumindest bemühe ich mich, zumindest tue ich irgendwas. Allen anderen scheint es ziemlich egal zu sein, dass sie tot ist. Du warst eine ihrer Freundinnen. Kannst du dasselbe von dir sagen?«
Schuldgefühle flackerten in Daphnes Augen auf, bevor sie sie unterdrücken konnte.
Die blonde
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