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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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schloss die Augen und griff ein weiteres Mal nach meiner Gypsygabe, strengte mich an, etwas zu sehen, etwas zu fühlen, irgendetwas, das mir einen Hinweis darauf gab, wer Jasmine umgebracht hatte. Oder zumindest einen Hinweis auf ihr Passwort, damit ich ihren dämlichen Laptop freischalten konnte.
    Ich sah noch ein paar Bilder von Jasmine, die übers Internet Zeug bestellte – etwas, das aussah wie ein verzierter Dolch oder ein Brieföffner, außerdem einen roten, mit Juwelen besetzten weitfallenden Umhang. Beide Male empfing ich dieselbe selbstgefällige Befriedigung. Aber das war’s. Sonst nichts.
    Nichts an den Bildern verriet mir das Passwort, was im Moment mein dringendstes Anliegen war. Ich mochte ja clever genug sein, ein einfaches Türschloss zu knacken, aber ich hatte einfach nicht genug Ahnung von Computern, um mich in ein System zu hacken. Dafür brauchte ich Hilfe, was ein Riesenproblem darstellte. Es war immerhin nicht so, als hätte ich in Mythos einen Freund, den ich anrufen und um einen Gefallen bitten konnte.
    Es war nicht so, als hätte ich hier überhaupt Freunde.
    Aber ich war schon so weit gekommen. Ich würde mich nicht von so einem dämlichen Passwort aufhalten lassen. Also fuhr ich meinen eigenen Laptop hoch und nutzte ihn, um mich auf der Akademie-Website anzumelden. Dann klickte ich mich durch die verschiedenen Seiten und Links, bis ich fand, wonach ich suchte – eine Liste aller Mitglieder des Technik-Clubs.
    Mythos mochte ja ein Ort der Magie sein, aber zufällig war die Schule auch überwiegend von Teenagern bevölkert. Einigen der Eltern gehörten Computerfirmen, und einige der Schüler waren Nachwuchshacker. Allem magischen Hokuspokus zum Trotz hatten die Mächtigen der Akademie verstanden, dass Technologie nicht einfach wieder verschwand. Also waren sie mit der Zeit gegangen und hatten den Technik-Club gegründet.
    Jetzt musste ich nur noch jemanden finden, der bereit war, mir dabei zu helfen, Jasmines Computer zu knacken und hinterher den Mund zu halten …
    Mein Blick blieb ganz oben in der alphabetischen Liste an einem Namen hängen. Ich blinzelte, um sicherzustellen, dass ich mich nicht verlesen hatte. Sie war im Technik-Club? Ja, war sie, was bedeutete, dass die ganze Sache vielleicht um einiges einfacher werden würde, als ich gedacht hatte. Eine Minute lang blieb ich einfach sitzen, starrte auf den Namen und dachte nach.
    Dann lächelte ich. O ja. Dieser Teil würde sogar Spaß machen.
    Am nächsten Tag beim Mittagessen stand ich im hinteren Teil des Speisesaals und hielt nach ihr Ausschau. Wie alles andere an der Akademie war auch der Speisesaal total protzig. Anstelle der langen orangefarbenen Plastiktische meiner alten Schule standen in der Cafeteria von Mythos runde Tische, die mit weißen Tischtüchern, feinem Porzellan und Kristallvasen voller frischer Narzissen eingedeckt waren. Die Tische waren im Kreis um einen runden Freiluftgarten angeordnet, in dem Weinreben, Orangenbäume, Oliven und Mandelbäumchen wuchsen. Marmorne Statuen von Göttern und Göttinnen wie Dionysos und Demeter spähten durch das Blattwerk und beobachteten die Schüler beim Essen. An den Wänden standen polierte Ritterrüstungen neben Ölgemälden, auf denen verschiedenste mythologische Festmahle abgebildet waren. Jemandem war das Ambiente in diesem Raum wirklich wichtig, auch wenn ich nicht verstand, warum. Es war, als würde man sein Mittagessen im Museum einnehmen.
    Und das Essen? Genauso nobel und etepetete wie alles andere. Wir reden hier von Kalb und Leber und Escargot und anderem Zeug, das ich nicht mal erkannte. Wer will denn schon zum Mittagessen schleimige Schnecken schlucken? Igitt. Die Salate waren so ungefähr das Einzige auf der Karte, was ich überhaupt aß, und das nur, weil es wirklich schwer ist, rohes Gemüse zu versauen. Trotzdem versuchten es die Küchenchefs von Mythos, indem sie die Karotten immer in verschnörkelte Formen schnitzten und Tomaten nur als Rosetten servierten.
    Aber das Lächerlichste waren die Nachspeisen. Jede einzelne wurde in einer eigenen, meist winzigen Schüssel angerichtet und flambiert serviert. Ehrlich. Ein Koch kam vorbei und zündete einem das daumennagelgroße Schokoladen-Kirsch-Soufflé an, weil er der Meinung war, dass es so serviert werden sollte. Was auch immer. Mir war auf jeden Fall eine Dose von Grandma Frosts frischgebackenen Hafer-Rosinenkeksen lieber. Zumindest musste ich mir dann keine Sorgen machen, ob meine Augenbrauen abbrannten, nur

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