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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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Sie war so alt gewesen und dann so tief gefallen, dass sie sich beim Aufprall so ziemlich in Pulver aufgelöst hatte. Aber hier und da lagen größere Trümmerstücke. Vielleicht konnte ich meine Gypsygabe einsetzen, um etwas daraus zu lesen. Vielleicht war es ja wirklich ein Unfall gewesen, und der Stein würde mir nur erzählen, wie alt er war und wie das Wetter ihn in all diesen Jahren verschlissen hatte. Oder vielleicht, nur vielleicht, hatte jemand die Statue heruntergestoßen, und ich würde genau sehen, wer es gewesen war – und so der Antwort auf die Frage, wer Jasmine umgebracht hatte, deutlich näher kommen.
    Ich streckte gerade die Hand aus, um einen Steinbrocken zu berühren, um zu sehen, ob ich Schwingungen davon empfing, als die Luft hinter mir von einem tiefen, unheilvollen Knurren zerrissen wurde.
    Ein Knurren, das bösartiger klang als alles, was ich je gehört hatte.
    Ich erstarrte, dann drehte ich mich langsam um.
    Ein … ein Monster stand hinter mir auf dem Pflaster. Es sah aus wie ein Panther, nur größer. Viel größer. Seine Schultern waren fast auf einer Höhe mit meiner Taille, und er war viel länger, als ich hoch war. Sein Fell schimmerte in vollkommenem Schwarz mit einem leichten Rotton darin, den ich nicht verstand. Die Augen des Panthers waren ebenfalls rot – ein dunkles, glühendes Rot, das mich an Feuer, Blut und Tod denken ließ. Die Kreatur sah aus wie eine Zeichnung in meinem Mythengeschichtsbuch, ein zum Leben erwecktes mythologisches Monster, das nur darauf wartete, mich zu fressen.
    Der Panther, die Katze oder was auch immer es war, riss sein Maul auf und gab ein weiteres Mal ein tiefes Knurren von sich. Die Lampen um die Bibliothek beleuchteten jeden einzelnen seiner rasiermesserscharfen Zähne.
    Dann klappte das Monster sein Maul wieder zu, leckte sich mit einer langen, roten Zunge über die Lefzen und kam auf mich zu.

O nein !
    Ich wusste nicht genau, was der Panther war oder welchem mythologischen Albtraum er entstammte, aber nichts, was mit solchen Zähnen im Dunkeln herumschlich, konnte freundlich sein.
    Als hätte er meine Gedanken gelesen, gab der Panther etwas von sich, das wie ein leises Glucksen klang. Es war, als würde er über mich lachen. Das bösartige Geräusch sorgte dafür, dass mir der Atem stockte und das Blut in meinen Adern gefror. Der Panther lächelte, um mir noch einmal seine Zähne zu zeigen, dann kroch er näher, auf Pfoten, die größer waren als meine Hände – und mit gebogenen, nadelspitzen Krallen besetzt. Sie klickten bei jedem Schritt der Kreatur auf den Steinen des Arkadenganges, als wären sie der Sekundenzeiger an einer Uhr, der meine restliche Lebenszeit herunterzählte.
    Ich blieb einfach stehen. Zum einen, weil ich panische Angst hatte und mir ziemlich sicher war, dass meine Knie nachgeben würden, wenn ich versuchte, mich zu bewegen. Aber zum anderen auch, weil ich genügend Naturdokus gesehen hatte, um zu wissen, dass ich einem Panther nicht davonlaufen konnte. Und natürlich hatte ich keine Waffe dabei, mit der ich versuchen konnte, mich zu wehren. Selbst wenn ich ein Schwert besessen hätte, ich bezweifle, dass ich es hätte benutzen können.
    Zum ersten Mal wünschte ich mir, ich hätte im Sportunterricht besser aufgepasst, wenn Trainer Ajax und die anderen Lehrer über solche Angriffe geredet hatten und darüber, wie man Schnitter-Bösewichte außer Gefecht setzte. Ich hatte doch nicht geglaubt, dass irgendetwas davon tatsächlich real war. Aber jetzt war ich auf dem Weg zur echten Gläubigen. Denn diese Kreatur hier? Die war sehr, sehr real, und ich konnte sehen, dass ihre Zähne und Klauen wirklich sehr, sehr scharf waren.
    Der Panther umkreiste mich in einem weiten Bogen, dann verzog er sein Maul zu etwas, das fast aussah wie ein Schmollmund. Er schien enttäuscht, dass ich nicht weglaufen wollte. Oder zumindest schrie. Sein Schwanz, der mindestens neunzig Zentimeter lang war, bewegte sich scheinbar genervt hin und her. Oder vielleicht war es auch Vorfreude. Ich wusste es nicht. Ich war eher ein Hundemensch.
    Ich räusperte mich, und der Panther hielt inne und stellte ein rundes Ohr auf. Hörte mir zu.
    »Ähm, liebes Kätzchen?«
    Der Panther kniff die Augen zusammen, und in ihren roten Tiefen flackerte Feuer auf. Er erzeugte ein bedrohliches zischendes Geräusch. Nein, nein, nein. Absolut kein liebes Kätzchen.
    Die riesige Katze schlich ans andere Ende des Platzes. Sobald sie mir den Rücken zuwandte, griff ich nach

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