Frostkuss
wollte.
»Genau«, antwortete ich wachsam. »Du hast mich erwischt. Bei mir läuft so eine Superhelden-Geschichte, deshalb sitze ich hier hinten, um mich vor den Paparazzi und den irren Fans zu verstecken.«
Daphne musterte mich kritisch, aber nach einem Moment hoben sich ihre mit rosa Lipgloss verzierten Lippen. »Du hast einen seltsamen Sinn für Humor. Superhelden sind so was von out .«
»Schon, aber die Schauspieler, die sie gespielt haben, sind immer noch so was von reich . Ich glaube, sie werden es überleben, dass du sie nicht magst.«
Daphne lachte schnaubend, dann hob sie die Gabel und fing an, in ihrem überbackenen Auberginenauflauf herumzustochern. Ich wartete eine Minute, dann sah ich mich im Speisesaal um, weil ich mir nicht sicher war, ob das ein schlechter Witz sein sollte. Aber ich konnte niemanden entdecken, der in unsere Richtung sah und hinter vorgehaltener Hand kicherte.
Ich entdeckte allerdings Morgan McDougall und ein paar der anderen Walkürenprinzessinnen an ihrem üblichen Tisch, wo sie über dem Mittagessen lästerten und jeden süßen Jungen, der an ihnen vorbeikam, mit Blicken verschlangen. Aber Daphne sah nicht zu ihren Freundinnen hinüber, und sie schienen nicht zu bemerken, dass Daphne bei mir in der Ecke saß.
»Willst du … tatsächlich mit mir zu Mittag essen?«, fragte ich.
»Nein«, sagte Daphne, brach ein Stück von ihrem Brötchen ab und tauchte es in die würzige Marinara-Soße auf ihrem Teller. »Ich bin eine Ausgeburt deiner Phantasie. Du stellst dir nur vor, dass ich hier sitze und mit dir esse. Weil ich einfach so wunderbar bin, dass die Leute davon träumen, mit mir gesehen zu werden.«
»Witzig«, murmelte ich.
Die Walküre lächelte mich an und biss in ihr Brot.
»Aber warum?«, fragte ich. »Du hasst mich.«
Daphne kaute und schluckte. »Ich würde es nicht Hass nennen. Du bist ein wenig wie ein Pilz, Gwen. Nach einer Weile wächst du einem einfach ans Herz.«
»Dann bin ich also Schimmel. Toll. Und warum wäschst du mich nicht einfach ab und setzt dich wie gewöhnlich zu deinen Walkürenfreundinnen?«
»Weil …«, sagte Daphne und senkte den Blick auf ihren Auberginenauflauf, »… ich neulich abends, als du gerade nicht hingeschaut hast, alle Mails von Jasmine an mich weitergeleitet habe. Und ich habe darin einiges entdeckt, das mir nicht gefallen hat – über mich.«
»Wie zum Beispiel?«
Daphne seufzte und schob ihren Auflauf von sich, als wäre ihr der Appetit vergangen. »Wie zum Beispiel die Tatsache, dass Jasmine und Morgan hinter meinem Rücken über mich gelästert haben. Sie wussten, dass ich für Carson schwärme, und fanden es zum Ausschütten komisch. Und das war noch so ungefähr das Netteste, was sie über mich gesagt haben. Es waren auch nicht nur sie. Claudia, Kylie, Seraphina … sie alle haben E-Mails über mich und übereinander ausgetauscht. Keine von uns scheint die anderen wirklich zu mögen.«
»Und?«, hakte ich nach. »Ist das nicht, wie sich Zicken benehmen? Ich meine, die Walküren sind die Bienenköniginnen von Mythos. Neben euch wirkt Gossip Girl harmlos. Gehört das nicht alles irgendwie dazu?«
»Vielleicht.« Daphne zuckte mit den Schultern. »Aber ich bin es leid. Ich kenne diese Mädchen seit der ersten Klasse, und ich habe das Gefühl, sie werden jedes Jahr noch oberflächlicher und dümmer. Ich glaube, es ist an der Zeit, neue Freunde zu finden.«
Dann holte sie tief Luft und sah mich an. »Du hast letzte Nacht etwas wirklich Cooles für mich getan, indem du mich mit Carson zusammengebracht hast. Ich weiß nicht, warum ich mir solche Sorgen gemacht habe, was andere über mich und ihn denken könnten. Aber jetzt bin ich frei von dieser Angst. Und ich werde nicht vergessen, was du für mich getan hast, Gwen.«
»Also hast du einfach entschieden, dass ich es bin?«, fragte ich. »Deine neue beste Freundin? Über Nacht? Einfach so?«
Zum ersten Mal flackerten Zweifel in Daphnes schwarzen Augen auf. »Hey, wenn du ganz allein hier in der Ecke sitzen und schmollen willst, weil du keine Freunde hast, ist das für mich auch in Ordnung. Ich wollte nur nett sein.«
Sie packte ihr Tablett und machte Anstalten, einfach davonzustürmen, aber ich hob in einer besänftigenden Geste die Hände.
»Nein, nein, nein«, sagte ich. »Warte. Setz dich wieder. Ich … würde mich über ein bisschen Gesellschaft sehr freuen. Bitte. Bleib.«
Daphne starrte noch eine Weile auf mich herunter, dann sank sie wieder auf ihren Stuhl.
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