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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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in mein Zimmer kommen willst. Ich habe mir ein Kleid gekauft, nur für den Fall, dass Carson oder sonst irgendwer mich fragt, ob ich mit ihm hingehe, aber ich habe es noch niemandem gezeigt.«
    Ihre Worte katapultierten mich zurück zum letzten Mal, als ich etwas in der Art getan hatte. Etwas so … Normales. Etwas so … Nettes.
    Es war mehrere Wochen vor dem großen Ball für die zehnte Klasse an meiner alten Schule gewesen – und Tage, bevor ich Paiges Geheimnis entdeckt hatte. Ich hatte mich gerade von Drew Squires getrennt, der für ganze drei Wochen mein Freund gewesen war, aber ich hatte trotzdem vor, zum Ball zu gehen, hauptsächlich, weil meine Mom Grace und ich Wochen damit verbracht hatten, das perfekte Kleid und die richtigen Schuhe zu finden. Schließlich hatten wir beides in einer kleinen, abgelegenen Boutique in einer heruntergekommenen Einkaufsstraße gefunden, zusammen mit einem purpurnen Kleid, von dem meine Mom behauptete, es habe exakt die Farbe meiner Augen.
    Wir hatten es am Samstag gekauft, und am Freitag danach, sechs Tage später, war sie gestorben. Natürlich war ich danach nicht zum Ball gegangen. Aber aus irgendeinem Grund hatte ich das Kleid nicht zurückgegeben. Tatsächlich hing es ganz hinten im Schrank in meinem Zimmer.
    »Geht es dir gut?«, fragte Daphne und riss mich damit aus meinen Erinnerungen. »Du siehst aus, als würdest du jeden Moment heulen oder so.«
    »Mir geht’s gut«, erklärte ich und schob die Erinnerung beiseite.
    Die Walküre starrte mich nur an, und ich suchte nach einer Erklärung.
    »Ich habe an meine Mom gedacht«, erklärte ich leise. »Im Frühling, ein paar Tage bevor sie gestorben ist, waren wir zusammen ein Ballkleid für mich kaufen.«
    »Oh. Oh.« Daphne kapierte sofort den Teil mit der toten Mom , und für einen Moment schwieg sie. »Wenn du lieber nicht kommst, verstehe ich das …«
    »Nein«, antwortete ich schnell. »Nein, mir geht’s gut. Ich würde dir wahnsinnig gern dabei helfen, dich für den großen Abend mit Carson fertig zu machen. Wann soll ich vorbeikommen?«
    Daphne und ich verabredeten uns nach meiner Schicht in der Bibliothek. Die Glocke bimmelte und verkündete damit das Ende der Mittagspause, und wir gingen wieder getrennte Wege. Mir fiel auf, dass ich heute zum ersten Mal, seit ich auf Mythos war, nicht allein gegessen hatte. Es war nett, mit jemandem zusammenzusitzen und sich zu unterhalten. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie sehr ich das vermisst hatte. Na ja, vielleicht hatte ich es schon bemerkt. Vielleicht hatte ich nur einfach nicht darüber nachdenken wollen, weil es meine Einsamkeit noch vertieft hätte.
    Unglücklicherweise war meine gute Laune nicht ansteckend, besonders nicht, wenn es um Professoren ging, und der Rest des Tages zog sich wieder endlos dahin. Schließlich allerdings klingelte zum letzten Mal die Glocke und beendete damit die Stunde in Mythengeschichte. So schnell wie möglich packte ich meine Sachen zusammen. Ich wollte mich noch vom Campus schleichen und Grandma Frost besuchen, bevor ich mich in der Bibliothek bei Nickamedes melden musste. Obwohl absolut niemand heute Abend an etwas so Langweiliges wie Hausaufgaben denken würde, ließ er mich trotzdem meine normale Freitagsschicht arbeiten, bevor die Bibliothek wegen des Balles früher schloss.
    »Gehst du auch zum Ball, Gwen?«, fragte Carson, während er seine eigenen Bücher in seine Tasche stopfte.
    »Nö«, sagte ich. »Aber ich helfe Daphne, sich vorzubereiten. Damit du auch weißt, dass sie sich für dich richtig schick macht.«
    Carson lächelte, und ich ertappte mich dabei, wie ich den Musikfreak angrinste. Vielleicht war es doch nicht so schwierig, Freunde zu finden.
    Ich verließ das Geschichtsgebäude und ging über den Hof. Statt stehen zu bleiben und SMS zu schreiben, eilten heute fast alle sofort davon, um sicherzustellen, dass sie alles hatten, was sie am Abend brauchen würden – Kleider, Anzüge, Bierfässer, Kondome und was nicht noch alles.
    Niemand beachtete mich, und ich schaffte es, unentdeckt bis zum Haupttor zu schlendern. Ich hielt direkt vor den Gitterstäben an und starrte zu den zwei Sphingen neben dem Tor hinauf. Professor Metis hatte mir erzählt, dass Nickamedes zusätzliche Magie, zusätzliche Schutzzauber oder was auch immer auf das geschlossene Tor legen würde, um zu verhindern, dass sich noch ein Schnitter auf den Campus schlich. Vielleicht war es ja nur Einbildung, aber ich hatte den Eindruck, dass die Sphingen

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