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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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jetzt sogar noch strenger und wilder aussahen als beim letzten Mal, als ich am Tor gewesen war. Ihre Augen waren zu Schlitzen zusammengekniffen, und ihre Klauen glänzten in der Nachmittagssonne, als würden sich die katzenartigen Wesen jeden Moment aus dem Stein lösen und jeden anspringen, der versuchte, sich an ihnen vorbeizumogeln.
    Für einen Moment überlegte ich, ob ich nicht umdrehen sollte, aber es war schon ein paar Tage her, seit ich Grandma Frost gesehen hatte. Sie würde warten, dass ich vorbeischaute. Außerdem vermisste ich sie. Sie war alles, was ich noch hatte, und ich wollte sie sehen. Das war es wert, den magischen Alarm auszulösen, den Nickamedes auf das Eingangstor gelegt hatte. Außerdem würden mich die Sphingen wahrscheinlich nicht umbringen – richtig?
    Ich schlich auf Zehenspitzen an das Gitter heran, hielt die Luft an, drehte mich seitwärts und schob mich zwischen den schmiedeeisernen schwarzen Stäben hindurch.
    Nichts passierte.
    Es erklang keine Sirene, und die Sphingen sprangen nicht herab, um mich in Stücke zu reißen. Falls sie das überhaupt konnten. Anscheinend hatte Nickamedes nur die Zauber verstärkt, die Schnitter von der Akademie fernhalten sollten – er hatte keinen neuen Zauber geschaffen, der Schüler auf dem Campus hielt. Wie alle anderen glaubte der Bibliothekar, dass die Bedrohung von außen kam – nicht von innen. Trotzdem war ich glücklich über seine Nachlässigkeit, als ich über die Straße eilte und in den Bus sprang. Zwanzig Minuten später stieg ich die Stufen zu Grandma Frosts Haus hinauf und schloss mit meinem Schlüssel die Tür auf.
    Ausnahmsweise war Grandma Frost nicht im anderen Zimmer dabei, jemandem die Zukunft vorherzusagen. Stattdessen fand ich sie in der Küche mit den fröhlichen blauen Wänden und den weißen Fliesen.
    »Mmmmm. Was riecht hier so gut?«, fragte ich und warf meine Tasche auf den Tisch.
    Grandma nahm den Topflappen von der Arbeitsfläche, griff in den Ofen und zog ein Backblech voller selbstgemachter Mandelzuckerkekse heraus. Ich sog den warmen Geruch von geschmolzener Butter, klebrigem Teig und karamellisiertem Zucker in meine Lunge, während mir das Wasser im Mund zusammenlief und mein Magen knurrte. Niemand backte so gut wie Grandma Frost. Die Dessertköche von Mythos konnten definitiv noch ein paar Dinge von ihr lernen.
    Grandma schob drei Kekse auf einen Teller und gab sie mir zusammen mit einem Glas kalter Milch. Um ihren Körper wehten die üblichen farbenfrohen Tücher, und die kleinen Münzen an den Fransen klimperten.
    Ich kniff die Augen zusammen. »Du wusstest, dass ich heute kommen würde.«
    Grandma lächelte ihr mysteriöses Gypsylächeln, das sie jedem ihrer Kunden schenkte. »Ich bin eine Wahrsagerin, Süße. Manchmal ist das ziemlich praktisch. Besonders wenn man seiner Enkelin ein paar Kekse backen will.«
    Grandma Frost nahm sich ebenfalls eine Handvoll der warmen Plätzchen und ein eigenes Glas Milch, dann setzten wir uns gemeinsam an den Tisch, um zu essen. Zuerst redeten wir nicht viel, weil wir beide zu sehr damit beschäftigt waren, uns den Mund mit süßem Teig vollzustopfen. Aber schließlich waren die Kekse und die Milch verschwunden, und Grandma starrte mich an.
    »Gibt es heute Abend nicht einen großen Ball in der Akademie?«, fragte sie. »So eine schicke Feier?«
    Ich blinzelte. »Woher weißt du das? Hattest du eine Vision von mir in einem Kleid oder was?«
    »Natürlich nicht. Ich habe es in diesem elektronischen Newsletter gelesen, den Professor Metis jede Woche verschickt.« Grandma warf mir einen schiefen Blick zu. »Um genau zu sein, habe ich diese Woche zwei Newsletter bekommen. Den normalen, in dem es um den Ball und die Speisefolge der Cafeteria und andere Sachen ging. Der andere war ein wenig ernster – es ging um den Mord an diesem armen Mädchen.«
    Oh, oh. Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt, Grandma Frost von Jasmine Ashton zu erzählen, weil ich nicht wollte, dass sie sich Sorgen machte. Aber Grandma war einfach zu klug für mich. War sie immer. Ich hatte nie herausgefunden, ob es an ihrer Gabe lag oder ob sie mich einfach nur zu gut kannte. Es war sinnlos, sie anzulügen, also holte ich tief Luft und erzählte ihr die ganze Geschichte von der Nacht in der Bibliothek und auch alles andere, das ich seitdem über Jasmine erfahren hatte.
    »Ich weiß, dass die Professoren alle denken, es wäre einfach ein Schnitter-Bösewicht gewesen, der hinter der Schale der Tränen her war«,

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