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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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sagte ich schließlich. »Aber ich habe dieses seltsame Gefühl, dass mehr dahintersteckt. Irgendwas übersehen wir alle. Irgendwas Offensichtliches. Mom hat mir gesagt, ich soll immer auf meine Instinkte hören, aber langsam fange ich an, mich zu fragen, ob sie nicht unrecht hatte.«
    Grandma starrte mich an, und in ihren violetten Augen blitzte ein seltsamer Schimmer. Es war nicht der Ausdruck, den sie immer bekam, wenn sie einen Blick in die Zukunft warf. Nein, das war etwas anderes. Als hätte ich etwas gesagt, das sie erschreckte. Ich vermutete, dass sie sich einfach Sorgen machte wegen des Mords an Jasmine. Ich meine, wer wollte schon, dass die einzige Enkelin auf eine Schule ging, in der gerade einer Schülerin die Kehle aufgeschlitzt worden war?
    »Geht es dir gut, Grandma?«
    Sie schüttelte den Kopf, und der seltsame Ausdruck in ihren Augen verschwand. »Alles gut. Ich mache mir nur Sorgen um dich. Ich hasse es, dass du überhaupt auf diese Schule gehen musst.«
    Ich zögerte. »Warum muss ich nach Mythos gehen? Ich habe dich schon mehrmals gefragt, aber du hast es mir nie richtig erklärt.«
    Grandma seufzte. »Weil es endlich Zeit für dich ist, zu lernen, wie du deine Gypsygabe einsetzt, Gwen. Und das kannst du nur auf Mythos.«
    »Aber ich weiß doch schon, wie ich meine psychometrische Magie einsetze. Ich wusste es immer. Ich verstehe einfach nicht, was Mythos an der Sache ändert.«
    Wieder schüttelte sie den Kopf, diesmal abwehrend. »Ich weiß, dass es momentan vielleicht keinen Sinn ergibt, aber eines Tages wird es das. Vertrau mir, Süße, okay?«
    Ich vertraute ihr, mehr als jedem anderen, aber ich wollte trotzdem Antworten auf meine Fragen – warum mein Leben sich so sehr hatte ändern müssen. Warum alle in Mythos Dinge glaubten, an die ich nicht glaubte. Und besonders, warum Professor Metis und Grandma Frost der Meinung waren, dass ich überhaupt dort hingehörte.
    Ich dachte kurz daran, nachdrücklicher Antworten zu fordern, aber sie sah in diesem Moment so alt aus, so traurig und müde, als hätte sie all ihre Lebenskraft aufgebraucht und wäre nicht mehr als eine leere Hülle. Oder vielleicht hatte ein Teil von mir auch einfach Angst davor, wie die Antworten lauten könnten. Die Geheimnisse anderer Leute zu kennen gab mir das Gefühl, klug zu sein. Zu erkennen, dass es auch Geheimnisse gab, die sich um mich drehten, machte mich nervös. Ja, ich konnte manchmal eine ziemliche Heuchlerin sein.
    Ich wusste nicht, warum Grandma Frost Geheimnisse vor mir hatte, aber sie liebte mich, und ich liebte sie. Es waren immer nur ich, meine Mom und Grandma Frost gewesen. Mein Dad war gestorben, bevor ich auch nur Erinnerungen an ihn haben konnte, und wir hatten sonst keinerlei Familie, von der ich wusste. Nun da meine Mom tot war, war Grandma die Einzige, die ich noch hatte. Ich wollte nicht mit ihr streiten – niemals. Besonders nicht über etwas so Dummes wie die Mythos Academy.
    »Na ja, auf jeden Fall glaube ich nicht, dass du dir Sorgen machen musst«, erklärte ich, wobei ich gleichzeitig das Thema wechselte und versuchte, sie zu beruhigen. »Professor Metis und die anderen haben die magischen Security auf dem Campus erhöht. Außerdem, wer auch immer Jasmine umgebracht hat, ist wahrscheinlich schon lange verschwunden, egal was ich denke. Soweit ich weiß, wurde niemand sonst verletzt, und es ist auch sonst nichts aus der Bibliothek gestohlen worden.«
    Ich erwähnte nicht, was gestern vor der Bibliothek passiert war. Es war ja nicht so, als hätte die fallende Statue mich zum Ziel gehabt. Auch wenn man dasselbe nicht unbedingt von dem Nemeischen Pirscher behaupten konnte. Aber er war tot, hatte sich in eine Rauchwolke aufgelöst, während ich noch lebte. Und das war das Einzige, was zählte.
    Grandma Frost wirkte, als wollte sie noch etwas sagen, aber dann schüttelte sie den Kopf, und der Moment verging. »Ich bin mir sicher, du hast recht, Süße.«
    »Sie haben auch die Sicherheitsvorkehrungen in den Wohnheimen erhöht«, sagte ich, immer noch in dem Versuch, ihr die Sorge zu nehmen. »Und da werde ich den Abend verbringen.«
    »Du gehst also nicht zu diesem Tanzabend? Im Newsletter klang es, als wäre es eine große Sache.«
    Ich hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Es ist nur der jährliche Ball. Sie werden in jeder Klasse einen Prinzen und eine Prinzessin krönen, und dann gibt es Musik, und die Leute tanzen und so. Genau wie auf meiner alten Schule.«
    Ich erzählte nichts

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