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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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warst bei dem Krawall von 1979 dabei.«
    Sigurður Óli warf Erlendur einen Seitenblick zu, aber der tat so, als habe er nichts gehört.
    »Hier drin bewahre ich die Schnitzmesser auf«, sagte Egill und begann, eins nach dem anderen aus dem Kasten zu holen und auf den Tisch zu legen. »Es sollten dreizehn sein. Ich bin einfach nicht auf die Idee gekommen, das nach dem Überfall auf Elías zu kontrollieren.«
    »Wir auch nicht«, sagte Erlendur und sah Sigurður Óli an. »Es muss ja nichts zu bedeuten haben«, sagte Sigurður Óli, als wolle er sich dafür entschuldigen. »Auch wenn hier im Werkraum was fehlt«, fügte er hinzu.
    »Heute früh haben wir die Messer gebraucht«, sagte Egill, »und da kam ein Schüler zu mir und sagte, es sei kein Messer für ihn da. Es waren dreizehn Schüler in der Gruppe, und ich wusste, dass die Messer genau ausreichen mussten. Dann habe ich nachgezählt, und es waren tatsächlich nur noch zwölf da. Ich habe sie eingesammelt und wieder in den Kasten gelegt. Anschließend habe ich den ganzen Werkraum nach dem Messer abgesucht und dann euch angerufen. Ich habe sie vor etwa zwei Wochen gezählt, und damals waren es dreizehn. Länger ist es nicht her.«
    »Ist dieser Schrank verschlossen?«, fragte Erlendur.
    »Nein, also zumindest nicht während des Unterrichts. Ansonsten sind alle Schränke hier verschlossen, ja.«
    »Haben alle Schüler Zugang dazu?«
    »Ja, eigentlich. Bislang haben wir Schnitzmesser nicht als Mordwaffen betrachtet.«
    »Aber sie werden gestohlen?«, fragte Sigurður Óli.
    »Das ist nichts Besonderes«, sagte Egill und strich sich den Bart. »Hier verschwinden Gegenstände. Meißel. Schraubenzieher, sogar Sägen. Das kommt in jedem Schuljahr vor.«
    »Wäre es dann nicht besser, die Schränke verschlossen zu halten und die Werkzeuge unter Aufsicht auszuteilen?«, fragte Erlendur.
    Egill blickte ihn scharf an. »Geht dich das etwas an?«, fragte er.
    »Es handelt sich um Messer«, sagte Erlendur, »sogar scharfe Schnitzmesser.«
    »Der Raum wird aber zugeschlossen, oder nicht?«, beeilte sich Sigurður Óli einzuwerfen.
    »Schnitzmesser sind nur in Händen von Vollidioten Waffen«, erklärte Egill, ohne auf Sigurður Óli einzugehen. »Müssen wir denn immer wegen solcher Vollidioten den Schwanz einziehen?«
    »Und was ist mit …«, setzte Sigurður Óli an, kam aber nicht weiter.
    »Außerdem arbeiten die Schüler hier mit diesen Werkzeugen«, fuhr Egill fort, »und sie können sie jederzeit einstecken oder in der Schultasche verschwinden lassen. Es ist schwierig, das ständig zu kontrollieren.«
    »Wahrscheinlich muss man davon ausgehen, dass sämtliche Kinder in der Schule hier bei dir Werkunterricht gehabt haben, seit du zuletzt die Messer gezählt hast«, sagte Erlendur.
    »Ja«, erwiderte Egill, der dunkelrot angelaufen war. »Zwischen den Stunden ist der Raum verschlossen. Ich verlasse ihn erst, wenn der letzte Schüler draußen ist, aus Sicherheitsgründen. Ich schließe immer hinter mir ab, und ich bin es, der die Tür aufschließt, wenn ich morgens komme – und nach allen Pausen. Niemand anderes.«
    »Und die Putzkolonne?«, fragte Sigurður Óli.
    »Ja, die natürlich«, sagte Egill. »Aber ich habe noch nie feststellen können, dass hier in die Schränke eingebrochen worden ist.«
    »Du bist also der Meinung, dass das Messer höchstwahrscheinlich während einer Unterrichtsstunde verschwunden ist?«, fragte Sigurður Óli.
    »Jetzt fang bloß nicht an und gib mir die Schuld daran!« Egills Stimme war vor Empörung laut geworden. »Ich kann hier nicht alles im Auge behalten, das kann ich ums Verrecken nicht! Wenn irgendwelche dämlichen Kinder hier in dem Raum etwas klauen wollen, dürfte es nicht besonders schwierig sein. Ja, ich rechne damit, dass es während einer Unterrichtsstunde passiert ist. Ich sehe nicht, wann es sonst hätte sein können.«
    Erlendur nahm eines der Messer in die Hand und versuchte, sich an das zu erinnern, was der Pathologe über die Mordwaffe gesagt hatte: die Messerklinge breit, aber nicht unbedingt besonders lang. Das Schnitzmesser war sehr spitz und die Klinge kurz, aber am Schaft ziemlich breit. Es war sehr scharf. Erlendur stellte sich vor, dass man nicht besonders kräftig sein müsste, um es tief in menschliches Fleisch eindringen zu lassen. Er überlegte, ob mit so einem Schnitzmesser womöglich auch Autos zerkratzt worden waren.
    »Wie viele Kinder kommen deiner Meinung nach infrage, wenn wir davon ausgehen, dass es

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