Fruchtbarkeit - 1
großen Lichtungen durchschnitten, die durch ein Netz von Wegen miteinander in Verbindung standen. Und in natürliche Weiden verwandelt, von den nahen Quellen berieselt, erlaubten diese von Bäumen umgebenen Wiesen, den Viehstand zu verdreifachen, die Aufzucht im großen zu versuchen. Das Leben setzte seinen unaufhaltsamen Eroberungszug fort, die Fruchtbarkeit verbreitete sich unter der Sonne, die Arbeit schuf unausgesetzt, unermüdlich, trotz aller Hindernisse und Kümmernisse, füllte die Lücken der Verluste aus, goß zu jeder Stunde neue Kraft, neue Gesundheit und Freude in die Adern der Welt.
Seitdem die Froment erfolgreich in ihrem Eroberungswerke, in der Gründung ihres kleinen Königreiches waren, auf dem Wege, den festgefügtesten Reichtum, den in Grund und Boden zu erwerben, spotteten die Beauchêne nicht mehr über ihren abenteuerlichen Einfall, sich auf dem Lande niederzulassen, dilettantische Bauern, Gelegenheitslandwirte zu weiden, wie sie anfangs gesagt hatten. Erstaunt, überwältigt von dem Einfluß, den jeder Erfolg ausübt, waren sie sehr freundlich gegen sie, behandelten sie nunmehr als reiche Verwandte, ließen sich herbei, sie manchmal zu besuchen, höchst interessiert von diesem großen, lebendigen, wimmelnden, vom Lärm blühenden Gedeihens erfüllten Hofe. Bei einem dieser Besuche traf nun Constance mit Madame Angelin zusammen, ihrer einstigen Pensionatsfreundin, die sie übrigens nie ganz aus den Augen verloren hatte. Das junge Ehepaar, das vor zehn Jahren sein Liebesglück durch die einsamen Waldpfade von Janville getragen, heiße Küsse hinter jeder Hecke tauschend, hatte schließlich ein kleines Häuschen am Ende des Dorfes erworben, wo sie alljährlich die schönen Tage verbrachten. Aber es war vorüber mit der liebenden Sorglosigkeit von einst; Madame Angelin war nun bald sechsunddreißig Jahre alt; und seit sechs Jahren, da sie und ihr Mann ihr einstiges Versprechen einhielten, von ihrem dreißigsten Jahre ab nicht mehr unterschlagende Liebende sein zu wollen, seit sechs Jahren, da sie sich als wirkliche Ehegatten betrugen, das Kind erwartend, das sie sich versprochen hatten, kam dieses Kind noch immer nicht. Sie mochten es noch so heiß herbeiwünschen, mit all der Leidenschaft, die sie für einander bewahrt hatten – ihre Umarmungen blieben unersprießlich, wie durch die lange Zeit egoistischen Genusses mit Unfruchtbarkeit geschlagen. Und das Haus verfiel einer wachsenden Traurigkeit: er, der schöne Musketier, fing schon an, grau zu werden, fühlte sein Augenlicht versagen, bemerkte zu seinem Schrecken, daß er kaum noch genug sehe, um seine Fächer zu malen; sie, die sonst so heiter Lachende, war von Angst ergriffen über diese drohende Blindheit, bedrückt von der Stille und den Schatten, die sich über ihren allmählich erkaltenden Herd herabsenkten.
Seitdem sie wieder miteinander angeknüpft hatten, kam Madame Angelin, wenn sie in Paris Besorgungen hatte, manchmal gegen vier Uhr auf eine Tasse Tee zu Constance, ehe sie wieder zurückfuhr. Und eines Tages, als sie allein miteinander waren, brach sie in heftiges Schluchzen aus und vertraute ihr den ganzen Umfang ihres Unglücks an.
»Ach, meine Liebe, Sie können sich nicht vorstellen, was wir erdulden. Wenn man ein Kind hat, so hat man keinen Begriff davon, welchen Kummer ein Ehepaar erleidet, das keines bekommen kann und eines, o so sehnsüchtig herbeiwünscht! Mein armer Mann liebt mich noch immer, aber ich sehe wohl, daß er überzeugt ist, daß die Schuld an mir liegt, und das zerreißt mir das Herz, ich weine stundenlang darüber. Meine Schuld! Kann jemand wagen zu entscheiden, an wem die Schuld liegt, am Manne oder an der Frau? Aber ich sage ihm das nicht, er würde wahnsinnig darüber werden. Und wenn Sie uns beide sehen würden, in unserm leeren Hause, so verlassen, besonders seitdem seine schlechten Augen ihn trübsinnig machen! Ach, wir würden unser Blut darum geben, daß ein Kind da wäre, um uns mit seinem Lärm zu erfreuen, um uns das Herz zu erwärmen, nun, da das Leben um uns, in uns in starre Kälte verfällt!«
Constance sah sie sehr erstaunt an. »Wie, liebe Freundin, Sie können kein Kind bekommen, mit kaum sechsunddreißig Jahren? Ich habe immer geglaubt, daß man eines nach Gefallen haben kann, wenn man gesund und kräftig ist wie Sie! Im übrigen gibt es dafür eine Behandlung, man liest derlei Anzeigen täglich in den Zeitungen.«
Ein neuer Tränenstrom erstickte die Stimme Madame Angelins. »Sie
Weitere Kostenlose Bücher