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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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unterstützt von Blaise, einem tatkräftigen und ergebenen Gehilfen, auf den er täglich mehr Aufgaben übertrug, die ihm zu schwer wurden. Aber was den engeren Freunden besonders auffiel, das war die Wiederannäherung der Gatten; Constance war aufmerksam um ihren Mann bemüht, Beauchêne verließ seine Frau nicht mehr, beide lebten in schönster Eintracht, zurückgezogen in ihrem verschlossenen Wohnhause, das gleichsam Trauerschmuck trug, und in welches nur Verwandte zugelassen wurden.
    Constance empfand, nachdem der erste entsetzliche Schmerz über den plötzlichen Verlust ihres Sohnes vorüber war, das furchtbare Gefühl einer Verstümmelten, der ein Glied amputiert worden ist. Sie war nicht mehr ganz, sie schämte sich, als wäre sie verkleinert, entstellt. In die weinende Klage ihrer beraubten Liebe mischte sich ein verzweifeltes Aufbäumen ihres Stolzes, so furchtbar litt sie unter ihrer Verminderung, daß sie nicht mehr Mutter war, nicht mehr da neben sich den Kronprinzen hatte, der einst das Erbe des Königreiches antreten sollte. Sie, die sich eigensinnig auf diesen einzigen Sohn hatte beschränken wollen, nur damit er der alleinige Herr des Reichtums werde, der einstige allmächtige König! Der sinnlose Tod hatte ihn ihr entrissen, und das Haus schien ihr nicht mehr zu gehören, die Fabrik entglitt ihren Händen, besonders seitdem dieser Blaise sich hier eingenistet hatte, mit seiner Frau und seinem Kinde, diese ganze wuchernde Fruchtbarkeit der alles überschwemmenden Froment. Sie konnte es sich nicht verzeihen, daß sie selbst sie hier aufgenommen und eingerichtet hatte, sie empfand nur noch den einen, glühenden, leidenschaftlichen Wunsch, sich zu verteidigen, ihren Sohn wieder erstehen zu lassen, noch einen Sohn zu haben, um ihr Eigentum, ihren Platz, ihr Königtum wieder zu erobern. Zweifellos hatte sie Maurice vergöttert, sie hatte sogar niemand geliebt als ihn, die kühle Gattin, die die ehelichen Zärtlichkeiten nur eben resigniert über sich ergehen ließ. Aber ihre Mutterliebe, bis nun unauffällig, tief und stumm, flammte nun plötzlich in heftigem Feuer auf, woran ihr ganzes Wesen sich entzündete. Sie war eine betrogene, bestohlene Mutter, eine Mutter, der man ihr Kind genommen hat, die es wieder will, die ein andres will, der nichts den brennenden Durst nach Liebe löschen kann, als bis sie wieder Mutter ist. Für ihr Herz, für ihren Stolz, für ihren Körper ebenso wie für ihren Ehrgeiz, ein Kind, sie mußte ein Kind haben! So kam es, daß sie sich ohne Berechnung, ja aus Instinkt, ihrem Manne wieder genähert hatte.
    In der Trauer des abgeschlossenen Hauses und seiner Bewohner erblühte ein neuer Honigmond. Sie unterschlugen nicht mehr, und beide warteten anfangs voll Zuversicht. Constance war kaum einundvierzig Jahre alt. Beauchêne, sechs Jahre älter als sie, trug die Sicherheit eines Kraftmenschen zur Schau, der noch imstande war, die Welt zu bevölkern. Man sah sie nur noch miteinander. Sie gingen zeitig zu Bette. Sechs Monate hindurch führten sie in vollster Eintracht ein zurückgezogenes, geregeltes Leben und setzten allen ihren Willen, alle ihre Kraft an das Gelingen des gemeinsamen Werkes. Aber das erwartete, ersehnte Kind kam nicht. Noch sechs Monate gingen hin, und von da ab schien es, daß das gute Einvernehmen sich trübe, daß Befürchtungen, Vorwürfe, Zornesausbrüche den Frieden des Schlafzimmers störten, denn Beauchêne fing wieder an, auszugehen, um frische Luft zu schöpfen, wie er sagte, während Constance, fieberisch, mit roten Augen, allein zu Hause blieb. Als Mathieu eines Tages seine Schwiegertochter Charlotte besuchte und länger im Garten verweilte, um mit der kleinen Berte zu spielen, die auf seine Kniee geklettert war, sah er zu seiner Überraschung Constance herabkommen, die ihn von den Fenstern des benachbarten Wohnhauses aus gesehen haben mußte. Sie führte ihn unter einem Vorwande hinauf und hielt ihn gegen eine Viertelstunde zurück, ohne sich entschließen zu können, zu sprechen. Plötzlich sagte sie ganz unvermittelt:
    »Mein lieber Mathieu, verzeihen Sie, wenn ich Ihnen von einer Sache spreche, die uns nicht anders als peinlich sein kann. Vor nun bald fünfzehn Jahren hat mein Mann, wie ich weiß, ein Kind mit einer Arbeiterin der Fabrik gehabt. Und ich weiß auch, daß Sie ihm den Dienst erwiesen haben, in dieser Angelegenheit sein Vermittler zu sein, und sich mit diesem Mädchen und ihrem Kinde – ein Knabe, nicht wahr? – zu befassen.«
    Sie

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