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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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nutzbar gemacht ist. Inmitten der Besitzung war der Hof gewachsen, hatte sich ausgedehnt wie eine gedeihende Stadt mit seiner Bevölkerung, seinem Gesinde, seinen Tieren, ein Herd blühenden, triumphierenden Lebens. Und welche überwältigende Macht lag in dieser glücklichen Fruchtbarkeit, die nicht aufhörte weiter zu zeugen, diesen seit zwölf Jahren sich mehrenden Lebewesen und Dingen, dieser sich ausbreitenden Stadt, die nichts war als das Wachstum einer Familie, diesen Bäumen, diesen Pflanzen, diesem Getreide, diesen Früchten, deren nährende Flut ohne Unterlaß weiter anschwoll unter der strahlenden Sonne! Alle Leiden und alle Tränen waren vergessen in der Freude über das vollendete Schöpfungswerk, über die eroberte Zukunft, die der Tätigkeit ein unermeßliches Feld öffnete.
    Und während Mathieu seine Eroberung vollendete, hatte Marianne im Laufe dieser zwei Jahre das Glück, ihrem Sohn Blaise ein Mädchen geboren werden zu sehen, als sie selbst schwanger war, bereit, wieder zu gebären. Die Zweige des mächtigen Baumes begannen ihrerseits Triebe auszusenden, um sich dann endlos zu vervielfältigen, wie eine gewaltige königliche Eiche, die weithin den Boden überbreitet. Die Kinder ihrer Kinder, die Kinder ihrer Enkel, die ganze sich von Generation zu Generation vermehrende Nachkommenschaft setzte sich in Bewegung. Und mit welch sorgsamer und liebevoller Hand vereinigte sie noch immer um sich die elf des ersten Nestes, von den zwei Ältesten, Blaise und Denis, die schon einundzwanzig waren, bis zum Jüngstgeborenen, ein zartes, kaum existierendes Wesen, dessen gierige Lippen sie austrinken zu wollen schienen! In ihrem Neste waren alle Alter vertreten: ein Großer, der selbst schon Vater war, andre, die die Schule besuchten, andre, die man des Morgens noch ankleiden mußte; es waren Knaben, Ambroise, Gervais, Grégoire, Nicolas; es waren Mädchen, Rose, bald heiratsfähig, Claire, Louise, Madeleine, Marguerite, die eben erst zu gehen anfing. Und man mußte sie auf dem Besitz sich herumtummeln sehen wie ein Trupp junger Pferde, einander in ungleichem Lauf, je nach der Größe, verfolgend, sich nach allen Windrichtungen zerstreuend. Sie wußte wohl, daß sie sie nicht immer werde bei sich behalten können, war zufrieden, wenn ihrer zwei oder drei auf dem Gute bleiben würden, machte sich darauf gefaßt, die Jüngeren, die hier keinen Platz finden konnten, auf Eroberung andrer Gebiete ausgehen zu lassen. Es war die unaufhaltsame Ausbreitung, die Erde gehörte der zahlreichsten Rasse. Blaise war nun bald zwei Jahre in der Fabrik, seine Brüder auf dem Wege zu andern Eroberungen. Da sie die Zahl waren, würden sie auch die Macht werden, die Welt würde ihnen gehören. Und auch sie, Vater und Mutter, hatten sich mit jedem neuen Kinde stärker gefühlt. Jedes Kind hatte sie einander mehr genähert, sie inniger vereinigt. Wenn sie immer gesiegt hatten, trotz schrecklicher Sorgen, so dankten sie diesen fortgesetzten Sieg ihrer Liebe, ihrer Arbeit, der unerschöpflichen Fruchtbarkeit ihres Herzens und ihres Willens. Die Fruchtbarkeit ist die große Siegerin, sie schafft friedliche Helden, die die Erde unterwerfen, indem sie sie bevölkern. Und als nach diesen zwei Jahren Marianne einen Knaben gebar, Nicolas, den elften der Schar, da küßte Mathieu sie glücklicher als je, triumphierte wieder einmal über alle Schmerzen und allen Kummer. Noch ein Kind, das bedeutete noch Reichtum und Macht, eine neue in die Welt geworfene Kraft, ein neues für die Zukunft besätes Feld.
    Und so wuchs immerfort das große, gute Werk, das Werk der Fruchtbarkeit durch die Erde und durch die Frau, siegreich über die Vernichtung, für jedes neue Kind neue Lebensmittel schaffend, liebend, wollend, kämpfend, arbeitend unter Leiden, unaufhörlich zu neuem Leben, neuer Hoffnung fortschreitend.
     
     

Fünftes Buch

1
    Das Leben in der Fabrik kam unter der großen Trauer langsam wieder in Gang. Vernichtet von dem furchtbaren Schlage, der ihn betroffen hatte, ging Beauchêne nicht mehr fort, blieb die ersten Wochen stets in seinem Hause, wie ausgelöscht, ohne Verlangen. Er schien gebessert, log nicht mehr, schützte keine seiner ewigen Geschäftsreisen vor, um außer dem Hause seinen unmäßigen Gelüsten nach Weibern zu frönen, die mit dem Alter nur um so stärker und gieriger bei ihm aufgetreten waren. Er hatte sich wieder der Arbeit zugewendet, befaßte sich mit seinen Geschäften, ging wieder jeden Morgen in die Werkstätten,

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