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Fruehling

Fruehling

Titel: Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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Innersten verwandt und nahe fühlen. Und das ist nötig. Es ist nötig und dahin wird nach und nach unsere Entwicklung gehen –, daß uns nichts Fremdes widerfahre, sondern nur das, was uns seit lange gehört. Man hat schon so viele Bewegungs-Begriffe umdenken müssen,
man wird auch allmählich erkennen lernen, daß das, was wir Schicksal nennen, aus den Menschen heraustritt, nicht von außen her in sie hinein.
    Briefe I (Franz Xaver Kappus, 12. 8. 1904), 97-99
    E s ist die eine, immer wieder bestätigte Erfahrung, zu der ich langsam vorgeschritten bin nach einer bangen vielverzagenden Kindheit, daß die wirklichen Fortschritte meines Lebens gewaltsam nicht heraufbewegt werden können, daß sie lautlos eintreten und daß ich an ihnen beschäftigt bin, wenn ich still und inständig an den Dingen arbeite, die ich im tiefsten Sinne als meine Aufgaben erkannt habe.
    Heydt (21. 2. 1907), 116
    A ber nach alledem und nach gewissen bangen und tiefen Ereignissen, die alles was war eigenthümlich verknüpft und gedeutet haben, müßte, muß eine Zeit für mich kommen, mit meinem Erleben allein zu sein, ihm zu gehören, es umzubilden: denn schon drückt mich all das Unverwandelte und verwirrt mich; es war nur ein Ausdruck für diesen Zustand, daß ich mich mehr als je sehnte, diesen Frühling, der an alles heranreichte und rührte, wie einen Beruf auf mich zu nehmen: denn er wäre zum äußersten Anlaß für so vieles geworden, was nur auf einen Anstoß wartet. Ich glaube nicht, daß ich mich täusche, wenn ich meine, daß mein Alter (ich werde in diesem Jahr einunddreißig) und alle anderen Umstände dafür sprechen, daß ich, falls ich mich jetzt zu meinen nächsten Fortschritten zusammenfassen dürfte, ein paar Arbeiten zu stande bringen könnte, die gut wären, mir innerlich weiterhelfen und vielleicht auch äußerlich eine Sicherung meines Lebens anbahnen könnten, die durch die
bisherigen Bücher nicht gegeben, aber doch gleichsam für später nicht ganz abgesprochen ist.
    Heydt (18. 4. 1906), 59
    D u darfst nicht warten, bis Gott zu dir geht
und sagt: Ich bin.
    Ein Gott, der seine Stärke eingesteht,
hat keinen Sinn.
    Da mußt du wissen, daß dich Gott durchweht
seit Anbeginn,
    und wenn dein Herz dir glüht und nichts verrät,
dann schafft er drin.
    Werke I , 200
    I ch lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
    Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.
    Werke I , 253
    DER ÖLBAUM-GARTEN
    E r ging hinauf unter dem grauen Laub
ganz grau und aufgelöst im Ölgelände
und legte seine Stirne voller Staub
tief in das Staubigsein der heißen Hände.
    Nach allem dies. Und dieses war der Schluß.
Jetzt soll ich gehen, während ich erblinde,
und warum willst Du, daß ich sagen muß
Du seist, wenn ich Dich selber nicht mehr finde.
    Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein.
Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein.
Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein.
    Ich bin allein mit aller Menschen Gram,
den ich durch Dich zu lindern unternahm,
der Du nicht bist. O namenlose Scham …
    Später erzählte man: ein Engel kam –.
    Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht
und blätterte gleichgültig in den Bäumen.
Die Jünger rührten sich in ihren Träumen.
Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht.
    Die Nacht, die kam, war keine ungemeine;
so gehen hunderte vorbei.
Da schlafen Hunde und da liegen Steine.
Ach eine traurige, ach irgendeine,
die wartet, bis es wieder Morgen sei.
    Denn Engel kommen nicht zu solchen Betern,
und Nächte werden nicht um solche groß.
Die Sich-Verlierenden läßt alles los,
und sie sind preisgegeben von den Vätern
und ausgeschlossen aus der Mütter Schooß.
    Werke I , 492-494
    VOR DER PASSION
    O hast du dies gewollt, du hättest nicht
durch eines Weibes Leib entspringen dürfen:
Heilande muß man in den Bergen schürfen,
wo man das Harte aus dem Harten bricht.
    Tut dirs nicht selber leid, dein liebes Tal
so zu verwüsten? Siehe meine Schwäche;
ich habe nichts als Milch- und Tränenbäche,
und du warst immer in der Überzahl.
    Mit solchem Aufwand wardst du mir verheißen.
Was tratst du nicht gleich wild aus mir hinaus?
Wenn du nur Tiger brauchst, dich zu zerreißen,
warum erzog man mich im Frauenhaus,
    ein weiches reines Kleid für dich zu weben,
darin nicht

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