Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
unbedeutend sie war. Bei euch merkt man davon allerdings nicht das Geringste.“
„Es war ja auch nichts Besonderes“, sagte Arrow schmunzelnd. „Eben nur die Unerfahrenheit einer jungen Dame. Obwohl ich manchmal von dem Gedanken überrascht werde, dass ich ihn unter anderen Umständen vielleicht doch geheiratet hätte.“
„Aha. Und welche Umstände waren es, die dich seinerzeit davon abgehalten haben?“
Wie vor den Kopf gestoßen blieb Arrow stehen. „Das weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr.“
Harold war beruhigt. Jetzt hatte Arrow etwas Anderes, über das sie grübeln konnte. Er hatte es geschafft, William von der Bildfläche verschwinden zu lassen – vorerst zumindest. Es würde ihm und Arrow etwas Zeit verschaffen. William war von dieser Tatsache mit Sicherheit nicht sehr angetan. Doch wen interessierte das schon? Harold verschaffte Williams Abneigung ihm gegenüber gewisse Vorteile, denn William konnte gegen ihn nichts ausrichten. Inzwischen wirkte er ohnehin nicht mehr besonders glaubhaft. Ein Angriff auf Harold würde seine ganze Arbeit zunichte machen und das wiederum würde ihn den Kopf kosten. Dabei war er mittlerweile längst nicht mehr so ausgeglichen, wie es von Außen den Anschein hatte. Sein Hunger wurde größer und wuchs mit jedem Atemzug, den Arrow machte. Inzwischen musste er furchtbare Qualen erleiden. Denn Arrows Wesen duftete köstlich. Die ganze Luft war davon erfüllt. Aber natürlich konnte das nur einer Muse auffallen. Jeder andere Begleiter würde mit Sicherheit darauf bestehen, dass ein ausgedehntes Bad für sie längst überfällig war.
Plötzlich blieb William stehen und hielt inne. „Frostriesen“, flüsterte er unheilvoll.
Harold hob den Kopf, als würde er lauschen. Anschließend wandte er sich hastig zu Arrow um. „Er sagt die Wahrheit. Sie sind uns auf den Fersen. Du musst sofort von hier verschwinden.“
„Verschwinden?“, fragte Arrow angsterfüllt. „Aber wo soll ich denn hin?“
„Das ist egal! Hauptsache du fällst ihnen nicht in die Hände.“ Harold packte Arrow am Handgelenk und zerrte sie zum Fenriswolf. „Mit ihm hast du eine Chance“, sagte er ungeduldig und half Arrow auf den Rücken des gewaltigen Wolfes.
Panisch musterte Arrow ihn. „Was ist mit den Irrlichtern?“
„Sorge dich nicht darum. Sie werden dich finden. Irrlichter und Musen verlieren ihr Ziel niemals aus den Augen.“
Erschrocken und flehend zugleich versuchte Arrow, Harolds Blick zu ergründen. „Soll das heißen, dass ihr mich nicht begleiten werdet?“
„Die Dinge haben sich geändert“, entgegnete er. „Inzwischen wissen sie, dass wir deine Verbündeten sind. Wir können dich nicht mehr verstecken, wenn du mit uns kommst. Deshalb müssen wir es zu unserem Vorteil nutzen und sie auf eine falsche Fährte locken. Gib mir etwas von dir.“
Ohne lange überlegen zu müssen, griff Arrow nach ihrem Medaillon und reichte es Harold.
William hingegen schnappte sich eine von Arrows Haarsträhnen und trennte sie im Handumdrehen mit Arrows Messer ab. „Jetzt gehört sie mir“, flüsterte er ihr mit verträumtem Blick zu, während er ihr das Messer zurückgab. „Und ich werde sie auch nicht wieder hergeben.“
Arrows Herz schlug so heftig, dass sie für einen Moment das Atmen vergaß und sich am liebsten in Williams Augen verloren hätte.
Harold hingegen empfand diese Situation dermaßen erdrückend, dass er William am liebsten Arrows Messer in sein Herz gerammt hätte. „Hör mir zu!“, brüllte er Arrow an, um endlich ihre Aufmerksamkeit zu erhalten. Überraschenderweise funktionierte es, und während William sich bereits entfernte, beschwor Harold Arrow, seinen folgenden Worten besonders konzentriert zu folgen.
„Was ich dir jetzt sage, ist überaus wichtig. Du darfst es unter gar keinen Umständen vergessen. Solltest du die Welt des Chaos erreichen, bevor wir wieder zueinander finden, darfst du keine Zeit verlieren. Sie arbeitet längst schon gegen dich, denn Keylam hast du bereits vergessen, und du weißt, was das bedeutet?“
Ängstlich nickte Arrow ihm zu. „Vergessen heißt sterben.“
„Wenn du die Schwelle zur Welt hinter den Welten erreichst, musst du anwenden, was der Gnom dich in der Weltenbibliothek gelehrt hat. Kontrolliere deine Gedanken, denn im Chaos werden sie lebendig! Was auch immer in deinem Kopf geschieht, wird sich dort auch vor deinen Augen abspielen. Du darfst dem, was du siehst, auf keinen Fall trauen, denn dann verlierst du den Überblick
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