Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Hand, deren Arm aus der Dunkelheit auftauchte.“
Mit aller Kraft drückte Arrow beide Hände auf ihre Ohren. „Könnt ihr bitte still sein?“, flüsterte sie gepeinigt. „Mein Kopf explodiert gleich.“
Neve, die sich alle Mühe gab, die kleine Juna in ihren Armen ruhig zu stellen, verließ angespannt die Bibliothek.
Anne durchwühlte die Taschen ihrer Strickjacke und holte eine kleine Phiole hervor. „Trink das“, flüsterte sie Arrow zu. Nachdem ihre Enkelin der Aufforderung nachgekommen war, wurde ihr schwindelig.
Behutsam nahm Dewayne sie hoch und trug sie anschließend in das Turmzimmer.
Vorsichtig legte er sie auf das Bett, wo sie angestrengt ihre Schläfen massierte.
„Wird es schon besser?“, fragte der Elf.
„Ich weiß nicht“, antwortete Arrow gequält. „Gerade eben hat es sich noch so angefühlt, als würde der Schmerz abklingen, aber jetzt wird es wieder schlimmer.“
„Versuche bitte, ruhig liegen zu bleiben“, forderte Dewayne sie auf und drückte ihre Arme nach unten. Dann strich er ihr mit beinah beschwörenden Bewegungen über die Stirn.
Unbewusst grob schlug Arrow die Hand des Elfen beiseite. „Es wird nicht besser“, stammelte sie. „Und der Geruch ist unerträglich.“
Nicht begreifend, was ihm seine Schwester damit sagen wollte, musterte er sie hilflos. Dann sah er sich im Zimmer um, und sofort fiel sein Blick auf die Schneeglöckchen. Noch im gleichen Moment entspannte sich Arrow sich und lag ruhig auf dem Bett. „Es ist weg“, murmelte sie verblüfft. „Als wäre nie etwas gewesen.“
Mit dem kleinen Töpfchen in der Hand wandte Dewayne sich ihr zu. „Woher hast du die?“, fragte er eindringlich, und ohne weitere Worte verlieren zu müssen wusste Arrow sofort, was ihrem Bruder gerade durch den Kopf ging.
Schneeglöckchen
Was Anne in dem Moment, da sie die Schneeglöckchen erblickte, durch den Kopf ging, konnte Arrow nur erahnen. Resignierend sank die alte Frau in ihren Sessel zurück, als wäre etwas eingetroffen, das sie längst schon befürchtet hatte. „Und du bist dir wirklich sicher, dass die von Keylam sind?“, fragte sie argwöhnisch.
Schweigend holte Arrow Keylams Brief, den sie neben den Blumen gefunden und seitdem wie einen Schatz gehütet hatte, aus ihrer Tasche und reichte ihn Anne. Diese überflog die Zeilen mehrere Male und starrte anschließend nicht zu deutende Löcher in die Luft.
Als die Spannung beinahe unerträglich wurde, sagte Arrow: „So lange haben die Schneeglöckchen noch nie geblüht. Und auch sonst haben sie ihre Blüten immer sofort geschlossen, sobald Keylam eingeschlafen war. Diese hier sehen allerdings noch genauso aus, wie ich sie vor einigen Tagen vorgefunden habe. Selbst in der Zwischenzeit haben sie sich kein einziges Mal verändert.“
Anne erwiderte nichts. Als sie sich aus ihrem Sessel erhob und wortlos zu den Bücherregalen ging, wurde die Situation sogar noch drückender. Ein Blick auf die unteren Titel hatte ihr offenbar verraten, dass sie zwei Treppen höher fündig werden könnte. Einen Moment lang war Adam um die Frage verlegen, ob er ihr helfen könne. Doch wie er mit der Zeit hatte lernen müssen, war die alte Frau sehr eigenwillig und scheute keine Bitte um Hilfe – sofern diese denn auch erforderlich war.
Die Minuten vergingen, und während Anne ein Buch nach dem anderen aus den Regalen holte, durchblätterte und anschließend wieder zurückstellte, ruhten die Blicke vieler schweigender Personen auf ihr. Plötzlich erhellte sich ihr Gesicht. „Fang!“, rief sie und warf es Arrow zu.
Von dem kräftigen Wurf überrumpelt, konnte Arrow das Buch gerade noch so fangen. Um Haaresbreite wäre es ihr aus der Hand geglitten. Obwohl sie schon lange um Annes besondere Rolle in dieser Welt wusste, verblüffte es sie dennoch jedes Mal wieder, daran erinnert zu werden. Für Arrow passten die äußerliche Erscheinung einer alten Frau und die innere Kraft eines Riesen einfach nicht zusammen. Bei den Zwergen verhielt es sich wiederum ganz anders. Mit deren kleiner Statur und den gewaltigen Mächten konnte sie sich gut anfreunden. Aber vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass sie ihre Anne schon von klein auf kannte. Und da, wo sie aufgewachsen war, verhielten sich Leute in dem Alter einfach anders.
Da Arrow noch immer nicht imstande war, sich aus ihrer Verwunderung zu lösen, las Dewayne den Titel des Buches vor: „Persephone.“ Anschließend fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen: „Ist das eine Frage auf
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