Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
irgendwelche Ungereimtheiten oder eher eine Antwort?“
„Es ist eine Möglichkeit“, entgegnete die alte Frau und ließ sich wieder in ihren Sessel sinken.
Inzwischen hatte Arrow das Buch grob durchgeblättert und den Wink nach dem Überfliegen der ersten Seiten verstanden. „Kore!“, rief sie erfreut.
Anne nickte. „Einst wurde sie so genannt.“
Lächelnd strich Arrow über den Buchdeckel. „Deshalb habe ich nichts weiter über sie gefunden. Persephone und Kore sind ein und dieselbe Person.“
„Persephone war nicht einfach nur eine Person“, warf Anne belehrend ein. „Vom Augenblick ihrer Geburt an war sie ein außergewöhnliches Kind. Nicht umsonst ist Hades seinerzeit aus der Unterwelt empor gestiegen. Einfach nur irgendeiner Frau wegen wäre er niemals so weit gegangen. Und vor Kores Existenz hat er nie auch nur einen Gedanken an die Liebe verschwendet, ganz zu schweigen davon, dass er niemals auf der Oberfläche danach gesucht hätte.“
Arrow sah fragend in die Runde. „Soll das bedeuten, dass es einen Weg aus der Unterwelt gibt?“
Anne nickte. „Vor allem aber bedeutet es, dass es auch einen Weg in die Unterwelt gibt, und dieser beinhaltet nicht zwingend den Tod.“
Arrows Kopf wurde von Gedanken überschwemmt. Nachdenklich begab sie sich zum Sekretär und begann in dem Buch zu lesen.“
„Das ist absurd“, kommentierte Dewayne verächtlich Annes Theorie. „Es gibt keinerlei Beweise, dass die Geschichten von Hades und Persephone wahr sind. Genauso gut könnte man auch dem Traum vom Schlaraffenland hinterher jagen. Es ist ein Märchen, sonst nichts.“
Hochmütig funkelte Anne den Elf an. „Genau wie die Geschichten über Drachen und Elfen?“, entgegnete sie auf seine Zweifel.
Nachdem Neve wieder zurückgekehrt war, strich sie Ardor sanft über den Kopf. Der Drache döste gern neben dem Kamin und spie gelegentlich etwas Feuer hinein, damit es nicht erlosch. Bei Neves Streicheleinheiten brummte er gemütlich.
Nachdenklich legte Arrow das Buch zur Seite. „Aus welchem Grund erzählst du uns das eigentlich alles?“, fragte sie Anne argwöhnisch. „Welchen Sinn sollte eine Reise in die Unterwelt machen?“
Anne antwortete nicht sofort. Ihre Vermutung mochte nicht unbegründet sein, doch die Tatsache, dass sie vor allem grausam war, machte es ihr schwer, sie auszusprechen.
„Ich halte es nicht länger für ausgeschlossen, dass Keylam und Urban einem Verbrechen zum Opfer gefallen sind. Das mit den Schneeglöckchen ist kein Zufall, sondern ein Zeichen. Und wir sollten herausfinden, was es damit auf sich hat. Aber vermutlich werden wir die Antworten auf unsere Fragen nur im Reich der Toten finden.“
Arrow zuckte zusammen. Ein Verbrechen? Wer würde so etwas tun? Aber die Überlegung, wer es nicht tun würde, würde mit Sicherheit weniger Zeit in Anspruch nehmen.
„Und jetzt sollen wir nach einer Möglichkeit suchen, wie man in die Unterwelt gelangt?“, entgegnete Dewaye schroff. „Welchen Nutzen sollte das haben? Und welchem Zweck dient es, Arrow schon wieder eine solche Bürde aufzuerlegen? Hat sie in den letzten Tagen nicht genug durchgemacht?“
„Das reicht!“, fuhr Anne ihn an. „Nichts liegt mir ferner, als sie zusätzlich zu belasten. Doch hier geht irgendetwas vor sich, das vermutlich nicht nur Keylam aus dem Weg schaffen sollte. Wäre es nicht an dem, hätte es den Zwischenfall mit der Traumreise sicher nicht gegeben. Niemand legt sich grundlos mir einem Elfenkönig an. Und es hätte dich nicht ins Wanken bringen können, wenn es nur ein Hirngespinst oder ein Laienzauber gewesen wäre.“
„Das sind doch alles nur Spekulationen!“, erwiderte Dewayne aufgebracht. „Einerseits möchtest du Arrow vor allem Möglichen beschützen, doch auf der anderen Seite mutest du ihr die Last eines solchen Verdachts zu?“
Zwischen ihm und Anne entbrannte ein erbitterter Streit, doch Arrow war mittlerweile so sehr in das Buch über Persephone vertieft, dass sie davon kaum noch etwas mitbekam. Jede noch so winzige Information sog sie in sich auf. Bis in die frühen Morgenstunden hatte sie mehrere Büchertürme auf dem Sekretär angehäuft, die sie jedoch wenig zufrieden gestellt hatten. Mit ihrem krausen Haar und den müden Augen wirkte sie wie ein Nachtgespenst.
Abwesend wollte sie noch etwas von dem Tee, welchen Sally ihr vor dem Schlafengehen zubereitet hatte, nachschenken, doch die Kanne war bereits leer.
Unbeeindruckt schlurfte sie durch die Gänge und setzte neues
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