Frühlingsgefühle X3 (Mit Senta durch die Jahreszeiten)
Senta. Ihr kam es so vor, als hätte er sie bereits erwartet, der alte Stinkstiefel. Sie verschaffte sich schnell einen Überblick.
Geändert hatte sich an seinen Gewohnheiten anscheinend wenig. Lothar legte genau wie früher seine Uhr, die Geldbörse und sein Handy in Griffweite ab. Ohne lange Vorrede griff sie sich seine Börse, klappte sie auf und entnahm ihr eine EC-Karte. So verfuhr sie auch mit dem Papiergeld, das im Fach daneben steckte.
»Fünfhundert Euro. Ich fass es nicht«, zischte sie, blass vor Wut.
Lothar saß auf dem Bettrand. Zuerst hatte es den Anschein, als wolle er protestieren, aber dann begnügte er sich damit, ein beleidigtes Gesicht zu ziehen. Er wusste genau, was Sache war, das war offensichtlich.
»Möchtest du mir etwas dazu sagen?«
Senta warf ihm den leeren Geldbeutel vor die Füße.
»Das hat doch sicher schon deine Tochter erledigt«, höhnte Lothar. »Was soll ich also noch sagen? Du würdest mir doch sowieso nicht glauben.«
»Was soll ich dir denn glauben, lieber Lothar?«
In Sentas Stimme konnte man Eis klirren hören.
»Dass du deine alten Gewohnheiten nicht aufgeben willst oder kannst«?
Er machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand, stand vom Bett auf und schlüpfte wortlos in seine Schuhe. Nun, wer spielte, musste auch einkalkulieren, dass er verlor. Es war wohl besser, wenn er erst einmal das Feld räumte, bis sich die Gemüter wieder beruhigt hatten. Ohne weitere Erklärung drängte er sich an Senta vorbei, schnappte sich seine gepackte Tasche, raffte Handy, Autoschlüssel und Uhr an sich und verschwand im Flur. Minuten später hörte man, wie ein Auto vom Hof fuhr.
Senta stand da wie erstarrt, unfähig, auch nur einen Schritt zu tun. So stand sie auch noch, als Sam auftauchte.
»Was 'n los, Mum?«, nuschelte er.
Senta hob langsam den Kopf und sah ihren Sohn lange und prüfend an. Wusste er, was sein Vater sich erlaubt hatte, oder war er wirklich so ahnungslos, wie er tat? Senta klärte ihn mit kurzen Worten auf. Sam erweckte zwar nicht den Eindruck, als sei er überrascht, aber das musste bei ihm wenig heißen.
»Ich habe dir ja immer gesagt, dass er ein Idiot ist!«, erklärte er. »Sei froh, dass du ihn los bist.«
Er sah seine Mutter mit einem undeutbaren Blick an.
»Ach übrigens, Mum.« Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr. Irgendwie schien er sich nicht wohlzufühlen, bei dem, was er sagen wollte. »Du weißt doch, dass in drei Tagen Silvester ist!« Er grinste schief. »Tja, und dass ich da immer mit meinen Kumpels zum Skilaufen fahre«.
Jetzt war die Katze aus dem Sack. Senta wusste genau, was nun kommen würde.
»Tja, ich kann euch doch alleine lassen? Dir geht’s ja wieder gut, nicht wahr?«
Da war es wieder, dieses blöde Grinsen, das dem Lothars so erschreckend ähnelte.
Es war aber auch ungerecht. Jetzt hatte ihm sein Alter auch noch den Schwarzen Peter zugeschoben. Obwohl Senta nicht gerade zum Lachen war, musste sie dennoch schmunzeln. Die Typen waren so berechenbar.
»Fahr nur. Wir kommen schon zurecht. Notfalls haben wir ja den ollen Schmitz!«
»Das ist doch nicht dein Ernst? Du kannst den alten Geier doch nicht riechen, oder habe ich da etwas verpasst?«
»Na klar, er wird dein neuer Papa, hast du das nicht gewusst?«
Sam guckte erschrocken. Das war jetzt nicht sein Ernst!? Der konnte doch nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, dass sie und der schmierige Typ ..., nein oder?
»Ey, verarsch mich nicht, Mutter!«
Na also. Es war anscheinend noch nicht alles verloren! Sam verschwand in Richtung Wohnzimmer, wo er sein Domizil aufgeschlagen hatte. Nur wenig später erschien er mit seinem Bündel unterm Arm in der Küche, wohin Senta inzwischen gegangen war. Ihren Sohn plagte allem Anschein nach arg das Gewissen. Senta staunte. Der wurde doch nicht etwa langsam erwachsen?
Er druckste herum und es war ihm sichtlich unangenehm die Tür von außen zuzumachen.
»Grüß Lilly von mir, Mum. Ich wünsche euch einen guten Rutsch!«
Gegen seine Gewohnheit nahm er seine Mutter in den Arm und drückte sie kurz.
»Tschö dann!«
Hatte er Pipi in den Augen gehabt? Senta war sich nicht sicher. So schnell, als sei jemand hinter ihm her, war er draußen, zog die Tür ins Schloss und schon konnte man hören, wie er im Eiltempo die Treppe hinablief.
»Tschüss, mein Sohn«, murmelte Senta leise und wischte sich eine Träne aus den Augen.
Alone Again. Weit gefehlt!
S
ie waren wieder allein, eine Tatsache, die in ihrer derzeitigen
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