Frühlingsgefühle X3 (Mit Senta durch die Jahreszeiten)
schon einmal einen Kavalier traf, sollte man dankbar sein.
Sie ging vor ihm her, stieg die Treppe hinauf und erwartete ihn oben an der geöffneten Tür.
Man musste dem armen Mann zugutehalten, dass er nicht allzu viel sah, hinter seinem Korb. Er tat jedenfalls sein Bestes, um die Leckereien unbeschadet an die Frau zu bringen. Nur konnte er nicht mit Tico rechnen, der just in dem Moment die Treppe herunterstürmte, als er sich anschickte, die erste Stufe zu nehmen.
Senta hatte ihren Hund nicht gleich bemerkt und so musste sie hilflos mit ansehen, wie er den guten Herrn Blum über den Haufen rannte. Es blieb noch nicht einmal die Zeit für eine Warnung.
»Huch!«, quiekte Blümchen und der Korb flog in hohem Bogen die Treppe hinauf. Senta stand da wie angewurzelt und harrte der Dinge, die noch kommen würden. Das war neu! Von Geschenkkorbweitwurf hatte sie bislang noch nichts gehört. Mit einem Knirschen landete das Riesenteil vor ihren Füßen. Alle Achtung, das war eine Leistung, die ihresgleichen suchte.
Unten saß Ben Blum auf dem Hosenboden und besah sich verdattert die Bescherung.
Tico schleckte sein wehrloses Opfer genüsslich ab, bis von oben ein energisches »Stop!«, seinem schamlosen Treiben ein jähes Ende bereitete.
Es war einer dieser Momente, in denen man wirklich liebevolle Teilnahme zeigen sollte. Doch Senta wollte dies einfach nicht gelingen. Verzweifelt versuchte sie, ihrer aufkommenden Heiterkeit Herr zu werden. Ihre Mundwinkel zuckten verräterisch.
Ihr: »Oh, Herr Blum, das tut mir so leid. Haben sie sich wehgetan?«, klang nicht besonders überzeugend.
»Ach was. Es ist nichts passiert!« Ben Blum schien es sportlich zu nehmen. Er hatte sich hochgewurstelt und klopfte sich resolut den Schnee von der Hose.
»Hoffentlich ist der Inhalt des Korbes noch heil!« Er grinste schief und kam die Treppe hoch, Tico im Schlepptau.
Senta sah den kleinen Rabauken streng an.
»Marsch ins Körbchen, junger Mann!«
Mit eingezogenem Schwanz machte sich der Gescholtene auf den Weg in die Verbannung. Er verstand die Welt nicht mehr.
»Seien sie nicht so streng mit ihm!« Blum zwinkerte Senta zu. »Da haben sie aber ein ganz schön munteres Kerlchen.«
Es war ohne jeden erkennbaren Sarkasmus vorgetragen und Senta wurde bei diesen Worten richtig warm ums Herz. Es kam selten vor, dass ihr geliebter Vierbeiner so unvoreingenommen behandelt wurde. Durch seine, milde ausgedrückt, etwas ruppige Art, erntete er meist nur Ablehnung.
»Nun, wie sieht es aus? Ist noch was heil geblieben?« Blum zeigte auf den etwas desolat aussehenden Korb. »Na, schaun wir mal nach.«
Er schnappte sich den Trümmer, hievte ihn stöhnend hoch und sah Senta erwartungsvoll an, die noch leicht neben der Spur war.
»Ach so, natürlich. Kommen sie, wir gehen in die Küche.«
Nachdem der Korb auf dem Tisch stand, wurde Senta erst einmal sein stattlicher Umfang so richtig bewusst. Das war ja ein halber Einkaufswagen, der da vor ihr stand. Ben Blum entfernte sachkundig die Folie, um sich den Schaden anzusehen, und stellte zu seiner Verwunderung fest, dass es keinen gab. Alles war unbeschadet geblieben. Er atmete hörbar auf.
»Da bin ich aber froh, Frau Weißenfels. Es ist nichts passiert, außer, dass der Korb etwas abbekommen hat und das ist nun wirklich nicht so schlimm.«
Er sah Senta Beifalls heischend an. Die stand da und war einfach nur sprachlos. Diese ganzen Leckereien. Es war nicht zu fassen, was sich dem geneigten Auge darbot. Kaviar, Räucherlachs, eingelegte Heringsspezialitäten, geräucherte Würste, Wurstkonserven, Butter, Honig, Marmelade, Schokolade, Pralinen, jede Sorte Obst, Käse, Pasta, Pesto, Säfte, Prosecco, Kaffee, sogar zwei Baguettes, Landbrot und vieles mehr, das sich noch in den Tiefen des Korbes verbarg. So, wie es aussah, war sie gerade in den Genuss eines verspäteten Weihnachtswunders gekommen. Ihre Versorgung war damit gesichert.
»Ach so!« Der Überbringer dieser Köstlichkeiten und zugleich ihr Retter, wie es aussah, fingerte ein Kuvert aus der Innentasche seiner Jacke und reichte es Senta.
Er musterte sie schweigend und schien darauf zu warten, dass sie den Umschlag öffnete. Senta war verunsichert. Der wusste doch sicher, wer der Auftraggeber war, warum sah er sie dann so abwartend an? Senta beschloss, den Umschlag erst zu öffnen, wenn Ben Blum ihre heiligen Hallen verlassen hatte.
»Trinken sie eine Tasse Kaffee mit mir, Herr Blum?«
»Liebend gerne!«
Der gute Mann war hocherfreut
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