Frühstück bei Tiffany
ein englischer Anzug und erfrischende Eau de Cologne beigegeben, sowie, noch weniger südamerikanisch, ein schüchternes Benehmen. Das zweite Ereignis des Tages hing wiederum mit ihm zusammen. Es war gegen Abend, und ich sah ihn, als ich zum Essen ausging. Er kam in einer Taxe angefahren, der Chauffeur half ihm beim schwankenden Hereintragen einer Kofferlast. Das gab mir etwas, an dem ich kauen konnte - bis zum Sonntag waren mir die Kiefer schon ziemlich müde.
Dann wurde das Gemälde gleichzeitig dunkler und lichter.
Sonntag war ein Altweibersommertag, die Sonne kräftig, mein Fenster offen, und ich hörte Stimmen auf der Feuertreppe. Holly und Mag saßen langgestreckt auf einer Decke, zwischen sich den Kater. Ihre frischgewaschenen Haare hingen strähnig herunter. Sie waren beschäftigt, Holly damit, sich die Zehennägel zu färben, Mag an einem Pullover strickend. Mag war dabei, zu reden.
«Wenn du mich fragst, ich finde, du hast G-Glück. Eines wenigstens spricht für Rusty. Er ist Amerikaner.»
«Na großartig!»
«Mädchen! Wir haben Krieg!»
«Und wenn der vorbei ist, habt ihr mich zum letztenmal gesehen - puh.»
«So empfinde ich nicht. Ich bin stolz auf mein Land. Die M-Männer in meiner Familie waren glänzende Soldaten. Es gibt ein Standbild von Vatersvater Wildwood, mitten auf dem Marktplatz in Wildwood.»
«Fred ist Soldat», sagte Holly. «Aber ich bezweifle, daß er jemals ein Standbild sein wird. Könnte sein. Es heißt, je blöder einer ist, um so tapferer. Er ist ziemlich blöde.»
«Fred ist der Bursche von oben? Ich habe gar nicht gemerkt, daß der Soldat ist. Aber aussehen tut er blöd.»
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«Verlangend. Nicht blöde.
Er möchte schrecklich gern in sich drin sein und nach außen schauen –
jeder, der so die Nase gegen eine Scheibe preßt, ist in Gefahr, blöd auszuschauen.
Auf jeden Fall ist das ein anderer Fred. Fred ist mein Bruder.»
«Du nennst dein eigen F-F-Fleisch und B-B-Blut blöde?»
«Wenn er's ist, ist er's.»
«Also, es ist geschmacklos, so etwas zu sagen. Ein Junge, der für dich und mich und uns alle kämpft.»
«Was ist das - Aufruf bei einer Massenversammlung?»
«Du sollst nur wissen, wie ich eingestellt bin. Ich verstehe Spaß, aber im Grunde genommen bin ich eine ernsthafte P-P-Person. Stolz darauf, Amerikanerin zu sein. Deshalb bedaure ich das so mit Jose.» Sie ließ ihre Stricknadeln sinken. «Du findest doch auch, daß er schrecklich gut aussieht, nicht wahr?» Holly sagte Hmm und fuhr mit ihrem Nagellackpinsel rasch einmal über die Barthaare des Katers. «Wenn ich mich nur an den Gedanken gewöhnen könnte, einen Brasilianer zu h-hheiraten. Und selber dann B-B-Brasilianerin zu sein. Solch ein Abgrund, über den man 'rüber muß. Sechstausend Meilen und nicht einmal die Sprache kennen -»
«Geh zu Berlitz.»
«Warum in aller Welt sollten die P-p-portugiesisch lehren? Als ob das irgendeiner spräche. Nein, meine einzige Chance ist, daß ich versuchen muß, Jose die Politik vergessen zu machen und ihn Amerikaner werden zu lassen. Es ist doch für einen Mann eine derart sinnlose Sache - P-PPräsident von Brasilien werden zu wollen.» Sie seufzte und nahm ihr Strickzeug wieder auf.
«Er muß wahnsinnig verliebt sein. Du hast uns ja zusammen gesehen. Findest du, daß ich wahnsinnig verliebt bin?»
«Hmm. Beißt er?»
Mag ließ eine Masche fallen. «Beißen?»
«Dich. Im Bett.»
«Also nein. Sollte er?» Dann setzte sie streng tadelnd hinzu: «Aber er lacht.»
«Gut, Das ist die richtige Einstellung. Ich mag Männer, die die Komik der Sache sehen, die meisten sind nur Gekeuche und Geschnaufe.»
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Mag zog ihre Anklage zurück; sie nahm diesen Kommentar als Schmeichelei, die auf sie zurückfiel. «Ja. Ich denke.»
«Schön. Er beißt nicht. Er lacht. Was noch?»
Mag hob ihre gefallene Masche auf und begann von neuem, rechts, links, links.
«Ich fragte -»
«Ich hab's gehört. Und es ist nicht so, daß ich es dir nicht erzählen wollte. Aber es ist so schwierig, sich daran zu erinnern. Ich d-d-denke nicht immerzu an solche Sachen. Wie du anscheinend. Das geht weg aus meinem Kopf wie ein Traum. Ich bin sicher, das ist der normale Zustand.»
«Es mag normal sein, Herzchen, aber da bin ich lieber natürlich» Holly machte eine Pause in der Tätigkeit, den Rest des Katerbarts rot anzumalen. «Hör zu. Wenn du dich nicht erinnern kannst, versuch doch mal das Licht anzulassen.»
«Bitte, versteh mich, Holly. Ich bin ein sehr, sehr moralischer
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