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Frühstück bei Tiffany

Frühstück bei Tiffany

Titel: Frühstück bei Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Truman Capote
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spielt.
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    Inzwischen habe ich ihn auf dem Halse, was ganz in Ordnung ist; er ist harmlos, er denkt buchstäblich, daß Mädchen nichts als Puppen sind.»
    «Gott sei Dank.»
    «Na, wenn das bei den meisten Männern stimmte, würde ich kaum Gott danken.»
    «Ich meinte Gott sei Dank, daß Sie Mr. Trawler nicht heiraten werden.»
    Sie zog eine Braue hoch. «Übrigens gebe ich durchaus nicht vor, etwa nicht zu wissen, daß er reich ist. Und selbst Land in Mexiko kostet etwas. Jetzt», sagte sie und bedeutete mir, voranzugehen, «wollen wir O.J. zu packen kriegen. »
    Ich hielt sie zurück, während mein Hirn sich abmühte, einen Aufschub zu gewinnen. Dann fiel mir ein: «Warum auf Reisen?»
    «Auf meiner Visitenkarte?» sagte sie, aus dem Konzept gebracht. «Finden Sie das komisch?»
    «Nicht komisch. Nur aufreizend.»
    Sie zuckte die Achseln. «Wie soll ich schließlich wissen, wo ich morgen leben werde? Also habe ich ihnen eben gesagt, sie sollten Auf Reisen draufsetzen. Jedenfalls war es eine Geldverschwendung, diese Karten zu bestellen. Nur hatte ich das Gefühl, ich schuldete es ihnen, doch ein bißchen Irgendetwas zu kaufen. Sie sind von Tiffany.» Sie griff nach meinem Martini, den ich nicht angerührt hatte, kippte ihn in zwei großen Schlucken und nahm meine Hand. »Nicht mehr länger drücken. Sie werden jetzt Freundschaft schließen mit O. J.»
    Ein Vorfall an der Tür kam dazwischen. Es war eine junge Frau, die eintrat wie ein Wirbelwind, eine Bö aus Schalenden und klingelndem Gold. «H-H- Holly», stotterte sie mit dräuendem Zeigefinger im Hereinkommen, «du elender G-G-Geizkragen! M-Mußt du denn all diese hochinteressanten Männer für dich allein mit B-Beschlag belegen! »
    Sie war gut über einsachtzig groß, überragte die meisten der anwesenden Männer. Die reckten die Rücken gerade und zogen ihre Bäuche ein: es gab einen allgemeinen Wettbewerb, ihrer schwankenden Höhe gleichzukommen.
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    Holly sagte: «Was machst du denn hier?» und ihre Lippen waren straffgespannt wie eine Saite.
    «Aber g-g-gar nichts, Süßes. Ich war oben, mit Yunioshi gearbeitet. Weihnachtszeug für den Ba-Ba-Bazar. Aber du scheinst verärgert, Süßes?» Sie verstreute ein Lächeln in der Runde. «Ihr J-Jungens seid doch nicht böse mit mir, daß ich so in eure GG-Gesellschaft eingebrochen bin?»
    Rusty Trawler kicherte. Er quetschte ihren Arm, als wolle er ihre Muskeln bewundern, und fragte sie, ob sie einen Drink brauchen könne.
    «Sicher kann ich», sagte sie. «Nehmen Sie Whisky für meinen.» Holly erklärte ihr: «Es ist keiner da.» Worauf der Luftwaffenoberst vorschlug, er wolle gehen und eine Flasche holen.
    «Ach, ich sage euch, m-m-acht doch keine Umstände. Ich bin glücklich mit Salmiakgeist. Holly, Liebchen», meinte sie, und schob sie leicht beiseite, »kümmer dich nicht um mich. Ich kann mich selber bekanntmachen.» Sie beugte sich zu O. J. Berman nieder, der, wie viele kurzgeratene Männer in Gegenwart hochgewachsener Frauen, einen sehnsüchtig verschleierten Blick bekommen hatte. «Ich bin Mag W-Wildwood aus W-Wildwood, Arkansas. Lauter Berge dort.»
    Es schien ein Tanz, den Berman mit allerhand kunstvollem Herumgetrippele ausführte, um seine Rivalen auszuschalten. Er verlor sie an eine Quadrille-Gruppe, die ihre gestotterten Witzeleien gierig aufpickte wie Mais, den man Tauben zugeworfen hat. Es war ein begreiflicher Erfolg. Es war ein Sieg über Häßlichkeit, oft verführerischer als wirkliche Schönheit, und sei es allein um des Paradoxes willen. In diesem Falle, genau entgegengesetzt der sorgfältigen Methode des guten Geschmacks und des erklügelten äußeren Aufputzes, war der Kniff angewandt worden, Unvollkommenheiten zu übertreiben; sie hatte sich mit ihnen geschmückt, indem sie sie tapfer zugab. Absätze, die ihre Länge unterstrichen, so steil, daß ihre Knöchel wackelten; ein flaches, enganliegendes Kleidoberteil, das deutlich zeigte, sie würde ruhig in einer Badehose an den Strand gehen können; Haar, so straff zurückgezogen, daß es die Magerkeit, das Verhungerte ihres Photo-Mannequingesichtes hervorhob.
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    Selbst das Stottern - sicherlich echt, aber dennoch etwas dicker aufgetragen - war ausgenutzt worden. Es war das Meisterstück, dieses Stottern, denn es vermochte ihre Banalitäten irgendwie originell erscheinen zu lassen und diente überdies dazu, ungeachtet ihrer Länge, ihrer Sicherheit, in männlichen Zuhörern ein Beschützergefühl zu entfachen. Zur Illustrierung:

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