Frühstück bei Tiffany
Mensch.»
«Ach Quatsch. Was ist denn an einem ordentlichen Blick auf den Kerl, den du liebst, dabei? Männer sind was Hübsches, viele von ihnen sind es, Jose ist es, und wenn du ihn nicht einmal ansehen willst, möchte ich behaupten, daß er eine reichlich kalte Makkaronischüssel kriegt.»
-«D-d-dämpfe deine Stimme.»
«Du kannst unmöglich in ihn verliebt sein. So. Ist das die Antwort auf deine Frage?»
«Nein. Weil ich k-k-keine kalte Makkaronischüssel bin. Ich bin eine warmherzige Person, das ist der Grundzug meines Charakters.»
«Schön. Du hast ein warmes Herz. Aber wenn ich ein Mann auf dem Weg ins Bett wäre, würde ich lieber eine Wärmflasche mitnehmen. Das ist doch greifbarer.»
«Du wirst von Jose keinerlei Klagen hören», sagte sie selbstgefällig, wobei ihre Nadeln im Sonnenschein aufblitzten. «Mehr noch: ich liebe ihn doch. Ist dir klar, daß ich zehn Paar Socken in nicht ganz drei Monaten gestrickt habe? Und das hier ist der zweite Pullover.» Sie dehnte ihn und warf ihn zur Seite. «Was soll's jedoch? Pullover in Brasilien. Ich sollte lieber T-T-Tropenhelme machen.»
42
Holly legte sich zurück und gähnte. «Irgendwann muß doch Winter sein.»
«Es regnet, so viel weiß ich. Hitze. Regen. D-Dschungel.»
«Hitze. Dschungel. Wirklich, da möchte ich sein.»
«Du lieber als ich.»
«Ja», sagte Holly in schläfrigem Ton, der nicht schläfrig war. «Lieber als du.»
Am Montag, als ich wegen der Frühpost hinunterging, war die Karte an Hollys Briefkasten abgeändert, eine Name hinzugefügt - Miss Golightly und Miss Wildwood waren jetzt gemeinsam Auf Reisen. Dies hätte wohl mein Interesse etwas länger festgehalten ohne jenen Brief in meinem eigenen Kasten. Er kam von einer kleinen Universitätszeitschrift, deren Redaktion ich eine Geschichte eingeschickt hatte. Sie gefiel ihnen, und wenn ich auch verstehen müsse, daß sie sich kein Honorar leisten könnten, beabsichtigten sie doch, sie zu bringen. Sie bringen - das hieß drucken. Vor Aufregung schwindlig ist keine bloße Phrase. Ich mußte es jemand erzählen - und, zwei Stufen auf einmal nehmend, bummerte ich an Hollys Tür.
Ich traute meiner Stimme nicht zu, die Neuigkeit zu berichten sobald sie zur Tür kam, die Augen vom Schlafe schielend, streckte ich ihr den Brief entgegen. Es schien, als hätte sie Zeit gehabt, sechzig Seiten zu lesen, ehe sie ihn mir wieder zurückgab. «Ich würde ihnen das nicht erlauben; nicht, wenn sie Ihnen nichts zahlen wollen», sagte sie gähnend. Mein Gesicht erklärte wahrscheinlich, daß sie es falsch ausgelegt hatte, daß ich keinen Rat von ihr wollte, sondern Glückwünsche - ihr Mund wechselte vom Gähnen zum Lächeln. «Ach so. Das ist ja wunderbar. Also kommen Sie herein», sagte sie. «Machen wir uns einen Topf Kaffee und feiern. Nein. Ich werde mich anziehen und Sie zum Essen ausführen.»
Ihr Schlafzimmer war ihrem Wohnzimmer gemäß - es setzte die gleiche Zeltlager-Atmosphäre fort; Kisten und Koffer, alles gepackt und fertig zur Abreise wie die Habseligkeiten eines Verbrechers, der das Gesetz auf seinen Fersen spürt. Im Wohnzimmer waren keine üblichen Möbelstücke, aber das Schlafzimmer hatte das Bett an sich aufzuweisen, ein Doppelbett noch dazu, und erheblich prunkhaft - lichtes Holz und mit wattierter Seide bespannt.
43
Sie ließ die Tür zum Badezimmer offen und unterhielt sich von dorther; zwischen dem Gerausche und Gebürste war das meiste, was sie sagte, unverständlich, aber das Wesentliche davon war: sie nehme an, ich wisse, daß Mag Wildwood eingezogen sei, und sei dies nicht praktisch, denn wenn man schon mit jemand zusammenziehe und es sei keine Schwule, dann sei das Nächstbeste eine völlige Idiotin, was Mag ist, weil man ihr dann die Miete aufhalsen und sie mit der Wäsche schicken könne.
Man konnte sehen, daß Holly Wäscheprobleme hatte: der Raum war übersät, wie eine Mädchenturnhalle. «- und wissen Sie, daß sie als Modell recht erfolgreich ist, ist das nicht phantastisch? Aber auch gut», sagte sie und kam aus dem Badezimmer gehumpelt, weil sie ein Strumpfband festmachte. «Da sollten wir uns die meiste Zeit des Tages nicht in die Quere geraten. Und es dürfte nicht allzuviel Unannehmlichkeiten an der Männerfront geben. Sie ist verlobt. Netter Kerl obendrein. Wenngleich da ein winziger Größenunterschied besteht dreißig Zentimeter würde ich sagen, die sie mehr hat. Wo zum Teufel -» Sie lag auf den Knien und angelte unter ihrem Bett. Nachdem sie
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