Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
Überschwemmung betroffenen Bewohner der Küste mussten, wie die anderen Katrina-Flüchtlinge, weichen und gingen nach Texas oder Florida. Die wenigen, die blieben, betreuten die Tische fürs Würfelspiel, parkten die Autos der Gäste, tanzten in Tangaslips oder bewachten die Glücksspielautomaten in den neuen Plantagen, wo der grüne Filz dominierte.
Als fünf Jahre später die Bohrinsel explodierte, standen die Strände vor den Casinos ganz oben auf der Liste der Reinigungsarbeiten durch BP. Die Strände sehen wieder gut aus, aber baden sollte man besser nicht. Das ist eh nebensächlich: Zocker wollen nicht im Meer schwimmen, und ihre gelangweilten Frauen bräunen sich lieber am Pool.
Die 30 Filialen von Waffle House entlang der Küste, erbaut aus Backstein und so robust wie Bunker, hielten dem Hurrikan stand. Dadurch ist Biloxi heute eine strahlende Stadt mit überwiegend leerstehenden 20-stöckigen Glücksspielpalästen, zwischen denen immer mal wieder ein Waffle House steht. Im Waffle House neben dem Hyatt lernte ich die Pink-Pudel-Kellnerin kennen. Sie färbt sich die Haare pink und hat eine so starke Dauerwelle, dass sie aussieht wie ein Pudel. Sie erzählte mir, dass sie seit 30 Jahren im Waffle House arbeitet. Der beste Job in der ganzen Stadt, sagte sie mir.
Ich glaube ihr aufs Wort.
Es gibt verdammt gute Gründe, warum sich BP die Unterstützung der Wissenschaftler kaufte und unabhängige Experten wie Steiner von den Stränden fernhielt. Den Tatort durften sie nicht betreten.
Nach der Tankerkatastrophe der Exxon Valdez beauftragte die Regierung
Professor Steiner und andere Experten mit der Untersuchung der Schäden, die das Öl im Ökosystem von Alaska angerichtet hatte. Ihre Ergebnisse machten die sinnlosen Ausflüchte der Ölgesellschaften zunichte und durchdrangen ihre kläglichen Erklärungsversuche wie eine Harpune. Die verbesserten Sicherheitsvorkehrungen für Tanker auf der Alaskaroute, die Steiners Team vorschlug, kosteten das BP-Alyeska-Konsortium viel Geld: doppelwandige Schiffsrümpfe, Begleitschiffe und so weiter. Anders ausgedrückt, eigentlich war die Naturwissenschaft (genauer gesagt, die unabhängigen Wissenschaftler) nicht gerade ein Freund der Ölindustrie.
Im Fall von Exxon 1989 suchte die Regierung die Wissenschaftler für die offizielle Untersuchung aus. Doch beim Leck im Golf von Mexiko durfte BP die Hälfte der Wissenschaftler in der Kommission benennen. »Das ist, als würde die Mafia die Hälfte der Mitglieder im FBI-Direktorium bestimmen«, sagte Steiner.
Vor Sonnenuntergang brachte er uns flott zurück zum Casinodock, damit er noch sein Flugzeug zurück nach Anchorage erwischte. Wohl damit er rechtzeitig zu Semesterbeginn wieder an der Universität von Alaska war.
Da hatte ich mich getäuscht. Ich fragte, wann die Vorlesungen anfangen würden. Er sagte: »Ich unterrichte nicht mehr. Ich wurde entlassen.«
Was?
Steiner hatte drei Jahrzehnte lang an der Universität gelehrt. Er hatte eine Festanstellung. Er ist eine internationale Berühmtheit. Wie feuert man einen festangestellten Professor? Wurde er mit einer Studienanfängerin unter den Bunsenbrennern erwischt?
Noch schlimmer. Er hatte vor dem amerikanischen Kongress gegen Ölbohrungen vor der Küste ausgesagt. Er hatte den Kongressabgeordneten geraten, BP nicht zu vertrauen. Und auch nicht Shell oder Chevron oder Exxon.
Das hätte er nicht tun sollen. Aus einem internen Memorandum geht hervor, dass Bushs Handelsministerium mit deutlichem Missfallen auf die Dummheit des Professors reagierte, gnadenlos ehrlich zu sein. Die Universität warf Steiner eine unakademische »Parteilichkeit«
vor, weil er bei der Beschreibung der von der Exxon Valdez verursachten tragischen Ölkatastrophe Begriffe wie Tragödie und Katastrophe verwendet hatte.
Die Politiker dachten sich eine Möglichkeit aus, Steiner loszuwerden: Man kann einen festangestellten Professor nicht entlassen, aber man muss ihn nicht unbedingt bezahlen . Also wurden einfach die Mittel für seine Stelle gestrichen, die Universität lächelte nur, und Steiner und seine Proben wurden quasi auf die Straße gesetzt.
»Anstatt wie erbeten mit dem Netzwerk [der Verwaltung] zusammenzuarbeiten, hat sich Mr. Steiner dafür entschieden aufzubegehren.«
Es gab keine Petition an die Gouverneurin von Alaska, das unabhängige wissenschaftliche Denken an einer staatlichen Universität zu erhalten. Warum? Weil die Gouverneurin Sarah Palin wusste, dass Steiner ohnehin in
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