Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
Da
liegen die Leichen – die Golfküste, die Fischbestände, die Sümpfe – und direkt davor, wie ein rauchender Colt, was sage ich, ein explodierender Colt, BPs Ölbohrplattform Deepwater Horizon.
Zweihundert Nachrichtenteams haben sich am Strand von Grand Isle in Louisiana versammelt, sie haben die schwarze schmierige Masse am Strand und den stinkigen Dreck in den Sümpfen gefilmt, den das Bohrloch von BP ausspie. Sie brachten Berichte über die einst so schöne Küste, das Marschgebiet voller Pelikane und Cajuns, die vom lecken Bohrloch verdreckt und verwundet wurden.
Aber ich hatte ein Problem. Immer, wenn sich das National Public Radio und die Washington Post einig sind, kann meiner Meinung nach etwas nicht stimmen. Alle halten sich an die offizielle Geschichte. BP, diese Firma britischer Bastarde, hat die Golfküste verseucht: der »einsame« Schütze und Einzeltäter, die Theorie mit der einzigen Kugel. Und alle schluckten es. Ich nicht, aber als Beweis hatte ich nur mein Gedächtnis. Und ich erinnerte mich an folgendes: Grand Isle war schon immer ein Drecksloch.
Ich weiß es. Ich war schon lange vor dem BP-Leck dort. Vor 25 Jahren hatte ich im Rahmen einer anderen Untersuchung im Auftrag der Stadt New Orleans meine Frau auf ein Wochenende an die Coon-Ass-Riviera entführt, die »Waschbärarsch-Riviera«, wie die Einheimischen die Golfküste am Ende des Deltas nennen. »Coon-Ass« ist ein Kosename für die Cajuns.
Für 20 Dollar mietete ich einen alten weiß getünchten Bungalow zwischen Strand und einem Bayou. Der Vermieter sprach zwar Englisch, ich verstand ihn aber trotzdem nicht. Im Haus stank es nach Insektenvernichtungsmittel und Schimmel. Es war schon dunkel. Ich weiß nicht warum, aber in der Stille der Nacht, im gedämpften Licht, war ich plötzlich unglaublich glücklich. Ich wollte sogar Sex mit meiner Frau haben. Aber ihr grauste es schon bei dem Gedanken, mit nackter Haut die klamme, vergilbte Bettwäsche zu berühren. Sie schlief schließlich erschöpft und komplett angezogen ein.
Ich machte derweil einen Spaziergang am Strand, einer Müllhalde aus leeren Kühlmittelkanistern und seltsamem braunem Schaum im
Wasser. Am Horizont sah man Bohrtürme, an denen Erdgas abgefackelt wurde, die Flammen loderten wie Kerzen auf einer Geburtstagstorte in der Hölle.
Ich fand es wunderbar.
»Öl ist ein wildes Tier«, sagte einer meiner Juraprofessoren an der Uni, weil Öl Staatsgrenzen, Grundstücksgrenzen oder Firmenlogos einfach ignoriert. Und in jener Nacht unter dem kreolischen Mond, als die Dunkelheit gnädig das Treibgut und den Müll verbarg, dachte ich über eine Zivilisation nach, die Jahrtausende gebraucht hatte, um sich zu entwickeln und nun anstelle wilder Tiere den wilden schwarzen Teer jagte. Die flüssige Bestie war sicher wesentlich bösartiger, wie sich hier auf Grand Isle schon bald zeigen sollte.
Die offizielle Version der Geschichte ergab keinen Sinn. Als die Exxon Valdez auf das Bligh-Riff auflief, gaben alle Exxon die Schuld, während sich der wahre Schuldige, BP, unbeschadet davonstehlen konnte. Und nun wiederholt sich das Spiel unter anderen Vorzeichen. War jetzt BP an der Reihe und musste den Kopf für ein Verbrechen hinhalten, das der Ölkonzern gar nicht begangen hatte? Wer würde mir die Fakten nennen, anstatt nur Mist zu erzählen?
Der Aktenschrank in meinem Kopf öffnete ein vertrauliches Memorandum aus meiner Untersuchung zum Hurrikan Katrina:
»Wo ist die Zyankalikapsel?«
Das Zyankali war – vermutlich scherzhaft – für den Mann gedacht, der als »Professor Hurrikan« bekannt war. Keine Frage, einige mächtige Leute wollten Professor Hurrikan irgendwie zum Schweigen bringen.
Vor Jahren hatte Professor Ivor »Hurrikan« van Heerden von der Louisiana State University wie Steiner alles auf die Wahrheitskarte gesetzt – und verloren. In Amerika sind Verlierer verdächtig. Behörden, Wirtschaftsbosse und sogar Umweltschützer rieten mir, mich von
ihm fernzuhalten; also war klar, dass ich ihn schnell treffen musste, bevor er – im wahrsten Sinne des Wortes – auf und davon segelte.
Ein Typ, der lieber eine Zyankalikapsel schluckte, als Mist zu erzählen: Das musste doch ein Experte sein, dem ich vertrauen konnte und der mich bei einer kniffligen Frage nicht verscheißern würde: War BP der Täter?
1500 Fuß über dem Mississippidelta
Ich fand Professor Hurrikan bei der Arbeit im Delta. Wir trafen ihn auf der Startbahn von Houma, dem
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