Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
schmutzigen Nabel der Ölindustrie von Louisiana.
Ricardo fragte, ob man die Türen der Cessna entfernen könnte. Der Pilot lehnte ab. Er war mir auf Anhieb sympathisch.
Ich hatte Rick angewiesen, beim Flug über das ölverseuchte Gebiet ein paar coole Aufnahmen zu machen.
Aber wir sahen kein ölverseuchtes Gebiet. Kaum waren wir in Richtung der aufgehenden Sonne abgeflogen, erstreckte sich vor uns bis zum Horizont nur prächtige Natur, wunderschöne grüne Inseltupfer, zerschnitten von Kanälen und Bayous, ein Wasserwunderland.
Mist. Wir brauchten für den Film etwas Hässliches . Ich gestikulierte frustriert und rief : »WO IST DIE ÖLKATASTROPHE???«
Wenn Unwissenheit ein Segen ist, dann war ich an jenem Morgen sicher der glücklichste Mann in der Luft. Indem ich die Lautstärke an meinem nasenverlängernden Headset bis an die Schmerzgrenze aufdrehte, konnte ich über das Dröhnen des Motors hinweg Professor van Heerdens Erklärungen hören.
Katastrophe? Ich sah sie mir gerade an.
Bis vor wenigen Jahrzehnten war hier eins der großen Rinderzuchtgebiete der USA, die Coastal Prairie, wo Cowboys »selten ein entmutigendes Wort hörten«, wie es im Lied »Home on the Range« so schön heißt. »Vor 50 Jahren war das Marschland glatt wie eine Decke. Es wurde sogar Präriemarsch genannt, weil es aussah wie die Prärie. Sie wissen schon, die Rinder weideten darauf.«
Doch so ein Pech, dann wurde fast überall in der Prärie, wo man ein Loch grub, Öl gefunden. Also wurden viele Löcher gegraben. Die billigste Möglichkeit, an das Öl heranzukommen, bestand darin, durch die natürlichen Bayous Bohrvorrichtungen zu legen und dann breite Gräben durch das Grasland zu ziehen, das auf einem weichen Delta-Schwemmboden treibt. Anders als in den Rocky Mountains, wo man bei einem Eingriff in die Natur sofort hässliche Narben sieht, füllten sich die Bohrgräben in Louisiana einfach mit Meerwasser aus dem Golf. Das Salzwasser trug natürlich zum Absterben des Grases bei.
Aber es sieht sehr hübsch aus.
Um das schwarze Gold zur Exxon-Raffinerie in Baton Rouge zu transportieren, mussten Öl und Gas über ein Rohrnetzwerk von 16 000 Kilometer Länge abgesaugt werden. Und dann ging es weiter mit Lastkähnen. »Dieser wunderschöne Teppich, wir haben ihm die Nahrung entzogen und ihn dann zerschnitten; wir haben Kanäle durchgegraben, die insgesamt über 16 000 Kilometer lang sind.«
Jeder Kilometer Kanal und jedes Rohr ging auf Kosten des Graslandes. Immer mehr wurde aus der Prärie herausgebaggert, bis sie von einer Million Gräben zerschnitten wurde, absank und schließlich zum Sumpf wurde (oder »Feuchtgebiet«, wie die Mitglieder der Naturschutzorganisation Sierra Club sagen würden). Zumindest fanden so die Garnelen eine neue Heimat (sie fressen alles), außerdem Alligatoren und sogenannter »Trash Fish«, den man nicht verwerten kann.
Aber jetzt verschwinden auch sie, und zwar schnell. Die Salzwasserwellen nagen am verbliebenen Land. Dadurch dringt der Golf von Mexiko 400 Meter im Jahr gen New Orleans vor. Lousiana ist schlicht im Verschwinden begriffen; pro Woche gehen 2 Quadratkilometer verloren. Und damit sind auch der Garnelen- und Fischfang dem Untergang geweiht. Nach dem Hurrikan Katrina fragten sich die Amerikaner, warum die dämlichen Einwohner von New Orleans eine Stadt unter Meeresniveau so dicht am Meer gebaut hatten. Tja, als die Stadt gegründet wurde, lag sie noch weit entfernt vom Golf.
Durch das Absaugen des Öls unterhalb des weichen Marschlands wird natürlich auch das Absinken beschleunigt. Und damit rückt der Golf immer näher an New Orleans heran.
Und manchmal in rasantem Tempo. Zypressenwälder bildeten einst eine fast undurchdringliche Barriere, die einen Hurrikan erheblich abbremsen konnte. »Ein Zypressenhain kann eine Böe um 1,14 Meter pro Kilometer verringern.« Doch heute sind die Zypressenwälder so gut wie verschwunden und bieten daher praktisch keinen Schutz mehr. Eine Einladung für jeden bösartigen Sturm, über New Orleans herzufallen. Denn die Ökologieregel Nummer eins lautet: Wenn man Mutter Natur niedermacht, zahlt sie es einem irgendwann mit gleicher Münze heim.
Ich bewunderte also ein vergiftetes, kaputtes, sterbendes Gebiet. Ich genoss die Schönheit der Wunden einer Aussätzigen. Was aussah wie ein natürliches Venedig, war in Wirklichkeit ein krankes Land, das schon bald absinken und für immer im Meer verschwinden wird. Und alles wegen des Öls.
»Für den
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