Frühstück im Bett
einer Frau, meine ich.«
»Im Augenblick habe ich Forschungsurlaub.«
»Klar, das behaupten sie alle, bevor ihnen die Schranktür auf den Arsch fällt.«
»Gehen Sie nach Hause, Sugar Beth. Sie haben den Gorgonien schon gezeigt, aus welchem Holz Sie geschnitzt sind. Jetzt müssen Sie nichts mehr beweisen.«
»Warum sollte ich das Fest verlassen, gerade wenn’s lustig wird?«
»Weil Ihnen diese besondere Party das Herz bricht.«
»Da irren Sie sich. Nach dem Tod meiner Eltern und zweier Ehemänner stört mich der Giftmüll, der mir da unten auflauert, kein bisschen.« Sugar Beth trabte von dannen. Diesmal hielt er sie nicht zurück.
Colin hatte geglaubt, noch schlimmer könnte es nicht werden. Doch er täuschte sich. Sugar Beth weigerte sich, klein beizugeben. Ohne die Maske distanzierter Höflichkeit fallen zu lassen, servierte sie Drinks und Horsd’œuvres. Schließlich ertrug er’s nicht mehr, das mit anzusehen, und entriss ihr das letzte Tablett. Damit handelte er sich ein honigsüßes Lächeln und einen verächtlichen Laser-Blick ein.
Während sie in seinem begehbaren Schrank gestanden hatte, den weißen BH mit Rotwein befleckt, waren seine Gewissensqualen nicht einmal von seinem Verlangen besiegt worden. Nun wanderte er im Wohnzimmer umher und versuchte, sich auf die Pflichten des Gastgebers zu konzentrieren. Die meisten dieser Leute hatten ihm auf diese oder jene Weise bei den Recherchen für »Reflexionen« geholfen – die Bibliothekare, die Historiker. Als er auf der Suche nach einer neuen Perspektive gewesen war, hatte Winnie sein Manuskript kritisch unter die Lupe genommen. Jewel Myers und Aaron Leary hatten ihn mit der afroamerikanischen Bevölkerung von Parrish bekannt gemacht und ihm die Gesinnung der älteren Farbigen vor Augen geführt. Mit der Hilfe der Gorgonien hatte er gelernt, Fakten von Klatschgeschichten zu unterscheiden.
Winnie stand neben einem der kleinen Tische, die im Sonnenzimmer aufgestellt worden waren, und starrte ins Dunkel jenseits der Fenster hinaus. Auf der anderen Seite der gläsernen Halbinsel, die den Raum von der Küche trennte, sah sie Sugar Beth und den Caterer die nächsten Servierplatten vorbereiten. Ryan und die Gorgonien waren mit ein paar anderen Gästen ins Sonnenzimmer geschlendert. Winnie wollte offenbar allein sein. Verglichen mit Sugar Beth wirkte sie klein, aber nicht derart wehrlos.
»Was für eine bemerkenswerte Party«, meinte sie, als Colin neben sie trat.
Natürlich suchte er sich von der Grausamkeit zu distanzieren, die er verschuldete. »Die hatte ich schon geplant, bevor sie nach Parrish zurückkam.«
»Das weiß ich.«
Im Gegensatz zu vielen anderen Frauen fürchtete sie keine Gesprächspausen. Aber an diesem Abend zerrte ihr Schweigen an seinen Nerven, und so sagte er: »Merylinn hätte den Wein nicht auf ihre Bluse gießen dürfen.«
»Da hast du Recht. Aber ich fand es wundervoll, Colin.
Wenn ich behauptete, ich hätte nicht jeden einzelnen Tropfen genossen, würde ich lügen.«
Weil er ihre Gefühle gut verstand, wuchs dafür sein Groll gegen sich selbst.
Auch sein Verleger war ins Sonnenzimmer gewandert. Das Wohlwollen eines Verlages sollte man nicht für selbstverständlich halten, nicht einmal, wenn man zu seinen Megaautoren zählte. Colin müsste mit dem Mann reden. Stattdessen beobachtete er Sugar Beth, die eine Salatschüssel in Richtung des Esszimmers trug. »Vor so langer Zeit ist es geschehen. Im Grunde waren wir alle noch Kinder. Hast du jemals daran gedacht, das alles zu vergessen?«
Noch bevor er Winnie nach Luft schnappen hörte, wusste er, dass er’s vermasselt hatte.
»Hat sie dich umgarnt? So wie alle anderen Männer, die sich zu nahe an ihr Spinnennetz heranwagen?«
»Natürlich nicht.«
Wie ihr wehmütiger Blick verriet, glaubte sie ihm nicht. Und er glaubte es selbst nicht. Nur zu deutlich erinnerte er sich an die Hitze in seinem Blut, als er Sugar Beths Hemd zugeknöpft hatte.
»Und ich hielt dich für den Einzigen, der gegen ihre Reize immun ist«, sagte Winnie leise.
»Irgendwann haben wir alle was falsch gemacht. Und jetzt, wo Sugar Beth für mich arbeitet, bin ich zu einer neuen Erkenntnis gelangt – wir sollten die dunklen Punkte der Vergangenheit abschütteln und weiterleben.«
»Meinst du, ich würde nicht weiterleben?«, antwortete sie und betastete den Diamanten an ihrem Hals.
»Ich spreche nur über mich selbst«, erwiderte Colin vorsichtig.
»Dann gratuliere ich dir, wenn du wirklich
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