Frühstück im Bett
Haus gestanden hatte. Ryan Galantine, der Ken der Barbie alias Sugar Beth, der populärste Junge und das populärste Mädchen. Luv U 4-Ever, diese tolle Band … Im ersten Semester an der Ole Miss hatte sie sein Herz gebrochen und ihn mit Darren Tharp betrogen, dem Star-Athleten, der ihr erster Ehemann geworden war.
Sie erinnerte sich an Winnie Davis’ Blicke in Ryans Richtung. Wann immer sie geglaubt hatte, niemand würde es merken … Als hätte eine unbeholfene Außenseiterin jemals Chancen bei einem Supertyp wie Ryan Galantine! Hinter ihrem Rücken hatte sich Sugar Beths Clique, die Gorgonien, vor Lachen fast in die Hosen gemacht. Bei diesen Gedanken fühlte sie sich noch deprimierter.
Auf der Fahrt zum Zentrum sah sie, dass Parrish von seinem
neuen Ruhm als Schauplatz des Bestsellers »Letzte Station auf der Fahrt ins Nirgendwo« profitierte. Offenbar lockte das neue Touristenbüro zahlreiche Reisende an, und die Stadt hatte sich herausgeputzt. Der Gehsteig vor der presbyterianischen Kirche zeigte keine Hitzebuckel mehr, und die hässlichen Straßenlampen, mit denen sie aufgewachsen war, hatte man durch hübsche Laternenpfosten im Stil der Jahrhundertwende ersetzt. Entlang der Tyler Street leuchtete ein neuer Anstrich an den Vorkriegshäusern und den viktorianischen und klassizistischen Gebäuden, und auf Miss Eulie Bakers italienischer Monstrosität schimmerte eine kecke kupferne Wetterfahne. In der Gasse hinter diesem Haus hatten Sugar Beth und Ryan erste erotische Erfahrungen gesammelt.
Sie bog auf den Broadway, die vier Häuserblocks lange Hauptstraße. Nun blieb die Uhr am Gericht nicht mehr um zehn nach zehn stehen, der Brunnen im Park hatte seinen Schmutz abgeschüttelt. An der Bank und einem halben Dutzend anderer Geschäftsgebäude prangten kastanienbraun und grün gestreifte Markisen. Nirgends wehte die Konföderationsflagge. An der Valley lenkte sie ihren Volvo nach links und fuhr zum alten, einen Block entfernten Bahnhof. Bis zu den frühen achtziger Jahren war die Mississippi Central hier einmal pro Tag vorbeigefahren. Im Gegensatz zu den meisten Bauten in der Stadtmitte bedurfte der Bahnhof einer gründlichen Renovierung und Reinigung.
So wie Sugar Beth.
Noch länger ließ es sich nicht hinauszögern, und so fuhr sie zur Mockingbird Lane, zum Haus namens Frenchman’s Bride. Obwohl es nicht zu den historischen Bauwerken von Parrish zählte, war es das schönste, mit einer Säulenhalle, breiten Veranden und imposanten Erkerfenstern. Eine gelungene Kombination aus Plantagen- und Queen-Anne-Architektur, stand das Haus auf einer Anhöhe, umgeben von Magnolien, Judasbäumen, Azaleen und Hartriegel. Hier war Sugar Beth aufgewachsen.
Wie die historischen Häuser in der Tyler Street wurde auch dieses sorgsam instand gehalten. An den Fensterläden glänzte neue schwarze Farbe, durch das Oberlicht über der Eingangstür drang das sanfte Funkeln des Lüsters, der in der Halle brannte. Schon seit Jahren hatte Sugar Beth auf Neuigkeiten aus der Stadt gehört, abgesehen von den lückenhaften, gönnerhaft erwähnten Informationen in den Briefen ihrer Tante Tallulah. Deshalb wusste sie nicht, wer das Haus gekauft hatte. Und das war gut so. In ihrem Leben gab es genug Leute, die sie nicht mochte, und ihr eigener Name stand ganz oben auf der Liste.
Nur drei Häuser säumten die Mockingbird Lane. Am ersten, einer romantischen Villa im französischen Kolonialstil, war sie bereits vorbeigefahren. Wer darin wohnte, wusste sie. Dann passierte sie Frenchman’s Bride und steuerte ihr Ziel an, das dritte Haus, das ihrer Tante Tallulah.
Gordon richtete sich auf. Wenn sie den Hund auch widerlich fand – ihr verstorbener Ehemann Emmett hatte ihn geliebt, und so fühlte sie sich verpflichtet, das Biest zu behalten, solange sie keinen neuen Besitzer fand. Den hatte sie bisher vergeblich gesucht. Es war schwierig, einen Basset mit ausgeprägter Persönlichkeitsstörung zu verkaufen.
Mittlerweile regnete es stärker. Hätte sie sich hier nicht ausgekannt, wäre sie an der überwucherten Zufahrt hinter der hohen Hecke vorbeigefahren, die das Anwesen an der Ostseite abgrenzte. Längst war der Kies weggeschwemmt worden, und die abgenutzten Stoßdämpfer des Volvos protestierten krachend gegen das holprige Terrain.
Das Kutschenhaus sah schäbiger aus denn je. Doch die bemoosten, weiß getünchten Ziegelmauern, die beiden Giebel und das Spitzdach strahlten nach wie vor einen gewissen Märchenbuch-Charme aus. Zur selben
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