Frühstück im Bett
akzeptiert. Aber den Abscheu in den Gesichtern zu lesen – das war etwas anderes. Sie ergriff ein Papiertaschentuch und putzte sich die Nase. Trotzdem würde sie nicht davonlaufen. Mochten die Gorgonien auch noch so grausam auf ihr herumhacken – sie würde hier bleiben. Sie fühlte sich wie das Stehaufmännchen eines Kindes. Jedes Mal, wenn sie niedergeschlagen wurde, stand sie wieder auf, nicht wahr?
Doch sie fühlte sich nicht wie ein Stehaufmännchen, während sie ihre Bluse auszog und ihre Haut mit Colins Waschlappen reinigte. Der Wein hatte einen roten Fleck auf ihrem BH hinterlassen. Dagegen konnte sie nichts tun. Eigentlich konnte sie gar nichts tun. In sein Schlafzimmer zurückgekehrt, fühlte sie sich so zerbrechlich wie das Märchenschloss aus Zuckerwatte, das die Torte an ihrem achten Geburtstag geschmückt hatte.
Colin kam herein.
»Verschwinden Sie!«, rief sie und marschierte in seinen begehbaren Schrank.
Dass dies sein Schlafzimmer war, erwähnte er nicht. Stattdessen blieb er in der Tür des begehbaren Kleiderschranks stehen, so wie Sugar Beth vor ein paar Stunden, als er sich angezogen hatte. »Gehen Sie jetzt ins Kutschenhaus«, sagte er mit einer sanften Stimme, die sie noch schmerzlicher verletzte als die Feindseligkeiten im Erdgeschoss.
»Warum?«, fragte sie und wühlte in seinen Hemden.
»Genug ist genug.«
»Aber ich habe noch nicht geblutet«, wandte sie ein und schlüpfte in ein weißes Hemd.
»Ihr Blut will ich nicht sehen, Sugar Beth.«
»Doch, bis zum letzten Tropfen. Versperren Sie mir nicht den Weg!« Sie wollte sich an ihm vorbeischieben. Doch er packte ihren Arm und zwang sie, ihn anzuschauen.
Normalerweise sah sie ihn sehr gern an. Jetzt nicht, denn das Mitgefühl in den sonst so arroganten jadegrünen Augen beleidigte ihren Stolz. »Hände weg!«
Ohne sie loszulassen, lockerte er den Griff, und seine Worte rieselten auf sie herab wie kühle, federleichte Schneeflocken. »Muss ich Sie rauswerfen?«
Mühsam widerstand sie der Versuchung, ihr Gesicht an seinen Hals zu pressen. Wenn er mit aller Macht Feingefühl beweisen wollte, war das sein Problem, weil sie nichts davon hielt. »Darauf können Sie wetten«, entgegnete sie und riss sich
los. »Werfen Sie mich raus. Sonst werde ich dieses Haus nicht verlassen.«
»Das ist keine Schlacht.«
»Sagen Sie’s denen . Oder noch besser, sagen Sie es sich selber!« Wütend versuchte sie das Hemd zu schließen und zerrte ungeschickt an den Knöpfen.
»Ich habe einen Fehler gemacht«, gestand er. Und dann fügte er mit gütiger, väterlicher Stimme hinzu: »Gehen Sie jetzt nach Hause. Sie sind gefeuert. Morgen früh stelle ich Ihnen einen Scheck aus.«
Vermutlich einen großzügigen Scheck. »Scheren Sie sich mitsamt Ihren Almosen zum Teufel, Euer Gnaden! Der Ehrengast wird die Party bis zum Ende genießen.«
»Diese Party hatte ich geplant, bevor ich Ihnen den Job anbot.«
»Aber die besondere Pikanterie wurde Ihnen erst etwas später bewusst.«
Das leugnete er nicht. Wenn sie nach der Gästeliste gefragt hatte, war er regelmäßig der Wahrheit ausgewichen. »Lassen Sie mich das machen«, befahl er und zog ihre Hände von seinem Hemd weg. »Sonst reißen Sie noch die Knöpfe ab.«
»Das kann ich selber.«
»Genau. So wie Sie alles können.« Sie wollte zurücktreten, doch er hielt sie fest, öffnete das Hemd, das sie falsch zugeknöpft hatte, und schloss es. »Niemanden brauchen Sie, nicht wahr? Weil Sie das schwärzeste Schaf in dieser Stadt sind.«
»Wie Sie meinen.«
»Bewaffnet und gefährlich. Alle sollen merken, wie hartgesotten Sie sind.«
»Jedenfalls viel härter als ein Wiesel wie Sie«, konterte Sugar Beth.
»Zweifellos.«
»Was für ein erbärmlicher Schwächling Sie sind!«
Colin hob die Brauen. »Oh, ich stelle mir sehr gern vor, ich hätte gewisse weibliche Eigenschaften.«
»Sicher tragen Sie Spitzenunterhöschen.«
»Die würden mir wohl kaum stehen.« Plötzlich umfasste er ihre Brüste, und seine Finger, die über das gewölbte Fleisch strichen, jagten heiße Wellen durch ihren Körper. Diese Gefühle fand sie weitaus schlimmer als den Gedanken, wieder nach unten zu gehen. Colin strahlte genau jene männliche Macht aus, die sie hartnäckig ins Unglück gestürzt hatte.
Nein, diesmal nicht. Was auch geschehen mochte.
Entschlossen stieß sie ihn weg und verknotete die Hemdzipfel über ihrer Taille. »Hier habe ich noch keine Frau gesehen. Wann hatten Sie zum letzten Mal ein Rendezvous? Mit
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