Frühstück mit Kängurus
von West-New South Wales herum, und sein Blick blieb an etwas h ä ngen. Es war das Skelett einer Frau, das ein St ü ck weit aus einer Sandbank herausguckte. Man sammelte die Knochen ein und schickte sie zur Altersbestimmung. Als der Bericht zur ü ckkam, stand darin, dass die Frau vor dreiundzwanzigtausend Jahren gestorben war, womit sich der angenommene Zeitraum der Anwesenheit von Menschen in Australien auf einen Schlag fast verdreifachte. Auf Grund anderer Funde ist das Datum seitdem noch weiter zur ü ckverschoben worden. Heute deuten alle Indizien auf mindestens f ü nfundvierzigtausend Jahre, wahrscheinlicher aber sechzigtausend.
Zu Fu ß k ö nnen die ersten Bewohner nicht gekommen sein, denn seit es auf der Erde Menschen gibt, war Australien eine Insel. Es k ö nnen auch nicht unabh ä ngig Menschen entstanden sein, denn es fehlen die affen ä hnlichen Kreaturen, aus denen sie sich h ä tten entwickeln k ö nnen. Die ersten Menschen k ö nnen nur ü bers Meer gekommen sein, vermutlich von der Insel Timor, der ö stlichsten der Kleinen Sundainseln, und damit haben wir den Salat.
Dann muss man n ä mlich akzeptieren, dass lange, lange vor dem bisher bekannten Auftreten sich menschlich verhaltender Wesen in S ü dostasien ein Volk lebte, das so entwickelt war, dass es mit Booten, wahrscheinlich Fl öß en, in den Binnengew ä ssern fischte. Dass die Arch ä ologen keine Beweise daf ü r gefunden haben, dass es irgendjemand anderes auf Erden auch schon machte, interessiert uns jetzt nicht. Es passierte eh erst drei ß igtausend Jahre sp ä ter.
Als N ä chstes gilt es zu erkl ä ren, was die Menschen veranlasste, mindestens sechzig Meilen offene See zu ü berqueren, um ein Land zu erreichen, von dem sie nicht wissen konnten, dass es da lag. Man stellt sich unweigerlich vor, wie ein einfaches Fischerflo ß - vermutlich wenig mehr als eine schwimmende Plattform - zuf ä llig aufs Meer hinausgetragen wird, vielleicht von pl ö tzlichen Sturmb ö en ergriffen, wie sie f ü r diesen Teil der Welt charakteristisch sind. Es driftet hilflos ein paar Tage umher und wird schlie ß lich an einen Strand in Nordaustralien gesp ü lt. So weit, so gut.
Daraus ergibt sich nat ü rlich die Frage (die aber selten gestellt wird), wie sich daraus ein ganzes Volk entwickeln konnte. Wenn es ein einsamer Fischer war, der nach Australien abgetrieben wurde, muss er den Weg zur ü ck nach Hause gefunden, von seiner Entdeckung berichtet und genug Leute ü berredet haben, mit ihm zu kommen und eine Kolonie zu gr ü nden. Das wiederum bedeutet, dass diese Menschen im Besitz ausreichender nautischer F ä higkeiten gewesen sein m ü ssen, um zwischen zwei unsichtbaren Landmassen hin- und herzuschippern – eine Bravourleistung, die ihnen nur wenige Historiker zutrauen. Wenn es aber ein zuf ä lliger Trip ohne Wiederkehr war, dann muss eine Gruppe von Menschen beiderlei Geschlechts hinaus aufs Meer gesp ü lt worden sein, entweder alle zusammen auf einem gro ß en Flo ß (wird f ü r sehr unwahrscheinlich gehalten) oder mit einer Flotte kleinerer schwimmender Unters ä tze. Die Leute m ü ssen erfolgreich St ü rmen getrotzt und mindestens ein paar Tage auf See verbracht haben, bevor sie an benachbarten Abschnitten der nordaustralischen K ü ste angeschwemmt wurden, dort wieder zusammenfanden und eine Gemeinschaft gr ü ndeten.
Viele Menschen braucht man nicht, um Australien zu bev ö lkern. Joseph Birdsell, ein amerikanischer Wissenschaftler, hat ausgerechnet, dass eine Gruppe von f ü nfundzwanzig Gr ü nderkolonisten in etwas mehr als zweitausend Jahren dreihunderttausend Nachkommen hervorbringen k ö nnte. Trotzdem braucht man diese anf ä nglichen f ü nfundzwanzig Menschen dort - mehr, als man f ü glich erwarten kann, wenn ein, zwei Fl öß e vom Kurs abgebracht werden.
Nat ü rlich kann all das oder Einzelnes davon auch auf unz ä hlige andere Arten und Weisen stattgefunden und Generationen gedauert haben. Nichts Genaues wei ß man ja nicht. Sicher ist einzig und allein, dass Australiens Urv ö lker da sind, weil ihre Vorv ä ter vor Zehntausenden von Jahren wenigstens sechzig Meilen nicht ungef ä hrlicher See ü berquert haben, bevor noch irgendjemand auf Erden von einem solchen Wagnis tr ä umte, und das in ausreichender Anzahl taten, um mit der Kolonisierung eines Kontinents zu beginnen.
Das ist in jedem Fall eine epochale Leistung. Und ist sie allgemein bekannt? Na, fragen Sie sich selbst, wann Sie das letzte Mal etwas dar
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