Frühstück mit Kängurus
eifriger Autofahrer durchaus ein Jahr lang vergn ü gen kann, doch die konzentrieren sich in dem dicht besiedelten Streifen an der Ostk ü ste. Woanders ist ü ber weite Strecken nichts. Auf den zweitausend Meilen zerkl ü fteter K ü ste von Darwin nach Cairns ist kein Zentimeter befestigter Stra ß e, womit die K ü ste eine der l ä ngsten, um nicht zu sagen, sch ö nsten der Welt sein d ü rfte, die noch nicht von Autobahnen verschandelt ist. Das Gleiche gilt f ü r die f ü nfhundert Meilen tropischer F ü lle, die sich von Cairns bis zur Spitze von Cape York erstrecken, Australiens n ö rdlichstem Punkt und einem weiteren Landstrich von un ü bertrefflicher Sch ö nheit. In ganz Queensland, einem Gebiet, in das man bequem den Gro ß teil Westeuropas packen k ö nnte, f ü hren gerade mal drei Asphaltstra ß en in das riesige, aride Innere, und nur eine davon f ü hrt auch wieder hinaus in die restlichen zwei Drittel Australiens, die im Westen dahinter liegen. Wenn Sie v ö llig den Verstand verloren h ä tten, k ö nnten Sie von Camooweal im Norden nach Barringun im S ü den eintausendvierhundert Meilen durch Queensland pilgern, ohne auch nur einmal eine asphaltierte Fl ä che ü berqueren zu m ü ssen. Begeben Sie sich auch nur ein kurzes St ü ck ins Innere, und Sie sind im Handumdrehen im Nichts.
Im Outback gibt es relativ viele Schotterpisten, insgesamt dreihunderttausend Meilen, aber mit einem normalen Mietauto darf man darauf nicht fahren, und selbst mit einem voll ausger ü steten Gel ä ndefahrzeug wagen es nur sehr mutige oder sehr dumme Fahrer allein, denn man verirrt sich nur allzu leicht oder bleibt stecken. Erst k ü rzlich war ein junges Paar aus Ö sterreich mit dem Gel ä ndewagen auf einer einsamen, namenlosen Piste in der Simpson W ü ste bis zu den Achsen im Sand versackt. Als sie merkten, dass sie das Fahrzeug nicht wieder flott kriegten, machte sich die Frau zum vierzig Meilen entfernten Oodnadatta Track auf, wo eher Hilfe zu erwarten war. Warum die Frau ging und nicht der Mann, wei ß ich nicht. Ich wei ß nur, dass sie neun von ihren zw ö lf Litern Wasser mitnahm und bei sechzig Grad Celsius losmarschierte.
Die meisten von uns k ö nnen sich schlicht und ergreifend nicht vorstellen, wie grausam eine solche Hitze ist. Unter der prallen Sonne mit derart hohen Temperaturen f ä ngt man von innen nach au ß en an zu kochen wie in einer Mikrowelle. Die arme Frau hatte keine Chance. Selbst mit dem reichlichen Wasservorrat schaffte sie nur achtzehn Meilen, weniger als die H ä lfte bis zu ihrem Ziel, und ü berlebte nicht mal zwei Tage. (Ihr Partner, der im Schatten sa ß , wurde gerettet.) Kurzum, im Outback h ä ngen zu bleiben w ü nscht man seinem ä rgsten Feind nicht.
Mein Problem war nun allerdings, was ich mit den letzten mir verbleibenden Tagen anfangen sollte. Urspr ü nglich hatte ich geplant, nach Brisbane, Surfers Paradise und Coff ´ s Harbour mit der Gro ß en Banane zu fahren. Doch um Brisbane in einer auch nur ann ä hernd sinnvollen Weise zu erkunden fehlte mir nun die Zeit, und auf die Gro ß e Banane war ich auch nicht so erpicht. Ich will es gegen ü ber einem nationalen Kulturgut nicht an Respekt mangeln lassen, aber meine Liebe zu Riesenfr ü chten ist begrenzt. W ä hrend ich also am Tresen sa ß und auf der Suche nach Alternativen gem ä chlich die Seiten umbl ä tterte - Byron Bay, Dorrigo National Park, die Darling Downs in S ü d-Queensland -, sprangen mir zwei klein gedruckte und mit einer blassblauen krakeligen Linie versehene Worte ins Auge. Ich hatte mein Ziel gefunden. Ich w ü rde nach Myall Creek fahren.
Es wurde Zeit, dass ich mich mit dem vergessenen Volk Australiens besch ä ftigte.
Dreizehntes Kapitel
Eines der erstaunlichsten Ereignisse in der Geschichte der Menschheit fand zu einer Zeit statt, die man vielleicht nie genau bestimmen kann. Ich meine natürlich die Besiedlung Australiens.
Bis vor kurzem fand man es nicht weiter problematisch, die Anwesenheit von Menschen auf dem F ü nften Kontinent zu erkl ä ren. Noch zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts glaubte man, dass die Aborigines vor gerade mal vierhundert Jahren gekommen waren; bis in die Sechzigerjahre hinein sch ä tzte man die Zeitspanne auf etwa achttausend Jahre. Da stocherte 1969 der Geologe Jim Bowler von der Australian National University in Canberra an den Ufern eines lange ausgetrockneten Sees namens Mungo in einer ausged ö rrten, einsamen Ecke
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