Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
Vom Netzwerk:
Rauchwolken aus M ö rsern auf. Auch Bill Clinton schien mal wieder moralisch schwer in der Klemme zu stecken, denn er schlenderte Hand in Hand mit Hillary und Chelsea durch den Rosengarten, und alle drei wirkten einander sehr zugetan. Au ß erdem hatten sie einen niedlichen Spaniel mit dabei, was ich als Zeichen nahm, dass der Pr ä sident wirklich sehr ungezogen gewesen war. Doch es spielte keine Rolle. Es war weit weg.
    Dann gab es jede Menge Sport, und die Australier taten sich wie stets l ö blich hervor. Zum Schluss kam eine Wetterkarte, auf der nur die Sonne schien, und dann legte die Nachrichtensprecherin ihre Bl ä tter zusammen, stie ß sie auf Kante und l ä chelte, als k ö nnten wir jetzt alle beruhigt zu Bett gehen, weil Greg Norman im Golf gewann und alles andere weit, weit entfernt von uns passierte und uns eigentlich nicht betraf.
    Es ist erstaunlich, wie leicht man in Australien vergessen kann, dass es jenseits seiner Grenzen auch noch eine Welt gibt. Bei den Nachrichten geben sich die Australier zwar alle Mühe, das Handicap der Distanz zu überwinden, doch bei den weniger wichtigen Meldungen hat man manchmal ein komisches Gefühl des Abgetrenntseins; Kleinigkeiten erinnern einen daran, dass man in einem Land am Ende der Welt ist. Zum Beispiel war mir aufgefallen, dass die Zeitungen Nachrufe, besonders auf ausländische Persönlichkeiten, Wochen oder sogar Monate nach deren Ableben bringen. In gewisser Weise geht das in Ordnung - schließlich sind diese Leute für immer tot -, aber es verleiht den Seiten etwas seltsam Zeitloses. Auf dem Flug von Melbourne nach Sydney hatte ich am Tag zuvor das Bulletin durchgeblättert, das traditionsreiche Nachrichtenmagazin des Landes, und unter der Überschrift »Rückblende« eine Kolumne gelesen, in der an wichtige historische Ereignisse erinnert wurde, die an den jeweiligen Wochentagen stattgefunden hatten. Für den zweiundzwanzigsten Januar gab es einen interessanten Beitrag: »1934, Schauspieler Bill Bixby (gest. 1993), geb. in Park Ridge, Illinois, USA.«
    Nun überlegen Sie mal. In einer Serie über bedeutende Augenblicke der Weltgeschichte wird an den Geburtstag eines Schauspielers (noch sechs Jahre nach seinem Tod!) erinnert, der den Höhepunkt seiner Karriere in den sechziger Jahren in einer Fernsehserie mit dem Titel Mein Onkel vom Mars erlebte. Ehrlich gesagt, finde ich das ein bisschen gruselig. Da mir natürlich klar ist, dass es sich um einen Seitenfüller hinten in der Zeitschrift handelt und man nicht zu viel hineinlesen sollte, biete ich Ihnen ein schlagenderes Beispiel für diesen absonderlichen Umgang mit der Zeit.
    Als ich in der Bar des Nambucca Hotel saß, zog ich pflichtschuldigst meine einbändige Geschichte Australiens von Manning Clark hervor und vertiefte mich hinein. Ich hatte nur noch dreißig Seiten zu lesen und konnte es gar nicht abwarten, Mr. Clark und sein überspanntes Geschwafel ein für alle Mal aus meinem Leben verschwinden zu sehen. Trotzdem ist Australiens Geschichte nicht uninteressant, und da ich einen bequemen Barhocker und die Aussicht auf so viel Bier hatte, wie ich wollte, war ich nicht unglücklich.
    Ich las also das Buch zu Ende. Und jetzt kommt's. Es hörte 1935 auf. Nach sechshundertundneunzehn Seiten weitschweifigster Ausführungen hört das Buch mit der Ernennung John Curtins zum Chef der australischen Labour Party am ersten Oktober 1935 auf! Ich muss es noch einmal sagen: Es handelt sich um die derzeitige Standardgeschichte Australiens in einem Band - zu der man Sie in jedem Buchladen des Landes führt -, und die hört im Jahre 1935 auf.
    Ich war so entgeistert, dass ich dachte, es seien vielleicht ein paar Seiten herausgefallen, und den Boden um meinen Barhocker absuchte. Aber da lag nichts. Das Buch hörte mit Absicht 1935 auf. Manning Clark starb - das heißt, entrang sich den letzten gequälten Lebensfunken (sicher hätte er gewollt, dass ich es so ausdrücke) - 1991, da war ich ja durchaus bereit, ihn für die vergangene Dekade der ereignisreichen Saga Australiens zu entschuldigen, aber er hätte doch wenigstens noch Platz für den Zweiten Weltkrieg finden können, meinen Sie nicht? Obwohl er sein Buch lange nach dem Krieg geschrieben hat, wird dieses wichtigste Ereignis des zwanzigsten Jahrhunderts nicht erwähnt. Ja, es wird nicht einmal zaghaft angedeutet, dass sich was zusammenbraut. Es ist auch nicht die Rede vom Kalten Krieg, den Aborigine-Landreformen, dem Entstehen einer multikulturellen

Weitere Kostenlose Bücher