Frühstück mit Kängurus
Pferd. Giles gab Gibson seines und sagte ihm, er solle die einhundertundzwanzig Meilen bis Fort McKellar auf ihren Spuren zur ü ckreiten und dort ein neues holen. Gibson verirrte sich und wurde nie wieder gesehen. (Heute hei ß t das Gebiet Gibson Desert.) Giles, der nun auf Schusters Rappen weiterlaufen musste, taumelte tagelang ü ber anstrengende Sandberge, die letzten sechzig Meilen fast ohne Wasser. Damals in dieser verzweifelten Situation, gepeinigt von Fliegen und halb tot vor Hunger, ersp ä hte er das ber ü hmte Wallaby, fiel dar ü ber her und verschlang es roh, mit Haut und Haaren.
Solche Erlebnisse waren gang und g ä be. Damit musste man rechnen, wenn man sich in das Outback wagte. Auch als Robert Austin und seine M ä nner sich in den monotonen W ü sten Western Australias verirrten und ihren eigenen Urin und den ihrer Pferde tranken, war das nicht un ü blich. Das machten viele Leute dort drau ß en. Als Giles das Wallaby-Baby fand und verschlang, hielt er sich f ü r ausnehmend gl ü cklich, auch noch Jahre danach. » Den k ö stlichen Geschmack dieses Gesch ö pfs werde ich nie vergessen « , schrieb er mit anhaltender, aufrichtiger Begeisterung in seinen Memoiren. Stuart und seine Gef ä hrten behielten eine ä hnliche Situation in gleich liebevoller Erinnerung. Am Rande des Hungertodes fanden sie einen Wurf Dingowelpen und kochten sie in einem Topf. Sie waren » k ö stlich « , schrieb er.
Warum sich Menschen immer wieder solchen Torturen aussetzen, ü bersteigt rationales Begreifen. Trotz der extremen Qualen, die Giles auf der verh ä ngnisvollen Expedition mit Gibson erlitt, nahm er seine zwanghaften Wanderungen unmittelbar danach wieder auf. Auch Stuart stie ß vier Jahre hintereinander in das gnadenlose Innere vor, bis es ihm gelang, durchzubrechen. Von den Anstrengungen ersch ö pft, zog er sich dann nach London zur ü ck und starb bald darauf.
Wer die schlimmeren Strapazen erduldete - Stuart oder Giles -, das l ä sst sich wohl unm ö glich sagen. Giles tat es f ü r weniger Lohn, das steht fest. Kein Entdecker war so gl ü cklos wie er. In dem Jahr, als er Gibson in der W ü ste verlor und einhundertundzwanzig Meilen durch grauenhafte Hitze stolperte, erkundete er auch das Yulara- Gebiet im Zentrum. Eines Tages kletterte er einen kleinen H ü gel hoch, und es bot sich ihm ein Anblick, von dem er nicht einmal getr ä umt haben konnte. Unfassbar imposant stand vor ihm der einzigartigste Monolith auf Erden, der gro ß e rote Felsen Uluru. Als Giles nach Adelaide zur ü ckeilte, um ü ber den Fund zu berichten, teilte man ihm mit, dass ein Mann namens William Christie Gosse ihn ein paar Tage vor ihm, Giles, zuf ä llig entdeckt und Ayers Rock genannt hatte, zu Ehren des Gouverneurs von South Australia.
Als Giles schlie ß lich zu alt f ü r Expeditionen war, arbeitete er als Angestellter in den Goldfeldern von Coolgardie, wo er 1891 in v ö lliger Vergessenheit starb. Heute erinnert sich kaum noch jemand an ihn. Kein Highway tr ä gt seinen Namen.
Und so schlugen wir, der wackere Mr. Sherwin und ich, uns durch die hei ß e, unendliche W ü ste. S ü dlich von Daly Waters wurde die Vegetation immer sp ä rlicher. Langsam gruselte es uns, als h ä tten wir den Planeten Erde verlassen. Der Boden nahm einen r ö tlichen Schimmer an, mehr marsm äß ig als irdisch, und das Sonnenlicht schien doppelt so intensiv, als stamme es von einer n ä heren, gr öß eren Sonne. Selbst auf dem glatten, geteerten Highway, bequem im Auto mit Klimaanlage sitzend, konnten wir ein wenig nachvollziehen, was die Erforscher durchgemacht haben mussten, und das n ö tigte uns keinen geringen Respekt ab.
Zu unserer Linken lagen mehrere tausend Quadratmeilen stoppeligen Nichts namens Barkly Tableland, das schlie ß lich in die Simpson Desert ü bergeht, vermutlich das unergiebigste Rinderzuchtland der Welt. Die Ranchen m ü ssen riesengro ß sein, um rentabel zu arbeiten. Zur Rechten war - unglaublich! - das Land noch harscher. Das war die ber ü chtigte Tanami Desert, ein derart h ö llisch trockenes Gebiet, dass es selbst heute noch nicht vollst ä ndig kartografiert ist. Auf meiner Karte war auf den dreihundert Meilen bis zur Grenze nach Western Australia nichts eingezeichnet, kein ausged ö rrtes Flussbett, keine alte Lehmpiste. Und jenseits der Grenze erstreckten sich weitere sechshundert Meilen Trostlosigkeit.
Selbst am Stuart Highway, auf dem sich ja noch Leben abspielte, lag auf den rund f ü nfhundertundf
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