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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
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verlockender Ort. Als Alan Moorehead 1954 durchkam, war Alices einzige regelm äß ige Verbindung zur Au ß enwelt der einmal w ö chentlich verkehrende Zug aus Adelaide. Dessen Ankunft am Samstagabend war das gr öß te Ereignis im Leben der Stadt. Er brachte Post, Zeitungen, neue Filme f ü r das Kino, sehnlichst erwartete Ersatzteile und anderes, das man nicht am Ort kaufen konnte. Fast die ganze Stadt kam herbei und guckte, wer ausstieg und was entladen wurde.
    Damals hatte Alice viertausend Einwohner und kaum Besucher. Heute ist es eine bl ü hende kleine Kommune mit f ü nfundzwanzigtausend B ü rgern und dreihundertund- f ü nfzigtausend Besuchern im Jahr, woraus sich nat ü rlich ein Problem ergibt. Man kann in zwei Stunden von Adelaide einfliegen, in weniger als drei von Melbourne und Sydney. Man kann einen Milchkaffee trinken und ein paar Opale kaufen und dann mit einem Ausflugsbus ü ber den Highway nach Ayers Rock fahren. Die Stadt ist nicht nur erreichbar, sondern ein Reiseziel geworden. Sie ist so voller Motels, Hotels, Kongresszentren, Campingpl ä tzen und Touristenorten in der W ü ste, dass man keine Sekunde lang so tun kann, als habe man etwas Au ß ergew ö hnliches geleistet, weil man es dorthin geschafft hat. Es ist verr ü ckt. Eine Stadt, die einmal daf ü r ber ü hmt war, dass sie so abgeschieden lag, zieht nun tausende Besucher an, die kommen und sehen, wie abgeschieden sie nicht mehr ist.
    Fast alle Reisef ü hrer und -berichte geben sich der heimlichen Illusion hin, dass Alice immer noch einen einzigartigen Outback-Charme besitzt - eine Atmosph ä re des Von-allem-weg-Seins, die man nur hier findet -, in Wirklichkeit aber ist es eine Stadt, wie man sie ü berall in Australien findet. Nein, ü berall auf dem Planeten Erde. Auf dem Weg ins Zentrum kamen wir an Stripperclubs, Autoh ä ndlern, McDonald's und Kentucky Fried ChickenFilialen, Banken und Tankstellen vorbei. Nur einige wenige Aborigines, die durch das trockene Bett des Todd River wanderten, deuteten darauf hin, dass hier vielleicht etwas anders war. Wir nahmen uns Zimmer in einem Motel am Rande des bescheidenen Zentrums. Meines hatte einen Balkon, von dem aus ich sehen konnte, wie das Licht der untergehenden Sonne die W ü ste ü berflutete und die H ä nge der Mac-Donnell Ranges dahinter golden gl ä nzen lie ß . Das hei ß t, ich konnte es sehen, wenn ich ü ber einen gro ß en K-Mart-Komplex auf der anderen Stra ß enseite hinwegschaute. Ein ungl ü cklicheres Zusammentreffen gibt es auf den zwei Millionen oder mehr Quadratmeilen des australischen Outback wohl kaum.
    Allan besch ä ftigte offenbar ein ä hnlicher Gedanke, denn als wir uns eine halbe Stunde sp ä ter drau ß en vor dem Motel trafen, betrachtete auch er die Szenerie. » Ich fass es nicht. Da sind wir eintausend Meilen gefahren, und was finden wir? Ein K-Mart « , sagte er. Dann schaute er mich an. » Wei ß t du, ihr Amis habt ganz sch ö n viel Mist gebaut. «
    Ich hub an zu protestieren, doch ohne rechte Verve. Was konnte ich auch sagen? Er hatte Recht. Es stimmt. Unsere Verkaufsphilosophie schl ä gt sich in total un ä sthetischen und zugleich unwiderstehlichen Anlagen nieder. Und die packen wir auch noch ein und verschiffen sie in die entlegensten Ecken des Globus. Fast alles in Alice Springs, was faszinierend bedauerlich aussah, war Produkt US-amerikanischen Unternehmergeistes, von Leuten, die unwissentlich halfen, einer Outbackstadt die Individualit ä t auszutreiben, es aber niemals so betrachtet h ä tten. Und ich wage zu behaupten, dass es nat ü rlich auch die meisten Leute aus Alice Springs, die hier einkauften, nicht so sahen. Sie waren garantiert entz ü ckt, dass sie genug Gratisparkpl ä tze hatten und nun auch Martha-StewartHandt ü cher und -Duschvorh ä nge kaufen konnten. In was f ü r einer traurigen, komischen Zeit wir doch leben.
    Allan und ich schlenderten auf der Suche nach Essen und Zerstreuung durchs Stadtzentrum. Es dauerte nicht lange, bis wir das bescheidene Angebot erkundet hatten. Als wir zum zweiten Mal durch dieselben Stra ß en liefen, gingen wir in ein chinesisches Restaurant, an dem wir, aus der anderen Richtung kommend, schon kurz zuvor vorbeigegangen waren. Was Besseres fanden wir sowieso nicht. Es war fast leer.
    W ä hrend wir auf unser Essen warteten, betrachtete Allan kritisch die Velourstapete und knallbunten Dekorationen, als erkl ä rten allein sie schon Alices entt ä uschende
    Defizite. » Und wie lange bleiben wir

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