Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
Vom Netzwerk:
Ich fand ein Zimmer in einem Motel in einer Seitenstra ß e unweit des Stadtzentrums. Der Besitzer, ein sportlicher Bursche in Shorts und kurz ä rmeligem Hemd, las meinen Namen von der Registrierkarte ab, sagte » Tach auch, Bill. Willkommen in Young « und sch ü ttelte mir so kraftvoll die Hand, als f ü hre er mich in eine Geheimgesellschaft ein. Die Freundlichkeit der Australier - eigentlich immer aufrichtig und spontan - erstaunte und entz ü ckte mich doch stets aufs Neue. Noch nie hatte mir ein Motelier derart herzhaft die Hand gesch ü ttelt; noch nie hatte einer seiner Freude, dass das Schicksal uns zusammengef ü hrt hatte, derart lebhaft Ausdruck verliehen.
    » Sch ö n, dass Sie da sind « , sagte er und riss mir fast den Arm aus der Kugel. » Ich hei ß e Bruce « - oder wie auch immer. Ich kriegte es nicht so genau mit, weil ich das Gef ü hl hatte, dass mir die Dinge buchst ä blich aus der Hand genommen wurden.
    » Ja, Tach auch, Bruce « , stotterte ich jedenfalls unsicher. » Ich bin Bill. «
    » Ja, Bill, das haben wir ja schon Schwarz auf Wei ß« , sagte er und lie ß meine Hand urpl ö tzlich fallen. » Sie sind in Zimmer sechs. «
    Ich ging mit dem Schl ü ssel hin, ö ffnete die T ü r und trat ein. Das Zimmer war bis aufs I-T ü pfelchen aus dem Jahre 1958. Ich meine nicht, dass es seitdem nicht mehr renoviert worden war, und ich meine es auch nicht im Geringsten abwertend. Ich meine, dass es in dem Zimmer so aussah wie 1958. Die W ä nde waren mit unbearbeiteter Kiefer paneeliert. Das Fernsehen hatte keine Fernbedienung, sondern noch eine richtige W ä hlscheibe. Der Toilettensitz war mit einem » keimfrei f ü r Ihre Hygiene « -Papier eingepackt wie ein Geschenk. In einer Schublade lagen zwei Gratispostkarten mit Ansichten des Motels und eine Papiert ü te, in die ich, zum gef ä lligen Gebrauch, die Gegenst ä nde stecken sollte, die ich nicht durchs Klo sp ü len konnte. Die T ü te trug die Zeichnung einer Dame (vermutlich, um uns einen Tipp zu geben, dass sie f ü r weiblich » intime « Dinge und nicht f ü r Maiskolben oder kleine Motorteile gedacht war). Ich war ü bergl ü cklich. Ich stellte meine Sachen ab und ging durch die br ü tende Hitze des ausklingenden Tages in die Stadt. Nun sah ich die F ü nfziger ü berall. Selbst die Schilder » Vorsicht! Kinder! « zeigen in Australien Kleinchen im Outfit dieser Zeit - ein M ä dchen im Sonntagskleid, einen Jungen in kurzen Hosen.
    Oberfl ä chlich betrachtet, ä hnelte Young den St ä dten, mit denen ich gro ß geworden bin, nicht sonderlich. Die au ß ergew ö hnlich breiten Stra ß en (in den australischen Landst ä dten m ö gen sie echt breite Stra ß en), die roten Blechd ä cher, die Metallmarkisen, die wie Hutkrempen um alle Gesch ä ftsgeb ä ude herumliefen - all das war zweifellos Australien. Aber in dem, wie sich das Leben in Young abspielte und was es sonst noch in der Stadt gab, war es unheimlich vertraut. Wenn man hier eine Besorgung machen musste, fuhr man in die Stadt hinein und nicht hinaus und parkte auf einem schr ä gen Parkplatz in der Main Street. Schon deshalb blieb ich erst mal ein paar Minuten lang wie angewurzelt stehen. Ich hatte vergessen, dass es einmal eine Zeit gab, in der eine Gemeinde nichts weiter als ein paar Parkpl ä tze in der Main Street brauchte. Dann lief ich mit einem Gef ü hl tiefer Bewunderung weiter. Au ß er der Bank und einem Supermarkt geh ö rten die L ä den Besitzern aus der Stadt selbst, mit all den unterschiedlichen Geschm ä ckern und Aufmachungen, die das mit sich bringt. Es gab Gesch ä fte, wie ich sie seit Jahren nicht gesehen hatte - Reparaturwerkst ä tten und kleine Elektrol ä den, B ä ckereien, Schuster und Tea-Rooms -, und manchmal hatten sie die komischsten Dinge zusammen im Angebot. Am Ende der Hauptstra ß e kam ich zu einem Etablissement, das diesbez ü glich so einzigartig war, dass ich stocksteif davor stehen blieb.
    Man hielt Haustierzubeh ö r und Pornografie feil. Wirklich wahr. Ich trat zur ü ck und starrte das Schild an, dann lugte ich durchs Schaufenster und ging schlie ß lich hinein. Der Laden war nicht gro ß und ich der einzige Kunde. Auf einem Podest etwa in der Mitte sa ß ein Mann an einer Kasse und las Zeitung. Er sagte weder Guten Tag noch gr üß te sonst wie, was mir sehr komisch - sehr unaustralisch - vorkam. Dann kapierte ich, dass er nur diskret war. Die meisten seiner Kunden taten wahrscheinlich, was ich nun tat: Sie wanderten herum und

Weitere Kostenlose Bücher