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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
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das Zeitliche gesegnet hat, gibt jedoch keinerlei Hinweis, wie viele Chinesen zu Tode gekommen oder verletzt worden sind. Er berichtet auch nicht, was aus ihnen geworden ist, ob sie f ü r immer aus dem Camp vertrieben wurden oder ob sich die Situation beruhigte und sie wieder an die Arbeit gingen. Sicher ist nur, dass der Aufstand in Lambing Flat dazu f ü hrte, dass man das betrieb, was sp ä ter White Australia Policy genannt wurde, eine Politik f ü r ein wei ß es Australien. Damit war im Prinzip bis in die siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts hinein Nichteurop ä ern die Einwanderung verboten. Diese Politik f ä rbte - und hier will ich gar nicht witzig sein - ü ber ein Jahrhundert lang auf beinahe jeden Aspekt des Lebens in Australien ab.
    Das Lambing Flat Museum war ein gro ß er, alter einst ö ckiger Backsteinbau in einer Seitenstra ß e. Rechtzeitig zum Ö ffnen der Eingangst ü r war ich dort. Es schien eine Menge Entriegeln und Herumhantieren seitens eines mit einem Schl ü sselbund bewehrten Menschen im Inneren vonn ö ten zu sein, und mir d ä mmerte, dass es doch keine so beliebte und wichtige Institution war, wie ich angenommen hatte, denn als die T ü r aufschwang, fiel die Dame fast hint ü ber. » Haben Sie mich aber erschreckt! « , kicherte sie fr ö hlich, als h ä tte ich ihr einen veritablen Schabernack gespielt. Offenbar kamen Besucher nur sehr gelegentlich. Sie freute sich jedenfalls, dass ich da war, und nachdem sie meine drei Dollar Eintrittsgeld kassiert hatte, riet sie mir, mir Zeit zu nehmen und sofort zu ihr zu kommen, falls ich eine Frage h ä tte.
    Das Museum war ziemlich gro ß und mit dem eigenartigsten Sammelsurium best ü ckt - Pl ä tteisen, Stiefelleisten, einem Einsp ä nner, alten Laternen, Maschinenteilen. Mit Spinnweben h ä tte das Ganze die Scheune meines Gro ß vaters sein k ö nnen. In einer Ecke des Hauptausstellungsraumes fand ich das Prunkst ü ck der Sammlung: die gro ß e Fahne, die die Aufr ü hrer im Jahre 1861 geschwenkt hatten. Sie ist als die » Roll-up-Flagge « bekannt, denn quer hinein sind die Worte » Schlie ß t euch zusammen, schlie ß t euch zusammen. Keine Chinesen « gestickt.
    Das Museum nahm gar kein Ende und schien alles zu enthalten, was die Leute in Young je erworben hatten und nun nicht mehr wollten - N ä hmaschinen, Rechenmaschinen, Gewehre, Hochzeitsalben, Taufkleider. Auf einem Tisch stand ein gro ß es Glas mit Tausenden kleiner gl ä nzend schwarzer Kugeln. In dem Versuch, herauszufinden, was es war, schaute ich es mir an.
    » Rapssamen « , sagte eine Stimme ziemlich nah - ja, so nahe, dass ich erschreckt auffuhr. Sie geh ö rte der Dame, die mich hineingelassen hatte.
    » Oh, haben Sie mich erschreckt! « , sagte ich, woraufhin sie so l ä chelte, dass ich argw ö hnte, dass auch genau das ihre Absicht gewesen war. Vielleicht verbrachten die Leute in Young ja so ihre Zeit.
    » Finden Sie alles? « , fragte sie.
    Ich schaute sie neugierig an. Woher sollte ich das wissen? Doch ich erwiderte » Ja « und f ü gte h ö flich hinzu: » Es ist sehr interessant. «
    » Ja, Young hat eine Menge Geschichte zu bieten « , stimmte sie mir zu und schaute sich dann um, als sei es vielleicht ein wenig zu viel.
    Mein Blick wanderte wieder zu dem Glas mit den Samenk ö rnern. » Bauen Sie viel Raps hier an? « , fragte ich.
    » Nein « , erwiderte sie kurz und b ü ndig.
    Nun ü berlegte ich, was ich sonst noch sagen konnte. » Na ja, wenn Sie wollen, dann haben Sie ja hier die Samen « , bemerkte ich aufmunternd.
    Gott sei Dank bimmelte in dem Moment eine Glocke - wie in einem Laden, wenn ein Kunde hereinkommt -, und sie entschuldigte sich. Ich wartete ein paar Sekunden, dann folgte ich ihr. Ich hatte mich genug umgeschaut und wollte weiterfahren.
    Im Eingangsflur kaufte ein Paar mittleren Alters Eintrittskarten. Da es einigerma ß en beengt war, musste ich warten, bis sie beiseite traten, damit ich hinauskonnte. Im Vorbeigehen dankte ich der wei ß haarigen Dame.
    » Es hat Ihnen gefallen, nicht wahr? « , fragte sie.
    » Sehr sogar « , log ich.
    » Im Urlaub hier? « , fragte die Besucherin, vermutlich wegen meines Akzents.
    » Ja « , log ich wieder.
    » Wie gef ä llt es Ihnen in Australien? «
    » Wunderbar. « Das war nicht gelogen, aber sie schaute mich zweifelnd an. » Wirklich « , f ü gte ich hinzu.
    Dann geschah etwas Merkw ü rdiges - jedenfalls fand ich es merkw ü rdig. Die Besucherin legte die Hand auf meinen Unterarm und

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