Frühstück mit Kängurus
australischen Frequenzen nichts geht - Vic Damone, Mel Torme, Frank Sinatra auf dem H ö hepunkt seiner hirnlosen Schubidubidu-Phase -, schwanden, als w ü rden sie von einer gewaltigen Schwerkraft zur ü ck in das Loch gezogen, aus dem sie entfleucht waren. Zum Schluss brachte alles W ä hlen nur ein ununterbrochenes statisches Fauchen. Lediglich an einer Stelle am Ende der Skala herrschte Klarheit. Zuerst hielt ich es auch f ü r genau das, eine stumme, klare Stelle. Aber dann h ö rte ich leise, wie Menschen, die sitzen mussten, sich regten und ab und zu fl ü sterten. Und nach einer ziemlich langen Pause sagte eine ruhige, nachdenkliche Stimme: » Pilchard beginnt seinen langen Lauf vom kurzen Tor. Er wirft und ... ah, er macht aus! Ja, er hat ihn. Longwilly wird von Grattan beim unerlaubten Stoppen eines direkten Wurfs mit dem Bein erledigt. Was sagen Sie nun dazu, Neville? «
» Das ist erste Klasse, Bruce, erste Klasse. Ich glaube, seit Baden-Powell 1948 in Bangalore gegen Rangachangabanga sechs B ä lle ohne L ä ufe geworfen hat, habe ich keinen derart einmaligen Abseits-mittel-langsamschnellen Direktwurf mehr gesehen. «
Ich war in die surreale, begl ü ckende Welt einer Cricket ü bertragung im Radio geraten!
Nach Jahren geduldigen Studiums (und bei Cricket geht es nicht anders) bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es bei dem Spiel eigentlich kein Problem gibt, das man nicht im Handumdrehen mit dem Einf ü hren von Golfkarren l ö sen k ö nnte. Es trifft auch nicht zu, dass die Engl ä nder Cricket erfunden haben, damit alles andere menschliche Treiben interessant und aufregend wirkt. Das war nur ein unbeabsichtigter Nebeneffekt. Ich m ö chte auch keinen Sport verunglimpfen, den Millionen, von denen manche sogar einigerma ß en wach aus der W ä sche gucken, gut finden - aber es ist ein komisches Spiel. Es ist der einzige Sport, bei dem Pausen f ü r Mahlzeiten miteinbezogen werden. Es ist der einzige Sport, bei dem die Zuschauer genauso viele Kalorien verbrauchen wie die Akteure, und wenn sie auch nur ein wenig hibbelig sind, sogar mehr. Es ist - au ß er vielleicht Backen - die einzige Wettkampfart weit und breit, bei der man sich von Kopf bis Fu ß in Wei ß kleiden kann und am Schluss noch genauso sauber ist wie zu Beginn.
Stellen Sie sich eine Form des Baseball vor, bei der der Pitcher nach dem Abwurf den Ball vom Catcher kriegt, langsam damit ins Hauptfeld geht, dort eine Minute verharrt, sich sammelt und dann j ä h umdreht, volle Kanne zur Abwurfstelle rennt und den Ball auf die Kn ö chel eines Mannes schleudert, der vor ihm steht: mit Reitkappe, schweren Handschuhen, die man beim Hantieren mit radioaktiven Isotopen tr ä gt, und einer Matratze vor jedes Bein geschnallt. Stellen Sie sich weiter vor, dass ebenjener unf ö rmige Schlagmann den Regeln entsprechend weder verpflichtet ist zu rennen, noch achtzehn Meter mit den Matratzen an den Beinen zu watscheln, wenn er den Ball nicht so trifft, dass er zu diesem Versuch ermutigt wird; er kann den ganzen Tag da stehen bleiben und tut es in der Regel auch. Wenn er wie durch ein Wunder doch einmal dazu animiert werden kann, einen schlechten Schlag auszuf ü hren, und damit aus ist, werfen alle F ä nger triumphierend die Arme hoch und umarmen sich liebevoll. Dann wird zur Teepause gerufen, und alle begeben sich heiteren Sinnes zu einem entfernten Pavillon und st ä rken sich f ü r die n ä chste Kraftprobe.
Und zum Schluss bedenken Sie, dass das alles so lange dauert, dass es - wenn das Match zu Ende ist - Herbst und die Ausleihfrist f ü r alle Ihre B ü chereib ü cher abgelaufen ist. Das ist Cricket.
Cricket im Radio hat allerdings etwas unvergleichlich Beruhigendes. Es ist, als h ö re man zwei M ä nnern zu, die auf einem gro ß en stillen See in einem Ruderboot sitzen, an einem Tag, an dem die Fische nicht bei ß en; es ist wie ein Nickerchen halten, ohne ganz wegzutreten. Und im Ü brigen macht es gar nichts, wenn man nicht recht versteht, was da abl ä uft. In einer solch exklusiven Welt der Zufriedenheit und Inaktivit ä t w ü rde zu viel Gr ü beln nur st ö ren.
» Jetzt kommt also Stovepipe, um an diesem prachtvollen Sommernachmittag im Melbourne Cricket Ground zu werfen « , sagte nun einer der Kommentatoren. » Mal sehen, ob er hier ein Abseitsfallenlassen riskiert oder die rasche Nummer durchzieht. Stovepipe wirft den Ball sehr ungew ö hnlich, denn er verl ä sst das Spielfeld und beginnt seinen Lauf direkt vor der Brauerei
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