Frühstück mit Kängurus
trug mit seltsam unersch ü tterlichem Stolz einen faszinierend ü bergro ß en und r ü hrend deplatzierten, brandneuen Buschhut, was Carmel und mich, immer, wenn wir anhielten, um zu tanken oder eine Tasse Kaffee zu trinken, veranlasste, starrenden Fremden zu bedeuten, dass er auf Freigang war und wir ihn am Wochenende zur ü ck ins Heim bringen w ü rden. Ansonsten verlief die Fahrt ohne weitere Zwischenf ä lle oder Peinlichkeiten.
Alan und Carmels Haus steht in herrlicher Abgeschiedenheit an einem steilen Berghang. Der Blick ü ber ein malerisches, stilles Tal mit Tabakfeldern und Weing ä rten reichte weit und war so bezaubernd, dass man unwillk ü rlich an ein Kinderbilderbuch denken musste. Das, begriff ich nach einer Minute, war der Blick, den Nils Holgersson von hoch oben auf die Erde hatte.
»Nicht übel, was?«, sagte Howe.
»Viel zu schön für jemandem mit einem solchen Hut. Wie heißt die Gegend hier?«
»King Valley. Dort hinten hatte Carmels alter Herr seine Farm.« Er zeigte auf hügelige Ländereien, die sich an einen Berg schmiegten. Unglaublich, aber es erinnerte mich an die Landschaften des amerikanischen Malers Grant Wood, sanfte Bergrücken, Felder und Wiesen, üppig grüne Bäume, die ein idealisiertes Iowa zeigten, das nie existiert hat. Und hier existierte es.
Wir gingen ins Haus, und sofort begannen Howe und Carmel, in dieser beeindruckend praktischen Art aktiv zu werden: Sie machten Fenster auf, stellten das heiße Wasser an, packten die Lebensmittel weg. Ich half, das Zeugs vom Auto hineinzutragen, nicht ohne bei jedem Schritt auf Schlangen zu achten, und als das erledigt war, schlenderte ich auf die große Terrasse, um die Aussicht zu genießen. Kurz darauf kam Howe mit zwei kalten Bieren an, von denen er mir eins gab. So entspannt hatte ich ihn, glaube ich, noch nie gesehen. Er hatte sogar den Hut abgelegt.
Nach einem Schluck Bier fing er an zu plaudern. »Als ich Carmel kennen lernte, redete sie immer davon, dass sie eines Tages hier oben ein Stück Land kaufen und ein Haus bauen wollte, und ich dachte immer: >Ja, ja, Liebes.< Denn wozu braucht man ein Haus mitten im Busch? Kostet Geld, und immer dräuen Buschfeuer und dergleichen. Aber dann sind wir mal hier raufgefahren und haben ihre Familie besucht, und ich habe einen Blick darauf geworfen und gesagt: >Wo soll ich unterschreiben?< Als ihre alten Herrschaften kurz danach den ganzen Bettel verkaufen und nach Ballarat ziehen wollten, haben wir das Stück von ihnen gekauft - es ist eh zu steil, um was anzubauen -, und das Haus hier hingestellt.« Er nickte in Richtung Carmel, die in der Küche vor sich hinsummte. »Sie ist wahnsinnig gern hier. Ich übrigens auch.«
»Richten Buschfeuer großen Schaden an?«
»Doch ja, manchmal sind sie gigantisch. Eukalyptusbäume wollen ab und zu brennen. Das gehört zu ihrer Strategie, um andere Pflanzen auszutricksen. Sie sind voller Öl, und wenn sie einmal brennen, sind sie teuflisch schwer zu löschen. Ein richtig großes Buschfeuer bewegt sich mit fünfzig Meilen die Stunde durch die Landschaft, und die Flammen schlagen bis zu fünfzig Metern hoch in die Luft. Ein irrer Anblick, das kannst du mir glauben.«
»Wie oft brennt es?«
»Ach, ich würde mal annehmen, alle zehn Jahre oder so gibt's ein richtig großes Buschfeuer. 1994 war eins, da verbrannten sechshunderttausend Hektar, und Teile von Sydney waren in Gefahr. Ich war damals dort; eine schwarze Qualmwolke verdüsterte den ganzen Himmel. Es brannte tagelang. Das größte Feuer war 1939. Darüber reden die Leute noch heute. Es brach während einer Hitzewelle aus, die so schlimm war, dass in den Kaufhäusern die Köpfe der Schaufensterpuppen anfingen zu schmelzen. Kannst du dir das vorstellen? Damals ist fast ganz Victoria verbrannt.«
»Und wie groß ist das Risiko hier?«
Er zuckte gleichmütig mit den Achseln. »Das wissen die Götter. Es könnte nächste Woche passieren, in zehn Jahren oder niemals. Kumpel, hier bist du der Natur ausgeliefert, auf Gedeih und Verderb. Das gehört hier zum Leben. Aber eins kann ich dir sagen.«
»Was?«
»Wenn du weißt, dass alles in einer einzigen Rauchwolke aufgehen kann, schätzt du es umso mehr.«
Howe gehörte zu den Menschen, die es nicht ertragen, dass man schläft, wenn es Tageslicht auszunutzen gibt. Früh am nächsten Morgen zerrte er mich aus den Federn. Wir hätten jede Menge zu tun, verkündete er. Eine Schrecksekunde lang dachte ich, wir müssten das Dach decken oder Steine
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