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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
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Schaufensterpuppen ausmachen. Nach ein paar Minuten erloschen die Lichter vollst ä ndig, es fing pl ö tzlich ganz schrecklich an zu knallen, und die Vorstellung begann.
    Also, nennen Sie mich ein Weichei oder werfen Sie mir ein Schei ß haus auf den Kopf, aber ich muss Ihnen sagen, dass ich selten etwas so wunderbar, so entz ü ckend, so kolossal Schlechtes gesehen habe wie Ned Kelly's Last Stand. Es war so schlecht, dass es jeden Pfennig wert war. Ach, eigentlich war es so schlecht, dass es sogar noch mehr wert war, als wir bezahlt hatten. F ü nfunddrei ß ig Minuten lang liefen wir durch eine Reihe R ä ume und sahen zu, wie selbst gebastelte lebensgro ß e Puppen mit starrem L ä cheln im Gesicht und einer Matte auf dem Kopf, die an windzerzaustes Schamhaar erinnerte, herrlich unverst ä ndliche und willk ü rlich herausgegriffene Szenen des ber ü hmten letzten Gefechts Ned Kellys nachspielten. Ab und zu drehte sich eine Puppe mit steifem Hals um oder riss den Unterarm hoch, um mit einer Pistole zu schie ß en, wenn auch nicht notwendigerweise in Ü bereinstimmung mit dem Erz ä hlten. Gleichzeitig wurden in jedem Raum zahlreiche andere Tricks vorgef ü hrt - leere St ü hle schaukelten, Schrankt ü ren ö ffneten und schlossen sich auf mysteri ö se Weise, elektrische Klaviere spielten, eine Jungsgestalt schwang unter den Deckenbalken an einem Trapez hin und her (und warum auch nicht?). Kennen Sie die St ä nde auf dem Rummel, an denen Sie mit einem Gewehr auf verschiedene Zielscheiben schie ß en, damit eine Plumpsklot ü r im Garten aufschwingt oder ein ausgestopftes H ü hnchen von der Stange kippt? Also, daran musste ich denken; es war nur viel schlechter. Die Geschichte, die erz ä hlt wurde, ergab, so weit man sie durch all die miteinander wetteifernden L ä rmquellen h ö ren konnte, ü berhaupt keinen Sinn.
    Als wir gl ü cklich wieder drau ß en in der Sonne standen, fanden wir es so toll, dass wir erwogen, noch einmal hineinzugehen - aber f ü nfundvierzig Dollar sind schlie ß lich kein Pappenstiel, und wir hatten auch Angst, dass es bei nochmaligem Ansehen einen Sinn ergeben w ü rde. Deshalb gingen wir los und schauten uns einen gigantischen Fiberglas-Ned-Kelly an, der vor einem der Souvenirl ä den stand. Er war nicht so gro ß oder bedrohlich wie der Gro ß e Hummer, und seine Hoden baumelten auch nicht im Wind, aber er war trotzdem ein k ü hnes Exemplar seiner Gattung. Nachdem wir noch durch ein paar Gesch ä fte gebummelt waren und Postkarten gekauft hatten, gingen wir zur ü ck zum Auto, und der n ä chste Teil unseres abenteuerlichen Tages begann.
    Wir wollten zum ber ü hmten Kelly-Baum an einer abgelegenen Stelle namens Stringybark Creek. Dazu bedurfte es einer langen Fahrt durch ein eigent ü mlich gespenstisches Tal verlassener und halbverlassener Farmen, die gro ß teils von Brombeeren ü berwuchert waren, dann hinauf in dichten, frischen gr ü nen Regenwald und schlie ß lich in einen Hain gro ß er, hoch gewachsener Faserrindeneukalypten. Australien hat etwa siebenhundert Eukalyptusarten, und sie tragen herrlich ausdrucksvolle Namen - Kakadu Woollybutt, Bastard Tallowwood, Gympie Messmate, Candlebark, Geistereukalyptus. Den Faserrindeneukalyptus erkannte ich als Ersten immer wieder, weil die Rinde in langen Streifen abpellt und in faserigen Quasten von den Zweigen h ä ngt oder zusammengerollt in Haufen auf der Erde liegt (da brennt es noch besser). Es sind sch ö ne B ä ume. Gro ß , gerade und au ß ergew ö hnlich dicht wachsend. Als wir ein paar Meilen durch den Wald gefahren waren, kamen wir an einen Parkplatz neben einem Schild, das den Kelly Tree anzeigte. Wir waren die einzigen Besucher; ja, wir hatten den Eindruck, als seien wir die ersten Besucher seit Jahren. Der Wald war k ü hl und still und hatte mit all den herunterh ä ngenden Rindenstreifen eine seltsam abweisende, unirdische Atmosph ä re. Der Kelly-Baum stand an einem Pfad und unterschied sich von den anderen durch den kr ä ftigen Stamm und ein Metallschild in Form von Kellys ber ü hmtem Helm.
    » Und was genau hat es mit dem Kelly-Baum auf sich? « , fragte ich.
    » Also « , sagte Alan, als hielte er einen gelehrten Vortrag. » Als die Kelly-Bande immer ber ü chtigter wurde, jagte die Polizei sie mit gr öß ter Entschlossenheit, und sie mussten sich an immer entlegeneren, menschenleeren Orten verstecken. «
    » Wie zum Beispiel hier? «
    Er nickte. » Ja, viel einsamer konnten sie es nicht haben. «
    Wir

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