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Fruehstueck mit Proust

Fruehstueck mit Proust

Titel: Fruehstueck mit Proust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frédérique Deghelt
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Reportage versprechen, die das Blatt geplant hatte.
    Jade sah das hübsche Mädchen, das ein Jahr zuvor durch Beziehungen in die Moderedaktion gelangt war, verdattert an. Sie versuchte sich vorzustellen, wie sie demnächst in ihrem Chanelkostümchen durch die Viertel der afrikanischen Einwanderer schreiten würde. Und mit einem Lächeln flüsterte sie ihr zu, dass sie über alle Kontakte für diese Reportage verfüge, die ursprünglich ihre Idee gewesen sei, und fragte sich mit einem Anflug von Sadismus, wie ihre Vorgesetzten es wohl anstellen würden, sie ihr zu entlocken! Denn das Thema war schwierig, fast ein Tabu, die Familien waren nicht bereit, einem Journalisten die Tür zu öffnen. Vielleicht sollte sie ihre Idee und ihre Kontakte sogar der Konkurrenz anbieten und mit dieser Redaktion brechen – doch damit setzte sie auch ihre Haupteinnahmequelle aufs Spiel, und das war im Augenblick, wo sie für ihre Großmutter Verantwortung trug, nicht der richtige Zeitpunkt.
    Nachdem sie das letzte Porträt von einer Serie über die größten Frauen in der französischen Wirtschaft abgegeben hatte, verließ Jade die Zeitung sehr früh, ohne sich von irgendjemandem zu verabschieden. Sie fühlte sich hintergangen, und sie war wütend. Doch ihrer Wut zum Trotz war das Wetter herrlich. Sie beschloss, auf dem Heimweg nicht wieder unter die Erde abzutauchen.

Mamoune
    I ch hätte nie gedacht, dass die kleine Jade, das fünfte meiner neun Enkelkinder, diejenige sein würde, die mich eines Tages zu sich holt! Als sie klein war, war sie ein sehr fröhliches Mädchen und wickelte ihre Mutter ganz schön um den Finger, die es gar nicht zu merken schien.
    Lisa, die Lebensgefährtin meines Sohnes, machte auf mich einen äußerst seltsamen Eindruck, als ich sie zum ersten Mal sah. Sie war sehr dünn, fast mager, und ihre Augen, die so groß waren wie die einer Figur von Veronese, schienen niemanden zu sehen. Sie war nett und abwesend. Ihr von blonden Locken umrahmtes Gesicht hatte etwas Madonnenhaftes. Sie passte gut zu Serge, der ebenfalls groß und blond war und so breit und sportlich, wie sie schmächtig.
    »Sie ist hübsch, sie muss nur wieder ein bisschen zunehmen«, sagte Jean mit seinem Männerblick, »ansonsten ist sie halt eine Künstlerin wie Serge.« Als wäre das eine Kategorie, die jede Bewertung seinerseits erübrigte.
    Anfangs dachte ich, Serge habe Jade immer bei sich, weil er so hingerissen war von seinem ersten Baby. Bis ich feststellte, dass Lisa sich nicht um die Kleine kümmerte. Sie vergaß sie ganz einfach, als gäbe es das Kind in ihrem Leben gar nicht. Jades Anwesenheit nervte oder ängstigte sie nicht einmal, wie es bei manchen jungen Müttern der Fall ist. Lisa war schlicht nicht da. Sie ging ganz in ihrer Malerei und in ihrer Liebe zu Serge auf. Und da sie beide noch sehr jung waren und eigentlichnicht mit Nachwuchs gerechnet hatten, waren sie mir, glaube ich, sehr dankbar, wenn ich aus Ärger über ihre Unsicherheit die Kleine so oft wie möglich zu mir nahm. Ich weiß nicht, ob Jade sich heute noch daran erinnert, dass sie in ihrer frühen Kindheit zumeist bei mir aufgewachsen ist. Ich sehe sie noch vor mir, wie sie mir ständig am Rockzipfel hing. Sie lief vom Garten mit in die Küche, sie war nur zufrieden, wenn sie mir überallhin folgen konnte, und machte alles mit mir gemeinsam. Bei jedem Wetter kam sie mit mir nach draußen, um im Hühnerstall Eier zu suchen oder die Ziegen hereinzuholen. Als sie groß genug war, um lesen zu lernen, fragte sie nicht mehr nach ihrer Mutter und war auch nicht mehr aufmüpfig zu ihr. Sie zog sich in eine ganz eigene Welt zurück und verbrachte viele Stunden mit der Schreibtafel, die Jean ihr gekauft hatte. Jade spielte Schule mit ihren Puppen, sie erfand unglaubliche Geschichten für ihre Schüler aus Plastik. Ich hörte ihr unbemerkt zu und erfreute mich an ihrer Vorstellungskraft.
    Jade war auch diejenige, die als erstes meiner Enkelkinder den Bücherkarton entdeckte, den die Gattin des Notars mir vermacht hatte. Sie wollte die Regale mit rotem Samt auslegen, um dort »die Büchers von Mamoune« aufzustellen, die sie niemals ausgeliehen und mit nach Hause genommen hätte, aus Angst, sie könnten sich dort verwandeln. Sie bat mich immer um das Wörterbuch, das für sie zu weit oben stand. Wenn ich ihr dabei half, ein bestimmtes Wort zu finden, lachte sie, weil ich die Reihenfolge des Alphabets immer durcheinanderbrachte. Sie konnte nicht wissen, welche Anstrengung es

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