Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen
fragte sich Markby. War das zu absurd? Wußte er, daß Pardy ihn nicht mehr brauchte, seine Unterstützung nicht mehr brauchte?
»Also schön, Frances«, sagte er energisch.
»Fangen Sie ganz von vorn an, und erzählen Sie mir, was Sie über Deanes und Harriet wissen.«
»Sie glauben doch nicht …« Sie unterbrach sich.
»Sie glauben doch nicht, er hat es wieder getan?«
»Was getan, Frances?«
»Ich erzähle Ihnen die ganze Sache, aber sie reicht weit zurück, mehrere Jahre«, warnte sie ihn.
»Tatsächlich reicht es in die Zeit zurück, bevor Deanes auf der Bildfläche erschien. Es fing an, als Harriet und ich noch in die Schule gingen und wir eine Freundin namens Caroline Henderson hatten. Wir drei waren so ziemlich unzertrennlich, manche Leute haben uns ›Die drei Musketiere‹ genannt. Caro war ein hübsches Kind, aber ein bißchen kränklich – hatte Diabetes. Sie war auch reich, hatte den Besitz ihres Großvaters geerbt. Ich will damit sagen, daß sie nicht nur wohlhabend war, sondern richtig stinkreich. Aber sie hatte keine Familie, nur einen Vormund und ein paar Treuhänder für ihr Geld. Es war bis zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag als Treuhandvermögen festgelegt.« Fran unterbrach sich.
»Ich kann das alles nicht mit einer trockenen Kehle erzählen, und von diesem Kaffee bring ich nichts mehr runter … Ich hätte gern einen Gin Tonic.«
»Ich hole uns etwas aus der Bar«, sagte Markby und stand auf.
»Hier dauert es mit dem Service bestimmt länger. Es ist fast elf, da dürften sie schon offen haben.« Er war schnell wieder da, mit einem Glas Bier für sich und einem Gin Tonic.
»Erzählen Sie weiter, Fran.«
»Gut.« Genießerisch nippte sie an ihrem Drink.
»Wir sind von der Schule abgegangen und haben getan, was junge Mädchen wie wir eben tun. Ich kam in ein Schweizer Internat, wo man mir gesellschaftlichen Schliff beibringen sollte, aber am Ende des ersten Semesters baten sie mich zu gehen – die Geschichte erzähle ich Ihnen auch noch eines Tages, aber nicht jetzt und nicht hier –, und danach bin ich ein bißchen rumgereist. Harriet widmete sich der Wohltätigkeit und arbeitete bei einer Organisation, die sich um Strafgefangene kümmerte. Dort hat sie Colin kennengelernt. Er war ein frischgebackener Rechtsanwalt und arbeitete kostenlos für die Wohlfahrt. Harriet war ehrlich beeindruckt von ihm. Ich will damit sagen« – Fran erklärte das mit allem Nachdruck –,
»daß es nie eine Liebesbeziehung zwischen ihnen gab. Sie kannte ihn einfach, arbeitete mit ihm und bewunderte ihn. Sie nahm ihn auf ein paar Partys mit und stellte ihn ihren Freunden vor. Sie machte ihn auch mit Caro bekannt. Das war der größte Fehler, den sie je gemacht hat, und sie hat sich ihn nie verziehen. Wäre ich damals in England gewesen, hätte ich Harriet warnen können. Sie war in mancher Beziehung ziemlich naiv. Ihr war nicht klar, daß Deanes auf diesen Partys eine reiche Frau suchte. Er hatte kein Geld, aber er brauchte welches. Nicht für sich – er war da wirklich altruistisch. Er wollte das Geld für seine Arbeit, für die Jugendlichen, denen er half. Er hatte alle möglichen Projekte, aber ohne soliden finanziellen Hintergrund hatte er keine Chance, sie verwirklichen zu können. Bei den Partys, zu denen Harriet ihn mitnahm, sah er eine Menge wohlhabender Mädchen und begriff, daß hier das Geld war, das er brauchte. Ich bin sicher, er hatte das Gefühl – und wer will behaupten, daß er unrecht hatte? –, das Geld, das sie leichtfertig ausgaben, könnte an anderer Stelle nutzbringender eingesetzt werden. Sie verschwendeten es, er konnte Gutes damit tun. Der Haken war nur, daß die meisten dieser Mädchen Familien hatten, die die Augen offenhielten, um Mitgiftjäger von vornherein abzuschrecken. Hätte er Interesse gezeigt, wären die Mädchen sofort vor ihm gewarnt worden. Caroline Henderson war Waise und hatte überhaupt keine Verwandten. Sie war einundzwanzig und in den Genuß ihres Geldes gekommen. Sie war, könnte man sagen, eine leichte Beute. Es gab eine stürmische Romanze, und sie und Deanes heirateten.« Langsam trank Frances den Rest ihres Gin Tonic. Ihre grünen Augen waren verschleiert, unergründlich. Sie erinnerte sich, und die Erinnerung war schmerzlich.
»Sie waren unglücklich«, sagte sie schroff.
»Vielmehr – Caroline war es. Deanes schwebte im siebten Himmel, denn endlich hatte er das Geld, das er wollte. Natürlich gehörte es nicht ihm. Aber er konnte Caroline
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