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Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen

Titel: Fuchs, Du Hast Die Gans Gestohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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noch selten daran. Blieb Alan. Sie mußte all das in den Griff kriegen, ehe es außer Kontrolle geriet. Heute abend – er kam heute abend und würde vermutlich irgendwohin essen gehen wollen – heute abend wollte sie es ihm sagen. Ihm unmißverständlich klarmachen, wo sie stand. Ihn von seinen Hoffnungen abbringen. Nachdem sie diesen Entschluß gefaßt hatte, war sie weit entfernt davon, sich wohler zu fühlen – sie fühlte sich wie ein Ungeheuer. Und auch so, als wolle sie etwas überstürzen. Meredith seufzte und schlug die Bamford Gazette auf. Harriet – ein großes Foto in der Mitte der Seite unter der Schlagzeile: Ortsansässige Reiterin fällt tragischem Unfall zum Opfer. Der Artikel schilderte die Ereignisse auf dem Market Square und in Kurzfassung die Geschichte der Bamford-Jagd, die bisher ungewöhnlich ereignislos verlaufen war. Erst einmal hatte sie eine Schlagzeile geliefert, die sich auf ein tragisches Ereignis bezog, und das war, als sich anno 1904 einige Hunde auf die Eisenbahngleise verirrt hatten. Meredith sah nach dem Datum der Zeitung. Die Bamford Gazette war ein Wochenblatt. Normalerweise erschien sie am Mittwoch, doch in diesem Jahr waren zwei gesetzliche Feiertage jeweils auf einen Mittwoch gefallen, daher war die Gazette schon am Dienstag herausgekommen. Der Unfall war am vergangenen Donnerstag passiert, deshalb wurde natürlich in dieser Ausgabe darüber berichtet, vom Standpunkt der Gazette aus war es noch immer eine heiße Nachricht. Sie wandte sich wieder Harriets Bild zu und betrachtete es. Es schien vergrößert und aus einem Gruppenfoto herausgenommen worden zu sein, bei irgendeiner Pferdeschau fotografiert, vermutlich einem lokalen Geschicklichkeitswettbewerb. Harriet trug eine Reitkappe und einen Reitrock. Das Haar hatte sie sich im Nacken zu einer Mähne zusammengebunden. Sie lachte und streckte die Hände aus, als wolle sie etwas entgegennehmen – einen Pokal? Dieser Teil des Bildes war abgeschnitten worden. Sie schien glücklich zu sein. Vor ihrem geistigen Auge sah Meredith die Gestalt taumelnd vom Pferd stürzen und auf das Pflaster prallen. Sie sah das Blut unter dem roten Haar hervorquellen, das blasse, starre Gesicht, die gebrochenen Augen. Obszön. Es war obszön. Der Tod war obszön. In Harriet war so viel Leben gewesen – von einer Sekunde zur anderen einfach sinnlos ausgelöscht. Meredith begann sich die Gestalten im Hintergrund genauer anzusehen. Ja, die Gazette hatte dieses Bild ihrem Archiv entnommen. Ein lokales Ereignis, jemand hatte irgendeine Trophäe überreicht, und die anderen Teilnehmer hatten sich versammelt, um zu applaudieren. Alle trugen Reitkleidung. Einen – Meredith hob die Zeitung dicht vor ihre Nase und kniff die Augen zusammen – kannte sie. Einen Mann, einen stämmigen Mann mit Reithut, der das oberste Drittel seines Gesichts abschnitt, und um die Sache noch schwieriger zu machen, verdeckte Harriet im Vordergrund die rechte Seite seiner Züge. Doch was sichtbar blieb, schien ihr bekannt, obwohl Meredith beim besten Willen nicht sagen konnte, wer es war. Jedenfalls war es nicht Tom Fearon. Toms dunkles, gutaussehendes Gesicht war auch in einer Menge nicht zu verkennen. Meredith warf die Zeitung beiseite. Wenn sie hier sitzen bliebe, würde sie diese Sache, zusammen mit ihren anderen Sorgen, in eine tiefe Depression stürzen. Sie mußte unbedingt an die frische Luft. Sie holte den Anorak, schlüpfte in ein Paar Stiefel und ging ins Freie. An der Pforte zögerte sie einen Moment – wohin? Das Gemeindeland – so düster und furchteinflößend es zu sein schien, als sie sich kürzlich bis zum Rand vorgewagt hatte – mußte noch erforscht werden. Also auf ins Gemeindeland. Um dahin zu gelangen, mußte sie am Reitstall vorbei. Alan Markbys Wagen parkte noch unter dem Schild, aber im Hof war niemand. Wieder zögerte Meredith und horchte, ob sie im Zorn erhobene Männerstimmen hörte. Doch alles blieb still. Wahrscheinlich waren sie in Toms baufälligem Bungalow hinter dem Stallhof. Und da Männer gegenseitig zu größerer Toleranz bereit waren als manchmal Frauen untereinander, hatten sie vermutlich die Auseinandersetzung vom vergangenen Abend und Toms Benehmen im Bunch of Grapes bereits vergessen – ganz zu schweigen von ihrem und Markbys ruiniertem Silvesterabend – und saßen mit Bierdosen in Toms Wohnzimmer. Männer! Am Abend vorher wäre Alan um ein Haar weggefahren und hätte sie vor dem Pub stehenlassen. Er war völlig darauf konzentriert

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