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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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erwarten wir schon einiges. Dem Stangassinger, dem Brandl sein Geschäftspartner, steht finanziell das Wasser bis zum Hals, da hat’s bestimmt Reibereien und Streit gegeben. Ob des für einen Mord reicht, weiß ich ned. Der Brandl hat ja auch die Leut gezogen, die sind wegen ihm gekommen. Wir werden alle vernehmen aus dem Umkreis, damit wir endlich die anonyme Anruferin finden, und des war’s auch schon.«
    Sie versucht, aus Sandners Stimme rauszuhören, ob er zufrieden ist mit ihrer Arbeit, und ärgert sich gleichzeitig über diesen Reflex. Der Sandner ist weder dein Papa noch dein Lehrer, zefix noch einmal. Er hat auch weder Lob noch Tadel im Tascherl, schildert ihr nur seinen Tag im Wellnessparadies und dass er vorhat, noch zu bleiben, um dem Grainer etwas auf den Zahn zu fühlen.
    Â»Des is doch bloß eine Ausrede, um dich noch einen Tag massieren zu lassen – auf Spesen.«
    Â»Freilich, wirst sehen, ich komm dann als ganz neuer Mensch zurück.«
    Â»Wenn du das versprichst, zahl ich dir selber noch eine Woche drauf.«
    Â»Ham sich die Murnauer Kollegen bei euch gemeldet, oder gibt’s da einen Kontakt?«
    Â»Von mir ned, hat der Wenzel nix gesagt?«
    Â»Den hab ich mir aufgehoben bis zum Schluss, als Sahnehäubchen. Mit dem Polizeirat hab ich schon verhandelt. Das billigste Zimmer muss es halt sein. Am liebsten wär’s ihnen wahrscheinlich, ich frag beim Bauern um ein Platzerl in der Scheune an, mit a bisserl Stroh dazu.«
    Â»Gesellst dich zu den anderen Ochsen, wär ja nix Neues.«
    Â»Du meinst, ned anders als in der Hansastraße? Fängst scho an, an meinem Stuhl zu sägen.«
    Â»Pass auf dich auf, Sandner.«
    Â»Freilich, bis morgen.«
    D er Sandner geht erneut den Weg hinauf zu den Brandls. In diesem Fall ist die Polizeiarbeit eine körperliche Erfahrung. Schweißtreibend. Trotzdem hat er der Versuchung widerstanden, mit dem Auto vorzufahren. Er braucht die Erdung, er hat noch kein rechtes Gefühl für die Leut. Den Boden muss er spüren. Schritt für Schritt muss er sich den Ort erkunden. Er bildet sich nicht ein, dass er eintauchen könnte ins Leben der Leut, an der Oberfläche wird er schwimmen müssen. Der Städterer wird er bleiben, ein Fremder, der sich ein wenig einmischt und dann wieder verschwindet.
    Diesmal steht niemand im Gärtchen. Der Sandner geht gleich bis zur Haustür und läutet.
    Die Frau macht ihm auf. Sie hat die Fensterläden zugemacht. Duster ist es im Haus, sodass der Polizist nur Schemen ausmachen kann.
    Â»Hättens Zeit für mich, Frau Brandl?«
    Stumm verschwindet sie.
    Der Sandner findet keinen Lichtschalter und tastet sich den Flur entlang hinter ihr her. Wieder steht er im Kücherl.
    Die Frau hat die Arme verschränkt und schaut ihn an. Ein Bewegungsimpuls kommt über sie. Ein Fenster wird aufgerissen und der Laden umgeklappt. Als hätte sie eine Vorbereitung gebraucht, ein Startsignal, um der Außenwelt, in Gestalt eines Münchner Polizisten, wieder einen Platz anzubieten.
    Â»Setzen Sie sich doch her, bittschön«, flüstert sie, als wären ihr die Töne abhandengekommen.
    Â»Frau Brandl ...« Seine Stimme kommt ihm derb und laut vor. Tonis Mutter duckt sich unter ihr, als hätte er mit dem Ochsenfiesel zugeschlagen.
    Â»Frau Brandl«, wiederholt er leiser und zieht sich einen Holzstuhl heran, »ich müsst noch ein paar Sachen wissen vom Toni.«
    Â»Ich weiß nicht, er hat sich bei uns nicht sehen lassen.«
    Â»Aber hier ist etwas passiert. Ihr Mann hat gemeint, des musst ja so kommen.«
    Die Frau winkt müde ab. »Ach – die alte Gschicht.«
    Â»Da hätt ich gern a bisserl was gewusst.«
    Â»Da gibt’s doch hier genug, die sich immer noch das Maul zerreißen, fragens die.«
    Â»Auf die kann ich verzichten, solchene gibt’s überall.«
    Â»Der Toni war ned so ...schlecht, wie hier manche tun.«
    Â»Er war mit der Anni zam und hat sie mit nach Indien genommen.«
    Â»Indien«, echot Frau Brandl. »Der hat sie ned mitgenommen, die wollten des beide.«
    Â»Sangs amal, des is doch eigentlich nix Besonderes, wenn ma nach Indien fährt, als junge Leut. Des is doch normal, dass ma die Welt sehen will. Wieso is des hier so a seltsame Gschicht?«
    Â»Na, eigentlich is des nix Besonderes, da hams scho recht. Heutzutag fährt ja a jeder in der Weltgschicht umanand.

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