Fuchsteufelswild
hat â diese Frau konnte vielleicht nicht bloà das Fenster aufmachen und die frische Luft genieÃen. Die ist nausgehüpft, und ob sie wer aufgefangen hat, da ist die Ermittlerin skeptisch.
Manchmal ist das Leben ein Groschenheft, aber du musst es dummerweise von hinten nach vorn lesen, gleich einem Manga. Alles hat einmal schön angefangen.
Zuerst will sie noch einmal in die Wohnung vom Brandl. Neugierig ist sie. Mit diesem Wissen im Hinterkopf wird sie sich den Platz mit anderen Augen betrachten, ja, auch und besonders das Schlafzimmer. Sie fröstelt leicht. Den Hartinger muss sie anläuten, um ihm kundzutun, dass sie sich in einer Stunde mit ihm bei einer gewissen Marlies Hopf treffen will.
»Wer is denn des scho wieder?«, will er wissen. Genervter Unterton.
»Vielleicht unsere unbekannte Anruferin.«
»Aha, woher weiÃt du des? Und was machma jetzt mit unseren sieben Weibern? Sollen wir sie vernehmen oder gleich DNA-Probe?«
Die Wiesner schaut zu, wie das hübsche Bedienungsmadl ihre Kaffeetasse verräumt. Das muss der Hartinger noch lernen, dass der Sisyphus auch keine Party schmeiÃen konnte, als er mit dem Fels oben angekommen ist.
»Keine Weiber, sondern Frauen, Hartinger, F-R-A-U-E-N!«
»Wie bist denn du drauf?«
»Ich bin auch eine. Scho vergessen? Du brauchst bestimmt ned den Schnallentreiber geben, des steht dir ned. Und wir lassen sie erst amal in Ruh, verstehst? Kein Trara, kein Thema.«
Er versteht es nicht.
»Des versteh ich ned.«
»Deswegen bin ich Oberkommissarin.«
»Zum Glück erklärt die Oberkommissarin das auch dem Staatsanwalt. Ohne Ober. Der hat nämlich wissen wollen, was wir da treiben. Mal schauen, ob der das begreift.«
»Habts ihr ihm das mit den Fotos aufs Brot geschmiert?«
»Verdammt, Sandra, hättst halt gsagt, was los ist, was du dir dabei denkst«, nörgelt der Hartinger los. »Sind wir Hellseher oder was!«
Er scheint angefressen, weil er im Stroh mit Zündhölzern gespielt hat und nicht weiÃ, ob gleich der Stadel in Flammen aufgehen wird. So heià wird es nicht werden. Wie macht das der Sandner, dass die Mitmenschen immer ahnen, wie es passen soll? Wie kriegt der das hin? Super, und jetzt treibt sich der Hirsch in Bad Kohlgrub rum.
»Sorry, Hartinger, war ned so gemeint. Man muss halt ned alles an die groÃe Glocke hängen. Des nennt ma Fingerspitzengefühl.«
»Na, is mir schon klar, dass es nicht so prickelnd war mit dem Wenzel. Oh Mann. Der will halt dauernd Ergebnisse hören und schmarrt dich voll. Der lutscht dir am Ohr wie am Lolly. Des is a Zungenspitzengefühl. Da ham wir halt was gesagt, von den FRAUEN. Also in einer Stund, ja?«
Sie gibt ihm die Adresse und macht sich auf den Weg.
N ach Osten radelt sie und dann der Isar entlang flussaufwärts. Beschauliche Strecke. Ansehnliche Häuser, die Architektur neigt ein wenig zu groÃspuriger Arroganz. Nicht so verschwenderisch wie Bogenhausen, aber erste verschnörkelte Ansätze. Ein Erker hier, ein Türmchen da, der eine oder andere SUV vor der Haustür.
Die SedanstraÃe liegt mitten im sogenannten Franzosenviertel. Da findest du zwar keine signifikante Anhäufung französischstämmiger Mitbürger, aber in Haidhausen dürfte der Anteil frankophiler Einwohner doch über dem München-Mittel liegen. Höheres Einkommen, gepaart mit humanistischer Bildung, treibt allerweil sein Unwesen, wie die Halloween-Plagen. Allerdings sind ja die gepflegt klingenden Namen, Orleansplatz etwa oder GravelottestraÃe (ihr alter Freund Yves hätte eigentlich am Pariser Platz wohnen sollen), in memoriam gewählt, weil »dem Franzmann achtzehnhundertsiebzig der Arsch ordentlich versohlt worden ist«. Mon dieux!
Fünfzigtausend wackere Bayern sind damals mit Hurra und Holdrio zum Schlachtfest gezogen, unter anderem nach Gravelotte â manche sind sogar wieder heil heimgekommen, aber sei es drum, Franzosenviertel klingt humanistischer, als wenn du heutzutag am Kundusplatz im Afghaneneck wohnen würdest. Haidhausen traust du zu, dass es mindestens das groÃe Latinum abgelegt hat. Die Häuser pittoresk, allüberall das geschmackvolle Lädchen oder einladende Café, welches exakt an dieses und kein anderes Platzerl gehört. Wenn in der Natur Stadtteile heranwachsen würden wie ein Wald â so könnte man sich das vorstellen â in der
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