Fuchsteufelswild
nicht auspacken. Das lautlose Anschleichen funktioniert tadellos. Im Flur liegt praktikables Linoleum. Er lost an der Tür, hält die Luft an.
»Aber genau an die Mengenangabe halten«, hört er die Maria mahnen, »zu viel is ned besser. Wenns zu viel nehmen, is es kein Spaà mehr. Ned gut fürs Herz. Und Ihr Frau freut des auch ned.«
»Ich verstehe schon«, sagt der Mann. »Und wie lange hält die Wirkung vor?«
»Ein paar schöne Stunden.«
»Das letzte Mal war ich noch am Morgen â euphorisiert.«
»Muss nicht daran gelegen haben. Hauptsache, Sie lassen es nirgends rumliegen oder sich damit erwischen.«
»Was glauben Sie? Das wär ja fatal. Ich passe schon auf.«
Nach Heilpflanzen oder Kügelchen klingt das nicht. Sapperlot. Die Maria als Dealerin. Sauber. Was hätten die sonst hier zu schaffen, mitten in der Nacht? Der Sandner wägt die Möglichkeiten ab. Er seufzt, dann verlässt er das Haus so leise, wie er gekommen ist, und sucht sich wieder seinen persönlichen Stamm. Mit der Hand streicht er über die Rinde. Fast hätte er die Zähne hineingeschlagen. Der Kopf ist ihm heià geworden. Fuchtig ist er. Ein paar Minuten muss er ausharren. Zeit für ausufernde Spekulationen.
Endlich kommt der Mann aus dem Haus. Auch der späht erst einmal in die Runde, bevor er sich von dannen macht.
Kruzifix noch amal! Diesmal tritt er hörbar auf. Rammt den Schlüssel ins Schloss, trampelt über den Gang, als müsste er seine Abdrücke im Linoleum verewigen. Er klopft an die Wohnzimmertür.
»Einen Moment«, ruft die Maria.
Dann öffnet sich die Tür, und sie erscheint ihm. Lächelnd, als könnte sie kein Wässerchen trüben.
Er hat nix im Wörterrepertoire für solch einen Moment. Die Männlichkeit persönlich rangelt mit dem Polizisten. Zwei starke Gegner.
»Was schaust du denn gar so finster drein?«, will sie gleich wissen.
Es klingelt. Sie rührt sich nicht.
»Kundschaft, mach halt auf«, knurrt der Sandner.
»Ich habâs gewusst, dass es mit dir Gschichtn gibt, bist halt ein Bulle«, seufzt sie und geht zurück ins Wohnzimmer. Sie lässt die Tür offen, und er schlappt ihr nach.
Das Klingeln wiederholt sich. Drängelt. Die Maria verharrt auf der Couch.
»Machst ihm ned auf, deinem Kunden?«, fragt er.
Sie schüttelt den Kopf.
»Hock dich her, ich versuchâs dir zu erklären.«
»Da bin ich gespannt.«
»So dramatisch is des ned.«
Das will er hoffen, der Sandner. Eigentlich will er es gar nicht wissen, hätte besser gar nichts gewusst.
Dass Wissen allerweil Macht bedeutet, ist eine Mär.
Gemeinhin pfeffert es dir deine Ohnmacht um die Ohren, bis es klingelt im Schädel. Die Variante befürchtet der Sandner aktuell. Verreckte Polizistennase. Drauf gepfiffen.
»Magst an Schnaps?«, fragt ihn die Frau.
»Ich dacht, der is aus.«
»Des is jetzt a Schlehenbrand.«
»Wenn du einen mittrinkst.«
Sie schenkt zwei Stamperl ein.
»Also, wo soll ich anfangen? Dass ich eine Heilpraktikerin bin, weiÃt du eh â hier sagen manche Kräuterhex und tuscheln a wenig.« Sie lächelt wieder.
Herrschaftszeiten! Wenn sie nicht bald damit aufhört, könnte sie ihm gestehen, sie hätte ihren Liebhaber mit der Feile zerraspelt, und er würde es schulterzuckend absolutieren. Die wahre Macht schleicht sich allerweil zu den Leuten, die sie nicht erkennen. Da ist sie in Sicherheit.
Der Sandner muss sich zusammenreiÃen, dass sein Interesse an der Gschicht nicht versickert.
»Aha â und des warâs? Die holen sich ihr Kraut in der Nacht, dass sie besser einschlafen können oder ned dauernd zum Biesln aufmüssen.«
»Ich hab ned geglaubt, dass du so ein konservativer, spieÃiger ... Seppl bist.«
Seppl? Der Sandner ruckt hoch. »Pass auf, ich verschwind jetzt in mein Zimmer. Morgen fahr ich ab, und mich interessiert der ganze Schmarrn ned. Du derfst machen, was du magst.«
»Mach ich eh â da frag ich dich ned. Ich muss dir auch nix erklären, oder verhörst du mich grad?« Ihre Augen funkeln â Blitze schieÃen sie auf ihn ab. Sie schnauft heftig auf. »Kruzifix â des is, damit sie Spaà ham, locker sind, wenns miteinander schlafen wollen. Dass was geht â des is alles. Kein Hexenwerk, keine Zauberei.«
»Dass was geht?
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