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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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hört einfach zu. »Gute Noten hat er gehabt, die Lehrer waren allerweil zufrieden. Immer mit dem Fahrrad umanand, des hat er geliebt, so ein rotes mit Gangschaltung. Am Geburtstag ...« Der Brandl bricht ab und trinkt hastig. »Am Geburtstag seiner Mama hat er ihr immer einen Blumenstrauß gepflückt, von der Wiese. Ganz wichtig hat er’s ghabt damit.« Er starrt am Sandner vorbei aus dem Fenster. »Die Leut ...«
    Â»Die Leut reden oft saudumm daher«, unterbricht ihn der Polizist, »weil es sie narrisch macht, wenns ned wissen, wie es wirklich war.«
    Tonis Vater schaut ihn an, als nehme er ihn jetzt erst wahr. »Für Sie is des doch Routine. Halt wieder mal eine Leich. Wie kammer des aushalten?«
    Â»Ihr Frau ...«
    Â»Hörens bloß auf, ich brauch keine Predigt, ich war heut scho in der Mess.«
    Die Bedienung bringt den vollen Teller, und der Sandner beginnt zu essen.
    Â»Als Ihr Sohn nach Indien ist, hat er sich da mal gemeldet?«
    Â»A Karte is amal gekommen, ich hab’s ned gelesen.«
    Â»Und Ihre Frau, hat sie ihm geschrieben?«
    Â»Ich wollt’s ned.«
    Der Sandner lässt das Messer sinken. Im Hirnstüberl flammt ein Licht auf. Kruzifix! Die Anni – vielleicht hat sie dem Toni geschrieben. Was könnt sie ihm mitgeteilt haben?
    Â»Was is?«
    Er muss den Brandl angestarrt haben wie eine Erscheinung.
    Â»Nix«, sagt der Sandner. Und es stimmt. Ob sie ihm geschrieben hat oder nicht – Brief haben sie keinen gefunden. So kommt er kein Stückerl weiter.
    Der Brandl sagt nichts mehr. Schaut nur in sein Glas. Ein rotes Fahrrad hat der im Kopf und ein Kinderlachen. Der Sandner zwingt sich, seine Brezn runterzuwürgen. Nicht weil sie altbacken schmecken würde, der Appetit hat sich das nicht mit anschauen wollen.
    Zwei Männer kommen an den Tisch. Etwa in Brandls Alter. Einer legt Tonis Vater kurz die Hand auf die Schulter. Sie ziehen sich Stühle heran und nicken dem Sandner zu.
    Der winkt der Bedienung. Schluss, aus, Feierabend.
    Â»Wiederschauen«, sagt er und ruckt gleich nach dem Bezahlen hoch. Gruslige Gedanken flattern ihm im Hirn umher, als er den Weg zurück in Angriff nimmt. Unterwegs hätte er gern ein paar davon weggejagt – aber die geben allerweil die treuen Brieftauben.
    D as polizeiliche Gespür kannst du nicht ausziehen wie eine Joppe.
    Als die Sanne noch klein war, hatte sie eine beste Freundin, deren Vater ist Parkettleger gewesen. Jedes Mal wenn er seine kleine Moni abgeholt hat, ist sein Blick prüfend über den Fußbelag der Sandners gewandert. Automatismus. Am Boden hat sich nie etwas geändert. Nur das Gewissen vom Sandner ist immer schlechter geworden. Für den Fachmann tust du nie das Richtige und selten genug davon. Sonst wärst du ständig am Werkeln mit Pflegeanleitungen und Kundendienst und Pipapo. Dem Sandner gelingt es ebenso wenig, das fachmännische Auge zuzudrücken.
    Wie er jetzt zurück zu seinem Domizil hatschen will, hält ihn die berufliche Stimme auf. Schau amal hin! Aus dem Haus von der Maria kommt grad ein älterer Mann. Eilig hat er es, wirft misstrauische Blicke umher und verschwindet in der Dunkelheit. Dem Sandner kommt Hambachers kryptisches Geseier in den Sinn. Er sucht sich einen Baum und wartet ein wenig – kann ja nix schaden. Einen Reim drauf machen kann er sich nicht. Ein bisserl schäbig kommt er sich vor, aber das verfliegt sofort. Der nächste Besucher kommt prompt dahergedackelt. Er scheint im ähnlichen Alter des Vorhergehenden – fast ein Zwilling. Forsch schreitet er auf die Eingangstür zu, klingelt und verschwindet im Inneren.
    Der Sandner löst sich aus dem Schatten der Birke. Er schleicht auf das Haus zu wie das hungrige Wiesel auf den Stall. Jetzt will er es genau wissen. Leise dreht er den Schlüssel im Schloss und stiehlt sich in den Flur. Es könnte alles völlig harmlos sein, Besucher halt. Der eine kommt, der andere geht – ein windiger Zufall. Manchmal möchtest du etwas glauben, aber so inbrünstig du dich auch dran klammern magst, es wird kein bisserl wahrer.
    Aus der Stube hört er Stimmen. Marias Organ und den Brummtenor des Alten. Er macht kein Licht. Tappt näher heran. Was zum Kuckuck geht hier vor? Haberer werden es doch keine sein? Da hat er seine Phantasie den ganzen Weg vom sündigen München hergeschleppt – hoffentlich muss er sie

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