Fuchsteufelswild
lächelt ihn an. »Wenn man nix dafür tut, wirdâs bald nirgendwo mehr so ausschauen, nur auf alten Postkarten.«
Darauf weià der Sandner nix zu sagen. Das Sprücherl kennt er. Die konsequenten Leut spucken bei jeder Steinigung tatkräftig in die Hände.
»Er ist in der Küche«, entlässt ihn die Heidrun und deutet den Flur entlang.
»Muss er dir wieder die Runkelrüben putzen?«
»Depp, trauriger.« Sie grinst.
Der Aschenbrenner hockt am Tisch, eine Lupe in der Hand. Vor ihm in einer Porzellanschale liegt ein toter Fisch. Zehn Zentimeter, dreieckiger Körper, bläulich mit rot geränderten Flossen. Etwas zerrupft schaut er aus, als hätte er einen harten Tag hinter sich. Der Mediziner starrt ihn nachdenklich an.
»Mahlzeit«, wirft der Polizist in den Raum.
Sein Freund blickt nicht auf. »Schau, Sandner, den hab ich vor einer Woche gekauft. Ich glaub, der ist eingegangen, weil ihn die anderen getriezt haben.«
»Aha, ein aquaristisches Mobbingopfer â so entspannst du dich am Abend, Respekt.«
»Der war nicht krank, verstehst du?«
»Ja und? Hams ihn halt abgefieselt, die Colegas. Hast du geglaubt, grad deine Fische sand die besseren Menschen?«
»Glaubst du ned ans Gute?«
»A Steckerlfisch is was Gutes.«
»Ich könnt ihn dir übers Feuerzeug halten, am Zahnstocher â oder als Sushi einwickeln.«
»Mir gefällt die Farb ned. Ich ess nix Blaues.«
Jetzt steht der Aschenbrenner auf und geht auf seinen Freund zu. Kurz klopfen sie sich ab wie die staubigen Hauer.
»Schön, dass du vorbeischaust.«
»Des sagst du jetzt.«
»Hock dich her und trink a Glas.«
Die Heidrun holt eine Flasche Rioja, und sie setzen sich zum Aschenbrenner und seiner Fischleiche.
Der Sandner trinkt einen Schluck und fängt an zu erzählen. Fast nichts lässt er aus, bis auf nächtliche Erlebnisse mit Bad Kohlgruber Kräuterhexen. Als er zu Ende ist, blickt ihn der Aschenbrenner nachdenklich an.
»Lass mich resümieren, was sich in deinem abartigen Hirn abspielt. Du möchtest von mir, dass ich mich beteilige an einer Störung der Totenruhe, Grabschändung et cetera. Das Ganze auf dem Präsentierteller. Meine Approbation könnt flöten gehen, die Ãrztekammer könnt mich teeren und federn lassen, bevors mir in die Eier treten und durch die StraÃen jagen. Das alles, weil du denkst, ich wär in der Lage, aus ein paar sieben Jahre alten Knochen zu lesen und deine halbscharige Hypothese aufzublasen? Ned dein Ernst.«
Die Heidrun wirft einen Blick auf die Fotos.
»Wer ist das Mädchen?«, fragt sie.
»Sie heiÃt Anni Grainer und ist tot am Baum gehangen.«
Der Blick seiner Frau lässt den Aschenbrenner resigniert die Hände heben.
»Idealisten aller Länder vereinigt euch«, ruft er aus, »aber warum ausgerechnet in meiner Küche?«
»Wenn das DEINE Küche ist, frag ich mich, wann du hier gescheit aufräumst«, bemerkt die Heidrun ungerührt.
»Betrachte mich als Lehnsherrn.«
»Mir fällt grad spontan eine bessere Bezeichnung ein.«
»Sagâs ned, sonst könnt ich die Ehe annullieren lassen. Da hättens sogar im Vatikan Verständnis.«
»Allein, dass DIE dich verstehen könnten, wär ein Scheidungsgrund.«
»Die kennen sich aus mit den sündigen Schlichen des Weibes. Ich such halt auch nach jemandem, der mich versteht.«
»Sündige Schlichen des Weibes â aha. Du solltest als Einsiedler leben, dann versteht dich wenigstens immer einer.«
»Dann müsst ich ja wirklich die Küch aufräumen.«
»Vergeltâs Gott, Asche«, mischt sich der Sandner ins Wörterhakeln. Er fragt sich grad, ob es nicht besser gewesen wär, sein Freund hätte es ihm ausgeredet. Arg wenig Gegenwehr. Hoffentlich liegt er nicht daneben.
»Komm mir nicht noch mit dem daher«, brummt der Doktor, »ich weià eh schon, dass ich es bitter bereuen werd.«
Sie haben dann noch kräftig pokuliert, der Aschenbrenner und der Sandner. Die Heidrun hat sich tatsächlich diskret zurückgezogen, sie hat sich vorbereiten müssen. An der Volkshochschule unterrichtet sie beflissene Satzsucher in Creative Writing.
»WeiÃt, eigentlich ist das eine uralte überlieferte Tradition«, erläutert der Gerichtsmediziner dem Polizisten um Mitternacht. »Von daher wandel ich in
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