Fuchsteufelswild
wird.
»Hauptkommissar Sandner! Kaum ist der Fall in trockenen Tüchern ...«
»Wenns meinen, Herr Staatsanwalt.«
»Das wird kein Zuckerschlecken. Da müssen wir akribisch Indizien sammeln, wie die Ameisen.«
Der Sandner sagt nichts. Er ist in Gedanken noch immer im Kurort. In München hat er noch kein Fleisch an den Knochen. Aktenleiche. Das wird dauern, bis er ein Gespür für den Toten aus der SedanstraÃe bekommen hat. Da muss er auf die Wiesner vertrauen. Nicht einmal von den Verdächtigen hat er sich ein Bild machen können.
Wieder kauen sie die aktuelle Situation durch. Ein zäher Kaugummi ohne Geschmack. Der Wenzel erwartet sich für den morgigen Tag Hopfs Geständnis. Ohne Waterboarding wärâs wohl nicht zu kriegen, vermutet sein Giesinger Plagegeist. Der lässt aber Bad Kohlgrub aus dem Spiel. Für den Staatsanwalt ist diese Wiese abgegrast. Der Fall läge glasklar. Bei der Presse hat er sich auch schon aus dem Fenster gelehnt. Ein bisschen weniger Transparenz hätte sich der Sandner gewünscht. Auch wenn der Wenzel meint, für den Haftrichter wären die Indizien ausreichend.
»Motiv Nummer eins, wie so oft: Eifersucht. Wer lässt sich schon gern erzählen, dass im Bett ein Adonis die eigene Frau sozusagen übersinnlich befriedigt. Und auÃerdem verprasst der Brandl noch Hopfs sauer verdientes Geld.«
»Ãbersinnliche Befriedigung? Des hat was«, bekommt er vom grienenden Jonny den Bart gepinselt.
Düstere Blicke sammelt der vom Kollegenkreis.
Der Wenzel nimmt ihn nicht zur Kenntnis. Zu kleine Existenz für seine MaÃstäbe. Hierarchisch betrachtet, für ihn höchstens Arbeiterameise mit Aussicht auf Beförderung, wenn kein Sandtrichter seiner harrt. Ein zufriedener Staatsanwalt verlässt die Arena, gerader Rücken, Nase in den Wind gereckt â fidel und tatkräftig.
»Pack mas für heut«, beschlieÃt der Sandner, wie die Tür hinter seinem umherstolzierenden Trauma ins Schloss fällt. »War ein zünftiger Tag.«
Bevor es ihn nach Hause treibt, muss er noch in die Kneipe. Nicht, dass er darauf aus wär, das Hirn in Alkohol zu tauchen, bis es sich auflöst in zufriedenem Dahinvegetieren. Er verwirft die kurzzeitig verlockende Versuchung. Eine ganz bestimmte Lokalität hat er im Auge, an deren Tresen er seinen alten Spezl Miran vermutet. Der beste Ãnderungsschneider in town hat noch ein paar andere Qualitäten, von denen der Polizist ab und an Gebrauch macht. Insbesondere kann er meisterhaft organisieren und improvisieren â und wesentlich: Was immer der Sandner auf die Speisekarte kritzelt, der Miran ist nicht zu verblüffen. Zu finden ist er des Nächtens meist in Ãmers Dönerladen. Nicht weit von Sandners Wohnung in der LohstraÃe.
Der Sandner hat Hummeln im Hintern. Kaum hat er ihn ausgemacht, lotst er ihn auch schon nach drauÃen. Galatasaray auf dem GroÃbildschirm bekleckert sich nicht mit Ruhm. Für die akustische Untermalung sorgen die Gäste: Fluchen und Zähneknirschen. Das ist der Sandner als Giesinger gewohnt, mit den Löwen hast du auch dein Gfrett. Oder es ist harte Arbeit am Karma, und du wirst im nächsten Leben mit ZauberfuÃball belohnt. Damit du als »Blauer« nicht ewig das Masochistenlaiberl trägst. Ãmer fühlt sich verpflichtet, den grimmigen Blick hervorzukramen, weil der Sandner die Speisen asketisch missachtet. Schweren Herzens, zugegebenermaÃen â der Pflicht gehorchend.
Kurz drauf schlendert er mit Miran den Auer Mühlbach entlang. Der gelockte Riese schweigt. Einen speckigen Ledermantel trägt er, was den Sandner an irgendeine alte Geschichte erinnert. Sie hören dem Plätschern zu, alles scheint im Fluss. Panta rhei. Der Sandner bleibt stehen.
»Ich müsst eine Leiche auf dem Friedhof ausgraben und untersuchen lassen«, sagt er leise.
Der Miran schaut zum Wasser, verzieht keine Miene.
»Ausgraben ist kein Thema, falls niemand dazwischenfunkt«, meint er, »eingraben ist schwierig.«
»Wie meinst du des?«
»Wenn du willst, dass es hinterher genauso ausschaut wie vorher, wirdâs kompliziert. Da brauch ich einen Spezialisten.«
»Bad Kohlgrub, Rochusfriedhof, morgen um acht auf dâNacht sollt es losgehen.«
»Was muss ich noch wissen?«
»Der Friedhof liegt zwar a bisserl abgelegen, aber da sind a paar Pensionen und Wanderwege
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