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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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Zuständen erlebt, die du hinterher schnell vergessen willst, wenn es dir nicht gnadenhalber die Erinnerung verschmissen hat. Und weil sie gemeinsam seit Jahr und Tag an denselben Leichen werkeln und der eine weiß, wie der andere tickt, wird sich der Aschenbrenner drauf verlassen, dass ihn der Sandner bei der Anni nicht im Moor versinken lässt – zumindest nicht wissentlich und vorsätzlich.
    D er Dienstagmorgen kommt wolkenverhangen und kühl daher. Passend zur Mordermittlung. Die Wiesner ist nicht ins Büro gefahren. Am Gärtnerplatz sitzt sie in einem Café am Fenster und wartet. Es gibt Tage, da braucht es nicht viel, um sich hässlich zu fühlen. Eine zerhauene Nase ist dafür ein gutes Fundament. Hier im Viertel kommt den Leuten als Ursache ihres Verbandes nur eine Schönheits-OP in den Sinn, alternativ der Unfall beim Mountainbiken. Das variiert mit dem Aufenthaltsort. Es gibt Ecken in München, da wären die Menschen neugierig drauf, wie ihre Gegnerin ausgeschaut oder ob sie zu viel Haushaltsgeld durchgebracht hätte. Arg leichtsinnig halt.
    Nicht nur die Nase stört sie gerade. Es ist – alles. Das lässt sich nicht herschreiben. Wenn du nicht selbst einmal in einer zu engen Haut gesteckt hast, die überall zwickt, nebst einer Gewitterwolke anstatt dem Hirn, musst du mindestens ein gewiefter Psychotherapeut sein, bezüglich Einfühlungsvermögens.
    Ihr Cappuccino ist lauwarm, als ihre Verabredung durch die Tür kommt.
    Â»Ich wollt grad wieder gehen«, blafft die Wiesner den Mann an. »Was immer Sie mir mitzuteilen haben, Sie haben zehn Minuten.«
    Der Stangassinger entschuldigt sich nicht. Er zieht nur kurz die Schultern hoch. Einen Kaffee bestellt er sich, bevor er sich setzt. Die Wiesner hätte auf Tee getippt und ist froh, dass ihr das Klischee abgesoffen ist.
    Â»Jetzt treffen wir uns zum dritten Mal in zwei Tagen«, stellt er lächelnd fest.
    Â»Nix Ungewöhnliches, wenn man mit einem Mordfall zu tun hat«, relativiert die Polizistin. Er soll sich nix einbilden. Gar nix!
    Â»Zu tun? Sie oder ich?«
    Â»Wir beide.«
    Â»Ach so.«
    Â»Ja.«
    Sie schweigen und nippen an den Tassen. Steht ihm gut, das rote Sweatshirt. Eng genug, um zu erkennen, dass sich eine drahtige Figur darunter verbirgt.
    Â»Was ist Ihnen noch eingefallen, Herr Stangassinger?«, will die Wiesner wissen. Das ist Thema – sonst nichts.
    Â»Schön, dass wir uns hier treffen konnten – ich find den Rahmen ...«
    Â»Zehn Minuten.«
    Â»Gut – also der Toni war ziemlich angefressen in letzter Zeit. Da gab es wohl jemanden, der ist penetrant geworden. Er hat so was angedeutet. Er müsst dringend was tun, um sich die wieder vom Hals zu schaffen. Das ginge so nicht weiter.«
    Â»Was heißt penetrant? So was wie Stalking? Oder einfach nur ein bisserl zu viel geworden, der Tanz für den armen Toni?«
    Â»Ich hab mich da nicht eingemischt. War seine Sache. Aber so wie es rüberkam – eher Ersteres. Er hat sich Sorgen gemacht.«
    Â»Aber Sie haben jetzt keinen Namen parat. Könnt die Marlies Hopf gemeint gewesen sein?«
    Â»Tut mir leid – keine Ahnung. Ich verschweig Ihnen nichts.«
    Â»Viel ist das nicht – eine der Frauen hat ihn also möglicherweise bedrängt.«
    Â»Ich hab Ihnen dazu noch etwas mitgebracht.« Aus einer Stofftüte holt er ein Kuvert. »Das sind Fotos unserer letzten Feiern. Zum Beispiel vom Vaisakhi-Fest. Ist allerdings schon im April gewesen. Wir feiern natürlich nicht amtlich rituell, eher aus symbolischem Anlass, weil Feste halt was Schönes, was Befreiendes sind. Vielleicht können Sie was damit anfangen. Ich hab die Fotos studiert, ob irgendwer oder etwas auffällig ist oder bedeutsam.« Er zuckt mit den Achseln. »Der Toni ist ja öfter verewigt. Vielleicht kann Ihr geschultes Auge mehr entdecken.«
    Vaisakhi? Geschulte Augen? Einen skeptischen Blick schenkt ihm die Wiesner, bevor sie zugreift.
    Â»Na gut. Dankschön. Ich werd’s mir ansehen.« Sie schaut sich nach dem Bedienungsmadl um.
    Dass er noch acht Minuten gut hätte, merkt der Stangassinger an. Womit er nicht unrecht hat.
    Bei den abgezählten Minuten ist es nicht geblieben. Wenn du den ganzen Tag mit den Kollegen zu tun hast respektive mit Menschen, die dich hinters Licht führen wollen, bist du die Erleichterung selbst, wenn die Tasse Milchkaffee

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