Fuchsteufelswild
Wiesner. »ScheiÃe, ScheiÃe, ScheiÃe.«
»Herrschaft, Sandra«, fährt ihr der Sandner dazwischen, »des hat der Hopf selber verbockt, verstehst? Den hat keiner gezwungen, sich von der Maximilianbrücke zu schmeiÃen. Damischer Uhu.«
»Trotzdem ScheiÃe«, beharrt die Polizistin und haut mit der flachen Hand gegen die Wand. Der Sandner schaut unwillkürlich nach oben. Da hängt nix, was herunterfallen könnte.
Die Wiesner stellt sich einer Krankenschwester in den Weg und zückt ihren Ausweis.
»Die persönlichen Sachen vom Herrn Hopf bräucht ich.«
Sie will irgendetwas tun. Die Aktion verhindert, dass sich ihre Gedanken im Kreis drehen. Wenn der Mann stürbe, was dann? SchlieÃlich hat sie ihn auf die Brücke gehetzt, wie der Wenzel nicht ganz unberechtigt angemerkt hatte. Oder hat der Sandner recht? Das Schicksal damischer Uhus ist unergründlich.
Die Schwester verschwindet samt mürrischem Habitus im Krankenzimmer und kommt kurz drauf wieder mit einer Lidl-Plastiktüte. Ohne ein Wort hält sie diese der Wiesner hin. Die greift, ebenso mundfaul, zu. Ein Geldbeutel, Schlüsselbund, zwei Packungen Taschentücher, ein Bild seiner Gemahlin nebst Widmung auf der Rückseite, ein iPhone und eine Tube Handcreme gegen rissige Haut. Ergiebig sieht anders aus. Die Wiesner dreht das Foto um. In Liebe, deine Marlies. Es scheint ein Foto jüngeren Datums zu sein. Es sei denn, die Frau Hopf hat sich die letzten Jahre nicht verändert. Vielleicht konserviert die Frau formidabler Sex. Sie schiebt das Bild in ihre Jackentasche.
Hopfs Bewacher ist mittlerweile fertig mit der Mahlzeit und steht auf. Er weià nicht recht, wohin mit den Händen, und schiebt sie in die Hosentaschen. Ãberflüssig wie ein Zirkusclown auf der Beerdigung.
»Schön aufpassen, der Hopf ist kampfsporterfahren«, weist ihn der Hauptkommissar an, bevor sie sich wieder auf den Weg machen.
Den Jonny gilt es noch von einem intensiven Meinungsaustausch mit einer brünetten, langmähnigen Krankenschwester loszueisen. Ein herrisches Handzeichen von der Wiesner genügt. Herbei, herbei! Angewieselt kommt er, der gehorsame Kommissar. Der Sandner ist beeindruckt von den Führungsqualitäten seiner Kollegin. Wer kann, der kann.
Polizeiarbeit ist try and error und dann dasselbe wieder von vorn. Das Rätsels Lösung haben vielleicht die Kriminaltechniker in Händen. Aber noch geben sie es nicht her und plänkeln mit der Macht. Sandners Gedanken flanieren über einen Ammertaler Friedhof, Wiesners meditieren in den Calm&Peace-Räumen. Da gibt es keine Brücke, kein verbindendes Element. Schweigend fahren sie zurück zur Dienststelle.
»Wenn wir nix mehr erfahren, vernehmen wir morgen alle Lebenspartner der Frauen, mit denen der Toni ...«, meint die Polizistin schlieÃlich, »und alle Leut in der Kartei von dem Laden. Hopf hin oder her. Wir können uns doch nicht hinstellen und in der Nase bohren.«
Vom Sandner kommt nur ein abwesendes Brummen, das man entfernt als Zustimmung deuten könnte. Ob er weiÃ, dass seine Exfrau mit von der Partie wäre? Karteileiche oder Initiierte?
»Meinen Segen hast du, Sandra«, bekundet der Sandner beim Aussteigen plötzlich, ihre Rede aufgreifend. »Morgen darfst du machen, was immer dir einfällt.«
Und heute? Sie hätte gern noch eine Erläuterung für die kryptische Botschaft, aber das Gesicht des Mannes zeigt ihr die rote Ampel. Nicht über diese StraÃe.
D ass sie sich auf den Weg zur Frau Hopf macht, ist reine Gefühlssache. Nichts Greifbares. Irgendetwas an der Aura der Frau sagt ihr, dass sie den Schlüssel in Händen halten könnte.
Sie radelt allein. Nicht, dass der Jonny ihr seine Begleitung nicht vehement nahegelegt hätte, aber sie will noch einen kurzen Zwischenstopp einlegen. Dafür braucht es kein neugieriges Mannsbild an ihrer Seite. Unterwegs holt sie ein Packerl Pralinen aus dem Bioladen. Bei dem exorbitanten Preis hoffentlich mindestens fair vom Strauch geschmeichelte Kakaobohnen, handmassierte Milchkühe nebst klassischer Musikbeschallung und zuletzt das Ganze mittels Segelboot über Meer und Fluss geschifft, zwecks perfekter Energiebilanz.
Ein nervöses Häuflein Yves staunt Bauklötze, wie es ihr die Tür aufmacht. Sie hält ihm das Präsent gleich unter die Nase.
»Für dich, weil du mich aufgesammelt hast â
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